Bauindustrie für "Public-Private-Partnership" im öffentlichen Hochbau
(12.11.2002) Die thüringische Bauindustrie will öffentliche Bauprojekte künftig verstärkt privatwirtschaftlich realisieren. Dieses Angebot unterbreitete Anfang November in Weimar der Präsident des Bauindustrieverbandes Hessen-Thüringen und Mitglied des Präsidiums des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, Dipl.-Ing. Helmut Kirchner, anlässlich eines Symposiums zum Thema "Privatwirtschaftliche Realisierung öffentlicher Hochbaumaßnahmen". Kirchner regte an, ein landeseigenes PPP-Kompetenzzentrum zu errichten, das vor allem die thüringischen Kommunen bei der privatwirtschaftlichen Realisierung von Schulen, Krankenhäusern und Verwaltungsgebäuden unterstützen soll. Dazu seien PPP-Leitfäden für kommunale Investoren zu entwickeln, mit deren Hilfe sich die Kommunen mit den vergabe-, haushalts- und zuwendungsrechtlichen Rahmenbedingungen, aber auch Verfahren des Wirtschaftlichkeitsvergleichs vertraut machen könnten.
Mit seinem Thüringer Modell habe das Land Thüringen bereits erfolgreich Pionierarbeit im Bereich der privatwirtschaftlichen Realisierung von öffentlichen Bauvorhaben geleistet, lobte Kirchner. In einem Zeitraum von fünf Jahren wird immerhin ein Investitionsvolumen von 782 Mio. Euro in Form von Leasing- oder Mietkauf-Modellen privatwirtschaftlich realisiert worden. Jetzt sei es jedoch an der Zeit, diese Modelle der Finanzierungsprivatisierung zu echten Betreibermodellen weiterzuentwickeln. Statt wie bisher üblich die Stufen Planen, Bauen und Betreiben einzeln zu optimieren, müsse heute verstärkt über eine Optimierung über den gesamten Projekt-Lebenszyklus nachgedacht werden. Kirchner: "Internationale Erfahrungen - insbesondere aus Großbritannien - zeigen, dass dabei Effizienzgewinne von 15 bis 25 % der Projektkosten erzielt werden könnten!"
Für Politik, Verwaltung und Bauwirtschaft zahle sich dieser privatwirtschaftliche Weg gleichermaßen aus, glaubt Kirchner. Der öffentliche Bauherr profitiere von der höheren Bauqualität und Funktionalität, da privatwirtschaftliche Projekte nicht nur mit Blick auf die Baukosten, sondern auch auf die Kosten der anschließenden Unterhaltung und des späteren Betriebs geplant würden. Die dabei erzielbaren Effizienzgewinne in Form eingesparter Bau-, Betreiber- und Unterhaltungskosten könnten zum weiteren Abbau des öffentlichen Investitionsstaus insbesondere im kommunalen Bereich eingesetzt werden. Für die deutsche Bauwirtschaft sei dieser Ansatz vor allem deswegen interessant, weil er den Unternehmen den Weg in neue Aufgabenfelder im Bereich der Unterhaltung und des Betriebs öffentlicher Bauwerke eröffne. Kirchner: "Ich bin fest davon überzeugt, dass sich eine 'Win-win-Situation' für Politik, Verwaltung und Bauwirtschaft zugleich erzeugen lässt."
Für Kirchner geht langfristig kein Weg an einer stärkeren Beteiligung privaten Kapitals und privaten Know-hows an der Lösung öffentlicher Infrastrukturprobleme vorbei. Allein die deutschen Gemeinden hätten ihren Investitionsbedarf für die Jahre 2000 bis 2009 auf 690 Mrd. Euro geschätzt. Aber auch der Bund und die Bundesländer schöben in den Bereichen Verteidigung, Gefängnisse, Botschafts- und Hochschulbau Investitionen im Milliardenhöhe vor sich her. Kirchner: "Deutschland braucht im Bereich der Infrastruktur einen Modernisierungsschub. Dazu gehört auch eine Neuordnung der Aufgabenverteilung zwischen Staat und Bauwirtschaft im Bereich des öffentlichen Hochbaus".
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