„Pop up my Bathroom“ mit drei Konzeptionen für das Bad von morgen
(20.3.2013; ISH 2013-Bericht) Wer die Frage stellt (nicht nur auf der ISH), wohin sich das Badezimmer entwickelt, erhält oft eine scheinbar universelle Antwort: „Es wird schöner, exklusiver und komfortabler.“ Das trifft zwar zu, greift aber zu kurz. Deshalb lohnt es sich, fernab von gängigen Design- und Stildiskussionen grundsätzlich darüber nachzudenken, wie und wozu die Menschen das Bad eigentlich nutzen bzw. nutzen wollen. Auf dieser Basis warf das Projekt „Pop up my Bathroom“ einen durchaus mutigen Blick in die Zukunft - hieß es zur „ISH 2013“.
Wesentlicher Ansatz der gemeinsamen Initiative der Messe Frankfurt und der Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft (VDS) war es, individuelle Anforderungen an zukünftige Bäder zu ermitteln und daraus generelle Tendenzen abzuleiten. Dabei kristallisierten sich drei Grundströmungen heraus. Mit der schlichten Recherche gab sich das Projektteam nach eigener Aussage jedoch nicht zufrieden. Vielmehr formulierte, realisierte und inszenierte es entsprechende Konzepte als Denkanstöße für alle, die sich professionell um Bäder kümmern. Schon die bewusst gewählten ungewöhnlichen Orte der Fotoshootings dokumentierten laut VDS-Geschäftsführer Jens J. Wischmann ihren zumindest zum Teil visionären Charakter. Denn Bäder ...
- in einem Biergarten,
- auf einem Parkhaus-Dach oder
- in einem LED-illuminierten Aussichtsturm
... aufzubauen und abzubilden, gehöre nicht gerade in die Kategorie „Normalität“. Bei aller Unterschiedlichkeit verbinde die Trendrichtungen, dass sie mehr Platz erfordern. Die aktuelle statistische Durchschnittsgröße eines deutschen Badezimmers von 7,8 qm genüge daher nicht, um die im Folgenden porträtierten Wünsche an das Bad von morgen er- und ausleben zu können.
„Busy Bathroom“: Offen für Kommunikation
Was der sanitäre Raum in der Tradition der europäischen Badehäuser war, ist er in Kulturen wie dem Hamam heute immer noch: ein Ort der Begegnung. Im Bad der Zukunft könnte sich Geschichte wiederholen. Schon jetzt zeigt sich das Bad zunehmend offen für andere Bereiche - das Schlafzimmer, den Wohnsektor oder sogar den Garten. Soweit muss innovative Badplanung vielleicht nicht gehen. Aber die gedankliche Nutzung des Raumes für mehrere Personen gleichzeitig erscheint ebenso geboten wie konsequent. „Busy Bathroom“ definiert sich also als ein geschäftiges, buchstäblich lebendiges Bad.
Ähnlich wie die Küche ist das Bad ein Ort täglicher Routinen, in dem neben existenziellen auch kommunikative, soziale Bedürfnisse erfüllt werden. Erwachsene putzen ihren Kindern die Zähne, schrubben ihrem Lebenspartner in der Badewanne den Rücken, assistieren ihm bei der Linderung des Sonnenbrands oder helfen älteren bzw. behinderten Angehörigen beim Ausstieg aus der Badewanne.
Aber es geht auch um die ganz banale tägliche Kommunikation. Im Bad klärt man morgens Routineangelegenheiten, tauscht Informationen aus und vermittelt Pflegetipps. Im Bad wird gemeinsam geduscht und gebadet. Im Bad entsteht zusammen das möglichst perfekte Outfit für Beruf und Freizeit. Kein Wunder, dass sich Großraumduschen, Doppelbadewannen und Doppelwaschtische bereits steigender Beliebtheit erfreuen. Das Bad als gemeinschaftlich genutzter Raum steht nicht nur bei Familien hoch im Kurs. Die so interpretierte und praktizierte Kommunikation erweist sich als wichtiges Element des körperlichen und seelischen Wohlbefindens.
Universal Design als Leitprinzip erhält deshalb eine neue Aktualität. Es eignet sich nicht nur für das Generationenbad, sondern trägt auch dazu bei, den Raum für einen realen Treffpunkt für Jung und Alt zu schaffen. Künftige Badplanung sollte dies gestalterisch zum Ausdruck bringen und damit die Wohnverhältnisse den wirklichen Bedürfnissen anpassen. Und wem Kommunikation und Multifunktionalität irgendwann doch zu „busy“ werden, schließt die Badezimmertür einfach hinter sich zu, um allein zu sein.
„Bathroom Bubble“: Anker im Leistungsmeer
Als quasi zeitloser, intimer Ort bewirkt das Bad einen wohltuenden Ausgleich zur Repräsentationskultur mit ihrem (vermeintlichen) Zwang zu permanenter Profilierung. Immer mehr geraten auch Wahl, Gestaltung und Einrichtung der Wohnung in den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung. Verstärkt resultiert daraus das Gesamtbild, das sich Freunde, Bekannte und nicht zuletzt Arbeitskollegen machen, die in wachsendem Maße Zugang zur Privatwelt erhalten. Die Verbreitung von Homeoffices ist nur ein Grund für diese langfristige Entwicklung, die große Teile des gesellschaftlichen Lebens beeinflusst. Deshalb gewinnt das Bad als fast letzter Rückzugsort künftig noch mehr Bedeutung für das persönliche Wohlbefinden.
Bei „Bathroom Bubble“ geht es im Kern um die Idee eines Raumes im Raum, der einer Kapsel unter der äußeren Hülle ähnelt. Dabei kann - und soll sogar - das Badezimmer in puncto „Repräsentativität“ das gleiche hohe Niveau wie die übrige Wohnung haben. Dafür sorgen schon die eigenen Komfort- und Ästhetikansprüche des Nutzers, der die im Bad verbrachte Zeit natürlich genießen will. Allein sein und das Alleinsein zelebrieren - so lautet daher hier die Devise. Dabei ist es nicht nur die Abgeschlossenheit des Raumes, die ein „Fallenlassen der Maske“ ermöglicht. Hinzu kommt die rituelle Funktion des Elementes Wasser: Es reinigt, befreit und regeneriert.
Dieses Badkonzept ordnet mithin alles den jeweiligen Bedürfnissen des Einzelnen unter. Es schafft bewusst Grenzen in einer ansonsten zunehmend entgrenzten Umwelt. Herrschen dort Hektik und die kontinuierliche Notwendigkeit, auf externe Einflüsse zu reagieren, Erwartungen zu erfüllen und sich äußeren Rahmenbedingungen anzupassen, gewährleistet der „Bathroom Bubble“ Ruhe, Abgeschiedenheit und auch die Muße für neue Ideen. Nicht umsonst behaupten viele Kreative, unter der Dusche die besten Einfälle zu haben.
Die positiven Effekte entstehen durch eine separierte, künftig eventuell sogar schallgedämmte Schutzatmosphäre und durch Emotionalität. Das Bad soll Geborgenheit vermitteln. Sie resultiert aus der „Vernetzung“ von Produktästhetik und -funktionen sowie dem geschickten Zusammenspiel von Farbe, Material und Form. So individuell wie der Mensch, so individuell präsentiert sich auch das Bad. Dabei gibt es kein Stildiktat. Ob modern oder opulent, ob organisch-natürlich oder kühl und eckig, ob puristisch oder mit floralen Elementen reich bestückt – der richtige Mix entscheidet.
„Bathroom (R)Evolution“: Intelligente Technik verwöhnt
Design hat das Badezimmer verändert, es ästhetischer, genussorientierter und wohnlicher gemacht. Aber nun steht das Bad mit der Integration neuer Materialien und moderner Technologien am Beginn der nächsten Ära. Es wird Zeit, sie intensiv vorzubereiten und zu begleiten. Denn: Wie in keinem anderen Wohnraum geht es im Bad um die intelligente Gestaltung der Schnittstelle Mensch-Technik. Eines scheint klar: Das Bad der Zukunft wird bei Sicherheit, Komfort und Individualisierung keine Kompromisse dulden.
Schon heute träumen viele von einem Bad, das sie morgens mit einem angenehm warmen Ambiente empfängt und sanft auf den Tag einstimmt. Vorgeheizt, mit nicht zu greller Beleuchtung, mit der Lieblingsmusik aus dem Radio. Am Abend wartet das gleiche Bad mit entspannendem Licht, programmierter Duschsequenz oder mit einer sich automatisch per Knopfdruck füllenden Badewanne auf den Heimkehrer.
„Bathroom (R)Evolution“ verkörpert eine von den individuellen Bedürfnissen der Menschen „gelenkte“ Einheit. Digitale Technologien helfen dabei ebenso wie intelligentes Produktdesign, das sich wenn nötig auch extrem schlank macht. Und: Es bietet dem Auge ebenso Halt wie tastenden Händen oder unsicheren Beinen. Zuverlässige Sicherheit ist nach der Hygiene das zweitwichtigste Bedürfnis. Dann folgen Komfort, Intimität und Erlebnischarakter.
Nicht umsonst ist Barrierefreiheit in aller Munde. Sie dient nicht nur der Sicherheit sämtlicher Badnutzer - egal, ob gehandicapt oder nicht; egal, ob klein oder groß. Sie macht zudem selbstständiges Leben als ein Grundbedürfnis gerade älterer Menschen oft überhaupt erst möglich. Insofern verändert dieses Badkonzept das bisher gültige Hierarchieschema, indem es Ergonomie auf das Bad als Ganzes bezieht.
Dabei stellt die rasante Technisierung des täglichen Lebens ergonomisch gutes Design vor große Herausforderungen. Intelligente Technik, das heißt Wohnkomfort in einer früher für undenkbar gehaltenen Dimension. Intelligente Technik heißt aber auch neue Probleme etwa bei der Bedienbarkeit. So genanntes Interface-Design und damit die Gestaltung von Benutzeroberflächen wird nicht nur bei Computern und Displays, sondern auch speziell im altersgerechten Bad zu einer zentralen Aufgabe.
Last but not least ist „Bathroom (R)Evolution“ multimedial. Beispiel „Spiegelschrank“: Er könnte sich neben seiner klassischen Funktion künftig als Datenbank bewähren, in der u. a. medizinische oder kosmetische Informationen gespeichert und abzurufen sind. Aber: Nicht jeder technische Gag macht auf Dauer Sinn. Technik nur als Selbstzweck scheidet also aus. Sie konsequent an den Bedürfnissen der Menschen zu orientieren - darauf kommt es für Konstrukteure und Designer an. Ob man das nun Revolution oder Evolution nennt, erscheint eher zweitrangig.
siehe auch für zusätzliche Informationen:
- Wellness schlägt Barrierefreiheit im Bad (23.5.2017)
- Pop up my Bathroom 2017: Acht Badkonzepte - acht Kurzporträts (9.5.2017)
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- Grohe zeigt Bad-Konzepte für das Jahr 2020 (24.6.2005)
- Wissen, was im Bad trendy ist (20.3.2005)
siehe zudem:
- Badezimmer-Magazin und Armaturen bei Baulinks
- Literatur / Bücher zu den Themen Badezimmer, Wasser-/Sanitärinstallation und Wellness bei Baubuch / Amazon.de