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Rosenheimer Fenstertage 2013: Themenblock „Baurecht“

(23.10.2013) Im Rahmen der Rosenheimer Fenstertage 2013 wurde in 8 Themenblöcken über neue Aspekte von Technik, Recht, Normen, Forschung und Marketing informiert und disku­tiert. Der Themenblock „Baurecht“ widmete sich den Änderun­gen der Musterbauordnung (MBO) und den geänderten Anfor­derungen an den Schallschutz sowie dem Zukunftsthema Bar­rierefreies Bauen.

Klaus Diether Wathling (Oberste Bauaufsicht Berlin) erklärte die für Fenster und Fassaden relevanten Regelungen der ge­änderten MBO bezüglich des Brandverhaltens (§26 - §45) so­wie weitere Vorschriften. Grundsätzlich müssen Baustoffe nach §28 Abs.2 MBO, die als Bauprodukte dauerhaft eingebaut wer­den, mindestens normalentflammbar sein. Nichttragende Außenwände oder Teile müs­sen gemäß §28 Abs.3 MBO aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen. Neu ist, dass hier eine Ausnahmeregelung für „normalentflammbar“ nun für ganze Fenster und Türen (inkl. Profile und Verglasung) sowie Fugendichtungen (von Fenstern oder in Fu­gen der Außenwand) gilt, sofern dies keine Fensterwände oder Fassaden, sondern Lochfenster sind. Für Sonderbauten, insbesondere bei Hochhäusern (OK FFB > 22 m, Muster-Sonderbauverordnung Hochhausrichtlinie MHHR), gelten natürlich schärfere Anforderungen. Hier müssen die Außenwände gemäß Abschnitt 3.4 der MHHR in allen Teilen aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen. Dies gilt auch für Unterkonstruktio­nen, Blenden, Fensterrahmen, Jalousien und Sonnenschutzblenden. Es gilt jedoch nicht für Dämmstoffe in nichtbrennbaren, geschlossenen Profilen fester Verglasungen, Dichtstoffe für Fugen (Abdichtung von Scheiben, zwischen Profilen) oder für Kleinteile ohne tragende Funktion. Hier sind normal-entflammbare Materialien zulässig.

Neu ist die Regelung für Rettungswegkonzepte (§33 MBO) in der Gebäudeklasse 3-5 (Gebäude höher als 7 m oder mit mehr als zwei Nutzungseinheiten von insgesamt über 400 m²), dass in innenliegenden Treppenräumen an oberster Stelle eine Öffnung >1 m² zur Rauchableitung mit Öffnungsvorrichtungen im EG und am obersten Treppen­absatz vorhanden sein muss. Diese Anforderung betrifft oft auch Fenster. Auch in der Musterliste der Technischen Baubestimmung (M-LTB) findet sich noch etwas für Fens­ter und Fassaden: In Abschnitt 2.6 Hinterlüftete Außenwandbekleidungen, Anlage 2.6/4, werden besondere brandschutztechnische Vorkehrungen bei geschossübergrei­fenden Hohlräumen definiert und horizontale Brandsperren sowie Tür- und Fensterlei­bungen aus Stahlblech (d > 1,5 mm) vorgesehen werden müssen. Insgesamt gilt, dass die Zuordnung der bauaufsichtlichen Anforderungen zu den deutschen und europäi­schen Klassen möglich ist, beispielsweise nach DIN EN 13501-1. Die MBO und alle Son­derbauvorschriften finden sich kostenfrei und aktuell unter bauministerkonferenz.de.

Robert Kolacny (ift Rosenheim) widmete sich dann der baurechtlichen Relevanz der Barrierefreiheit und deren Umsetzung. Die MBO fordert in §2 Abs. 9 und § 50, dass öffentlich zugängliche bauliche Anlagen (Einrichtungen der Kultur, Bildung, Gesund­heit, Verkaufsstätten, Gaststätten, Hotels) sowie Wohngebäude ab drei Wohnungen für Menschen mit Behinderung ohne besondere Erschwernis und ohne fremde Hilfe zu­gänglich und nutzbar sein müssen (barrierefrei). Die Bundesstudie „Wohnen im Alter“ weist einen Bedarf an 2,5 Millionen altersgerechter Wohnungen aus und zeigt damit die große Bedeutung und das Marktpotenzial für barrierefreie Produkte. Die normati­ven Festlegungen finden sich in der DIN 18040 Teile 1 und 2. Robert Kolacny analy­sierte die für Fenster und Türen relevanten Regelungen und die konstruktive Umset­zung anschaulich anhand zahlreicher Praxisbeispiele. Besonders die Null-Millimeter­schwelle wird intensiv diskutiert, da konstruktive Schwierigkeiten bezüglich Schlag­regendichtheit und Wärmebrücken bestehen. Robert Kolacny zeigte Lösungsansätze und dass es Konstruktionsprinzipien für schlagregendichte Fenstertüren bis 9A gibt und geringe Wärmebrückenkoeffizienten erreicht werden können. Daneben ist aber auch der Bedienkomfort relevant. Hier sind es vor allem die großen und schweren Elemente, die zu erhöhten Bedienkräften führen. Auch hier gibt es technisch/kon­struktive Lösungen, die im Vortrag beschrieben wurden.

Bernd Saß (ift Rosenheim) erläuterte die Änderungen der Schallschutznorm DIN 4109, die 2013 vollständig und umfassend überarbeitet wurde. Das Anforderungsni­veau bleibt bestehen, aber die Rechen- und Nachweisverfahren ändern sich. Das Vor­haltemaß entfällt, so dass der gemessene Wert R'wP direkt mit dem Rechenwert R'wR verglichen und genutzt werden kann. Die Planer müssen bei der Ermittlung des erfor­derlichen Schallschutzes nun unterschiedliche Korrekturfaktoren für die Unsicherheit „u“ beachten, in dem Einflüsse der Messunsicherheit, der realen Bausituationen und der Produktstreuung berücksichtigt werden. Der erforderliche R'wR-Wert wird also nicht mehr durch den Abzug eines pauschalen Vorhaltemaßes bestimmt. Ein großes Plus sind auch die erweiterten Bauteilkataloge für Fenster und Türen sowie die neu hinzugekommenen Tabellen für Glas, Innentüren und Fugen. Für Fassaden wird das ift Rosenheim im Rahmen eines Forschungsprojektes ebenfalls einen Bauteilkatalog erstellen, der dann auch Angaben zur Schall-Längsleitung umfasst. Damit werden Ausschreibungen sowie die technischen Dokumentationen für die Hersteller verein­facht. In der Summe sind die Änderungen für die Praxis in der Fenster- und Fassa­denbranche sehr positiv – mit den Details muss man sich natürlich auch als Fenster-, Türen- oder Fassadenhersteller beschäftigen.

siehe zudem die Berichte zu den Themenblöcken:

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