ifo: Verschärfung der Wohnungsbaukrise in Europa bei fortbestehenden Risiken
(5.2.2003) Bei der vom ifo Institut organisierten 54. Euroconstruct-Konferenz wurde hervorgehoben, dass der Wohnungsneubau in Europa seit 1999 in eine steile, sich sogar noch beschleunigende Abwärtsbewegung geraten ist. Die Zahl der fertiggestellten Wohnungen in neu errichteten Wohngebäuden ist 2002 auf rund 1,98 Millionen Wohneinheiten gesunken (rund –9% gegenüber dem Spitzenwert von 1999). Nach den deutlich nach unten korrigierten Euroconstruct-Prognosen ist 2003 mit einem weiteren, bis 2005 anhaltenden Rückgang zu rechnen (Tiefpunkt bei rund 1,93 Millionen WE). Die Wohnungsbau-Intensität sinkt bis 2005 auf 4,3 WE pro Tausend Einwohner; 1999 waren es noch bei 4,6 WE/1000 Einwohner.
Der Rückgang im europäischen Wohnungsneubau wird vor allem von Westeuropa verursacht; insbesondere Deutschland sowie Irland und Spanien, aber auch Österreich und Portugal ziehen kräftig nach unten. Demgegenüber hat ein moderater Wiederaufschwung in Finnland, Dänemark und Großbritannien wesentlich früher eingesetzt. In Mittelosteuropa wird eine kontinuierliche Ausweitung des Wohnungsneubaus erwartet; 2005 dürfte mit über 206.000 WE ein neuer Rekordwert erreicht werden. Von einem synchronen Verlauf der Wohnungsbauzyklen in Europa kann also (man könnte fast sagen: zum Glück) keine Rede sein. Zusätzliche Risiken bestehen im Prognosezeitraum, weil die relativ günstige Entwicklung des Wohnungsneubaus in einigen Ländern mit einem kräftigen Anstieg der Wohnungspreise einherging: In Großbritannien und Spanien haben sich die Wohnungspreise in wenigen Jahren nahezu verdoppelt. Diese Entwicklungen bergen die Gefahr, dass die "Spekulationsblase" demnächst platzt, was zu einem scharfen Einbruch im bislang stabilen Wohnungsneubau dieser Länder führen könnte.
In Europa wird jeweils grob die Hälfte der Neubauwohnungen in Eigenheimen bzw. in Geschosswohnbauten erstellt. Während in früheren Wohnungsbauzyklen der Geschosswohnungsbau die weitaus stärkeren Ausschläge aufgewiesen hat, erwischt es diesmal den Eigenheimbau wesentlich stärker; er verliert im Prognosezeitraum bis 2005 seine Funktion als stabilisierendes Element im Zyklus, so dass eine Krise im Eigenheimbau Europas zu konstatieren bzw. zu befürchten ist.
Große Unterschiede gibt es in Europa bei der Wohneigentumsquote mit Werten zwischen unter oder knapp über 40% (Schweiz und Deutschland) sowie über 80% (z.B. in Spanien sowie in Ungarn). An den enormen Niveau- und Entwicklungsunterschieden bei der Gebäudestruktur der Fertigstellungen und bei der relativen Bedeutung des selbst genutzten Wohneigentums lässt sich die unverändert große Heterogenität der europäischen Wohnungs(bau)märkte ablesen.
siehe auch:
- Interaktive Karte vergleicht u.a. Immobilien- und Mietpreise (26.8.2018)
- Insolvenzen bei Architekten, Ingenieuren, Architekturbüros und Ingenieurbüros (24.2.2003)
- Bauhauptgewerbe im Jahr 2002: Aufträge -5,9%; Beschäftigte -7,8% (23.2.2003)
- Die Krise am Bau hat 2002 sich verschärft (22.2.2003)
- CDU/CSU-Bundestagsfraktion: Bauwirtschaft kommt auch 2003 nicht aus der Krise (19.2.2003)
- weitere Details...
ausgewählte weitere Meldungen:
- Institut der deutschen Wirtschaft Köln zur Baukonjunktur: Das Trauerspiel dauert an (6.12.2002)
- DIW zur Bauwirtschaft: Statt Stabilisierung erneut kräftige Einbrüche 2002, 2003 und Folgejahre (8.11.2002)
siehe zudem:
- Literatur / Bücher zu den Themen "Wohnungsmarkt" und "Immobilien" bei Amazon
- "Immobilienseiten" auf Baulinks