Aufzugsanlagen 2015: Sicherheit, Mängel, Auftragseingänge,...
(9.5.2016) In Deutschland verkehren derzeit rund 720.000 Aufzüge. 615.000 davon dienen der Beförderung von mehreren Millionen Menschen und gehören damit zu den überwachungsbedürftigen Anlagen. Jedes Jahr kommen bundesweit durchschnittlich 18.000 neue Aufzugsanlagen hinzu oder ersetzen bestehende ältere Anlagen.
Bei ungefähr 50% des Aufzugsbestandes in Deutschland handelt es sich um Anlagen, die 20 Jahre alt sind - oder älter. Dies spricht einerseits für die Qualität der Aufzüge und der Serviceunternehmen, die diese Anlagen in Betrieb halten. Andererseits entsprechen Anlagen in diesem Alter nicht mehr unbedingt dem heutigen Stand der Technik. Wie sicher sind also alte Aufzugsanlagen? Welche Vorschriften sind hier relevant und welche aktuellen Änderungen gibt es?
2015 vier Todesfälle im Zusammenhang mit Aufzügen
Aufzüge gelten als das sicherste „Nahverkehrsmittel“. Auch die aktuellen Unfallzahlen der Prüforganisationen und des VDMA für das Jahr 2015 belegen, dass der sicherheitstechnische Zustand der Aufzugsanlagen offensichtlich auf hohem Niveau verharrt. In den letzten Jahren ist keine signifikante Zunahme von schweren oder tödlichen Nutzerunfällen zu verzeichnen. In Relation zum Anlagenbestand, der jedes Jahr um ca. 2% zunimmt, sind die Zahlen von schweren und tödlichen Unfällen als rückläufig einzustufen.
- Insgesamt wurden 2015 vier Todesfälle im Zusammenhang mit Aufzügen registriert: Einer davon war auf menschliches Fehlverhalten (Nichtbeachten der Sicherheitsmaßnahmen) zurückzuführen. Zwei der vier tödlichen Unfälle scheinen nach aktuellem Stand durch einen technischen Defekt begründet (fehlerhafte Anhaltegenauigkeit) zu sein.
- Die Zahl der gemeldeten Unfallverletzungen ging 2015 auf etwas mehr als 20 Fälle zurück.
13% aller überprüften(!) Aufzüge mit sicherheitserheblichen Mängeln
Aufzugsanlagen sind dann sicher, wenn sie in ausreichendem Maße qualifiziert gewartet und instandgehalten werden. Der Verband der TÜV e.V. (VdTÜV) geht allerdings in seinem Anlagensicherheits-Report*) 2015 davon aus, dass etwa 20% aller Aufzüge der Prüfpflicht entzogen wurden. Davon abgesehen haben die technischen Prüfungen der zugelassenen Überwachungsstellen (ZÜS) laut Anlagensicherheits-Report für das Jahr 2015 ergeben, dass ...
- 38,6% der Anlagen mängelfrei waren,
- fast die Hälfte der geprüften Aufzüge (47,72%) nur geringfügige Mängel hatten und
- rund 70.000 (13,04%) sicherheitserhebliche Mängel aufwiesen.
Hinzu kommt, dass - wie bereits erwähnt - jeder fünfte Aufzug von seinem Betreiber nicht zur gesetzlich vorgeschriebenen Prüfung vorgeführt wurde, weshalb über den Zustand dieser Anlagen nichts bekannt ist. Es zeichnet sich allerdings ein positiver Trend ab: Die Zahl der geprüften Aufzüge hat sich von 500.000 im Jahr 2014 auf ca. 530.000 erhöht. „Durch die Betriebssicherheitsverordnung wurde ab Juni 2015 eine verpflichtende Prüfplakette an den Anlagen eingeführt. Möglicherweise ist hier schon ein erster positiver Effekt erkennbar“, erklärt Dr. Brüggemann, Geschäftsführendes Präsidiumsmitglied des VdTÜV, bei der Vorstellung des Anlagensicherheits-Reports 2015.
Betreiber müssen für Sicherheit sorgen
Die sichere Bereitstellung eines Aufzugs liegt in der gesetzlichen Verantwortung des Betreibers. Die Prüforganisationen und die Wartungsunternehmen können dabei nur auf diese Missstände hinweisen.
Mit Instandhaltung wird die sichere Funktion von Aufzügen erhalten, aber der Stand der Technik entwickelt sich fort. Die Anforderungen an die Sicherheit erhöhen sich fortlaufend entsprechend dem allgemeinen Sicherheitsbedürfnis, so dass eine technische Nachrüstung von Bestandsanlagen früher oder später notwendig wird und vom Betreiber veranlasst werden muss. (Beispiel: Nachrüstung Zwei-Wege-Kommunikationssysteme bis 2020 nach BetrSichV)
Auftragseingang stieg 2015 um 5%
„Der Markt für Aufzüge und Fahrtreppen wächst“, berichtete der VDMA Fachverband Aufzüge und Fahrtreppen ebenfalls Anfang Mai. Der Auftragseingang für Neuanlagen in der deutschen Aufzugsindustrie stieg demzufolge 2015 nach Stückzahl um 5% auf 21.435 Einheiten. Das ist ein stetiger Anstieg seit 2009. Wertmäßig stieg der Zuwachs bei den Auftragseingängen mit plus 3,7% auf rund 901 Millionen Euro in 2015.
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*) | Der Anlagensicherheits-Report ist eine statistische Auswertung der gesetzlich vorgeschriebenen Prüfungen an überwachungsbedürftigen Anlagen durch die dafür zugelassenen Überwachungsstellen (ZÜS). Überwachungsbedürftig im Sinne der Betriebssicherheitsverordnung sind Aufzugsanlagen, Druckanlagen und Anlagen, von denen Explosionsgefahr ausgeht oder die sich in explosionsgefährdeten Bereichen befinden (Ex-elh-Anlagen). |
siehe auch für zusätzliche Informationen:
- Zur Erinnerung: Ab 1. September 2017 nur noch Aufzugsnorm EN 81-20/50 gültig (28.4.2017)
- RemoteCall: Aufzugruf per App à la Kone (29.10.2016)
- Otis wappnet sich für neue Skylines u.a. mit vernetzten und mitwachsendem (Bau)Aufzügen (28.10.2016)
- BauInfoConsult rechnet für 2015 mit Fehlerkosten am deutschen Bau von 14,1 Mrd. Euro (18.9.2016)
- Ab 1. Juni 2016: Nur noch Aufzüge mit Prüfplakette, Notfallplan und Notbefreiungsanleitung (31.5.2016)
- weitere Details...
ausgewählte weitere Meldungen:
- Aufzug mit mehreren Kabinen pro Schacht und horizontaler Bewegung (17.12.2015)
- Neue Aufzugsnorm EN 81-20/50 macht Schindler-Aufzüge 5% teurer (17.12.2015)
- ELA/VDMA-Broschüre „Grundlegende Sicherheitsanforderungen für Aufzüge“ (10.8.2015)
- Umstellung der Kommunikationsnetze betrifft auch Gefahrenmeldeanlagen (8.6.2015)
- Geänderte Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) für Aufzugsanlagen (31.5.2015)
- Personenlifte vor Gericht (28.10.2013)
siehe zudem:
- Aufzüge im Haustechnik Magazin von Baulinks
- Literatur / Bücher zum Thema Haustechnik bei Baubuch / Amazon.de