Warnungen vor Privatisierungsbestrebungen auf EU-Ebene bei der Wasserversorgung
(22.3.2013; Weltwassertag) Anlässlich der Diskussion mehrerer EU-Vorlagen zur Wasserwirtschaft haben die Fraktionen von SPD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen sowie der Verband kommunaler Unternehmen e.V. (VKU) erneut vor einer Privatisierung der Wasserversorgung gewarnt.
In der öffentlichen Sitzung des Umweltausschusses am 20.3. wies Waltraud Wolff (SPD) auf eine Mitteilung der EU-Kommission hin, in der von einer „Stärkung der Innovations- und Wettbewerbspotenziale der europäischen Wasserwirtschaft“ die Rede sei. „Das stört mich“, sagte die SPD-Abgeordnete. Wenn es um „Leitlinien für Wasserhandel“ gehe, wie in der Vorlage zu lesen sei, bedeute dies eine Grundlage für die Wasserprivatisierung, kritisierte auch Sabine Stüber (Die Linke). Das müsse unbedingt verhindert werden. „Wasser ist keine Handelsware“, sagte Stüber. Es sei wichtig, die Frage einer möglichen Privatisierung zu thematisieren, machte Dorothea Steiner (Bündnis 90/Die Grünen) deutlich. Gerade wenn man Umweltstandards einhalten wolle, bedürfe es einer öffentlichen Kontrolle. Was aber die EU-Kommission angestoßen habe, laufe auf eine Privatisierung hinaus.
Die Koalitionsfraktionen bewerten das anders. Gefordert werde nicht die Privatisierung, sondern eine „vernünftige Ausschreibung“, sagte Horst Meierhofer (FDP). Diese Forderung richte sich aber nicht nach Deutschland, fügte er hinzu. Stand der Beratungen sei, dass keine Kommune zu einer Privatisierung gezwungen werde, sagte Ingbert Liebing (CDU/CSU). Es sei vielmehr gelungen, die kommunalen Strukturen abzusichern. Dies müsse nun auch in Rechtssetzungsverfahren gewährleistet werden, verlangte er.
Dem von der Grünen-Fraktion vorgelegten Entschließungsantrag, der sich neben der Kritik an einer „schrittweisen Privatisierung auf indirektem Weg“ auch für die Anwendung des Verursacherprinzips beim Hochwasserschutz und die „angemessene“ Beteiligung von Industrie und Landwirtschaft an den Kosten der Wasserdienstleistungen ausspricht, stimmten Unions- und FDP-Fraktion - anders als SPD- und Links-Fraktion - nicht zu.
VKU: erfolgreiche kommunale Strukturen in Deutschland nicht gefährden!
Anlässlich des Weltwassertags, der 2013 unter dem Motto „Wasser und Zusammenarbeit“ steht, warnt der Vizepräsident des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU) Michael Beckereit davor, erfolgreiche kommunale Strukturen in Deutschland zu gefährden: „Es kann nicht sein, dass am Tag des Wassers Wasserinitiativen und Kooperationen zelebriert werden, die Europäische Kommission gleichzeitig aber erfolgreiche kommunale Strukturen durch die Dienstleistungskonzessionsrichtlinie aufs Spiel setzt. Die vielfältigen kommunalen Kooperationen in Deutschland zeigen, wie die Trinkwasserversorgung effizient zum Wohl der Bürger organisiert werden kann. Das darf nicht durch verschärfte Vergaberichtlinien in Frage gestellt werden.“
Dem (vermeintlichen?) Willen der EU-Kommission zufolge müssen viele Kommunen in Zukunft den Betrieb der Wasserversorgung ausschreiben. Sie hat dazu einen Entwurf zur Dienstleistungskonzessionsrichtlinie vorgelegt, die vorsieht, für die Vergabe von Konzessionen - unter anderem im Bereich der Wasserversorgung - europaweit einheitliche Regelungen zu schaffen. Ziel sei es, Public-Private-Partnership-Modelle (PPP) stärker als bisher zu etablieren und somit den Markt für private Unternehmen zu öffnen. Beckereit: „Wir sehen die Marktöffnungsbestrebungen der Europäischen Kommission in diesem Kernbereich der Daseinsvorsorge sehr kritisch.“
In einem gemeinsamen Statement ...
- des EU-Umweltkommissars Janez Potocnik,
- des EU-Entwicklungskommissars Andris Piebalgs und
- des EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier
... am Vortag des Weltwassertages 2013 wird jedoch betont, dass die Europäische Kommission in keiner Weise eine Politik verfolge, Mitgliedstaaten zur Privatisierung der Wasserversorgung aufzufordern oder zu drängen: „Die Kommission erkennt an, dass Wasser ein öffentliches Gut und lebensnotwendig für die Bürger ist, und dass die Verwaltung der Wasserressourcen Angelegenheit der Mitgliedstaaten und lokalen Behörden ist.“ (siehe Nachbarbeitrag „EU-Kommission zum Weltwassertag und zur Zukunft der Wasserversorgung“)
Gleichwohl fordert der VKU, die Wasserversorgung aus dem Anwendungsbereich der EU-Richtlinie herauszuhalten. Beckereit: „Mit punktuellen Nachbesserungen bei der Richtlinie ist es nicht getan.“ Beckereit bemängelt, dass es die Bundesregierung versäumt habe, sich frühzeitig in Brüssel für die Sicherung kommunaler Strukturen einzusetzen. „Obwohl nahezu alle Parteien, die Bürger sowie die Ländervertreter im Bundesrat für die Ausnahme der Wasserversorgung aus der Richtlinie sind, hat sich die Bundesregierung bis heute nicht zu einem eindeutigen negativen Votum gegen den Richtlinienentwurf durchringen können“, kritisiert Beckereit. Der VKU drängt daher gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden weiter auf Nachbesserungen.
siehe auch für zusätzliche Informationen:
- Bundestags-Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
- Verband kommunaler Unternehmen e.V. (VKU)
- Europäische Kommission
- Bauletter vom 28.1.: Europäische Kommission wehrt sich bezüglich ihres Richtlinienvorschlages zur Wasserversorgung
- VKU: „Wassersparende Toilettenspülungen machen in Deutschland keinen Sinn“ (17.11.2013)
- 121 Liter je Bundesbürger und Tag: Wassergebrauch verharrt auf niedrigem Niveau (12.5.2013)
- „Vom Wasser berührt“: Hansgrohe veröffentlicht Dokumentation zum 4. Wassersymposium (22.3.2013)
- Betriebe nutzten 2010 rund 27 Milliarden Kubikmeter Wasser (22.3.2013)
- EU-Kommission zum Weltwassertag und zur Zukunft der Wasserversorgung (22.3.2013)
- weitere Details...
ausgewählte weitere Meldungen:
- Weltwassertag 2013 im „Jahr der Wasserkooperation“ (22.3.2013)
- Wassergebrauch seit 1990 um 26% auf 121 Liter pro Tag pro Einwohner gesunken (4.10.2012)
siehe zudem: