Experten bewerten neue Lärmverordnung sowie „Schall 03“ eher positiv
(9.6.2014) Die „Verordnung zur Änderung der Sechzehnten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes“ (18/1280) wird von den meisten Experten vorwiegend positiv aufgenommen. Dies wurde am 4. Juni bei der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur deutlich. In die Änderung eingearbeitet werden sollen neue Erkenntnisse aus den Bereichen Immissionen von Eisenbahnen und Straßenbahnen sowie Lärmausbreitung. Zudem soll die neue Berechnungsvorschrift „Schall 03“ (2012) das bisherige Verfahren aus dem Jahr 1990 ersetzen.
Für Jens Böhlke vom Eisenbahn-Bundesamt (EBA) stellt der Entwurf eine Verbesserung dar. So ermögliche die neue „Schall 03“ grundsätzlich eine genauere Berechnung der Schienenlärmbelästigung betroffener Anwohner beim Neu- und Ausbau von Schienenstrecken (Lärmvorsorge). Hieraus würde nicht zuletzt auch eine größere Sicherheit im Hinblick auf festgesetzte Maßnahmen zum Schutz der Anwohner von Eisenbahnlärm resultieren. Ohne die Verordnung bestehe die Gefahr, dass das EBA sich zukünftig in einzelnen Planfeststellungsverfahren mit den Obergerichten in jedem Fall über die Frage, ob und in welchem Umfang zum Beispiel Schallschutzmaßnahmen anerkannt werden können, gesondert auseinandersetzen müsse.
Wolfgang Herrmann von der Obermeyer Planen und Beraten GmbH hält es für überfällig, dass die fast 25 Jahre alte „Schall 03“ an den Stand der Technik angepasst wird. Er habe bereits erste praktische Erfahrungen mit dem Entwurf der Richtlinie sammeln können und deshalb könne er bestätigen, dass sie trotz einer formal deutlich größeren Komplexität des Berechnungsverfahrens für den Anwender praktikabel und handhabbar sei.
Ebenso begrüßte Michael Jäcker-Cüppers vom Arbeitsring Lärm der Deutschen Gesellschaft für Akustik (DEGA) die Revision der „Schall 03“ in der vorliegenden Form - gleichwohl würden Defizite der alten Verordnung noch bestehen bleiben. Dazu zählt er vor allem die unzureichende Definition des für die Immissionen einflussreichen Zustandes der Schienen. Diese sollte vorrangig verbessert werden, betonte er.
Für Wolfgang Probst von DataKustik bringt die Neufassung „voraussichtlich“ eine Verbesserung für die vom Lärm betroffene Bevölkerung. Diese gelte vor allem für die Integration von innovativen Schallschutz. Allerdings sei der Mehraufwand an Eingabedaten durch die wesentlich differenziertere Beschreibung des Schienenverkehrs erheblich. Außerdem äußerte Probst erhebliche Zweifel, ob der Mehraufwand zur Erhöhung der Genauigkeit führen könne.
Kritisch äußerte sich Gerd Kirchhoff von der
Bundesvereinigung gegen Schienenlärm. Nach
seiner Meinung unterläuft die geplante Verordnung das Vorhaben der
Schaffung einer EU-einheitlichen Regelung zur Berechnung und
Bewertung aller Arten von Umgebungslärm und fördere die weitere
Zersplitterung des nationalen Lärmschutzrechts. Deshalb würde er
es begrüßen, wenn die Entscheidung auf EU-Ebene abgewartet würde.
Mit der Novelle packe die Bundesregierung keine einzige der
wirklich drängenden Aufgaben im Verkehrslärmschutz an,
insbesondere werde die im Koalitionsvertrag vereinbarte
verkehrsträgerübergreifende Gesamtlärmbetrachtung in der Novelle
„nicht einmal angesprochen“. Wolf Maire vom
Ingenieurbüro Bonk-Maire-
siehe auch für zusätzliche Informationen:
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siehe zudem:
- Lärmschutz auf Baulinks