Denkmalschutz-Immobilie als Kapitalanlage und ihre Fallstricke
(5.8.2012) Nachdem nun seit geraumer Zeit geschlossene Fonds im Rahmen der Wirtschaftskrise generell als Anlageform quasi in Verruf gekommen sind, wenden sich viele Anleger wieder verstärkt der Immobilie als Anlageform zu - auch mit der Absicht, das einzig noch verbliebene Steuersparmodell der denkmalgeschützten Immobilie zu nutzen.
Können üblicherweise die Anschaffungs- und Herstellungskosten eines Gebäudes gemäß §7 Abs. 4 EStG mit nur 2 Prozent oder 2,5 Prozent p.a. abgeschrieben werden, locken bei denkmalgeschützten Immobilien erhöhte Absetzungen für Herstellungsmaßnahmen gemäß §§ 7i EStG von 9 Prozent p.a. Für die ersten acht Jahre und 7 Prozent p.a. für weitere vier Jahre für Baumaßnahmen, die nach dem 31.12.2003 begonnen wurden.
Doch so verlockend das Modell klingt, so viele Fallstricke hat es auch. Nach § 255 HGB stellen Kosten für Baumaßnahmen an einem vorhandenen und fertig gestellten Gebäude nur dann nachträgliche Herstellungskosten dar, wenn bei dem Gebäude ein so genannter Vollverschleiß vorlag oder die Baumaßnahme zu einer Erweiterung oder einer wesentlichen Verbesserung geführt hat. Dies ist für jede einzelne Baumaßnahme gesondert zu überprüfen.
Allerdings sind viele Angebote von Banken, Versicherungen, Bauträgern und Anlageberatern fehlerhaft:
- Vom Steuerprivileg des
§§ 7i EStG werden lediglich Baumaßnahmen an einem Gebäude
erfasst, nicht aber bewegliche Einrichtungsgegenstände. Sehr
häufig werden in Angeboten für Eigentumswohnungen in
denkmalgeschützten Gebäuden Gesamtpreise einschließlich
Einrichtungsgegenständen wie z.B. Teppichbodenbeläge oder
Einbauküchen etc. kalkuliert. Differenziert der Prospekt hier
nicht, ist bereits ein Beratungsfehler vorprogrammiert.
- Die Einschätzung, ob ein Gebäude ein Baudenkmal ist,
obliegt nicht der Überprüfung der Finanzverwaltung, sondern
wird ausschließlich nach den gesetzlichen Vorgaben des
Denkmalschutzes in den jeweiligen Bundesländern bestimmt und
damit auch von der Denkmalschutzbehörde festgelegt. Diese
Entscheidung der Denkmalschutzbehörde ist für die
Finanzverwaltung bindend.
- Allerdings gibt es keine einheitliche Regelung in der
Bundesrepublik Deutschland, so dass die einkommensteuerlichen
Förderungsvoraussetzungen in den einzelnen Bundesländern
variieren. Das ganze Modell steht und fällt damit, ob die
Eigenschaft als Baudenkmal bereits bei Beginn der Baumaßnahme
und über den gesamten Abzugszeitraum hinweg vorliegt. Ein
Beratungsfehler kann dementsprechend dann gegeben sein, wenn
das Gebäude bereits aus der denkmalgeschützten Liste durch
Zeitablauf gestrichen ist oder in absehbarer Zeit wird.
- Problematisch ist häufig auch die Inanspruchnahme des
Steuerprivilegs gemäß § 7i EStG für den Ausbau von
Dachgeschosswohnungen. Steuerlich betrachtet stellt die im
Dachgeschoss entstandene Wohnung nämlich häufig einen Neubau
dar, weil die betreffende Eigentumswohnung ein selbstständiges
Wirtschaftsgut ist und dieses vorher noch nicht existiert hat.
Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn der Steuerpflichtige
nicht nachweisen kann, dass der Dachboden auch vorher schon
dem Aufenthalt von Menschen gedient hat.
- Zwar ist grundsätzlich auch die Umnutzung eines Gebäudes
(z.B. Umwandlung eines Fabrikgebäudes in Wohnungen) gemäß § 7i
EStG begünstigungsfähig, dies gilt jedoch ausschließlich dann,
wenn ein Baudenkmal in der bisherigen Weise nicht mehr genutzt
werden kann. Dient die Umnutzung jedoch nur einer Steigerung
der Rendite, so werden gerade diese Kosten grundsätzlich nicht
anerkannt.
- Eine weitere Haftungs-und Fehlerquelle in der Beratung ist
zudem die richtige Aufteilung des Kaufpreises. Soweit der
Steuerpflichtige als Bauherr modernisiert, ist
Bemessungsgrundlage für die erhöhten Absetzungen der
bescheinigte Wert der Bauaufwendungen. Welcher Teil des
Kaufpreises auf die Modernisierung entfällt, richtet sich
jedoch nicht nach den vertraglichen Vereinbarungen aus dem
Kaufvertrag, sondern grundsätzlich nach jeder einzelnen
Maßnahme die Denkmalschutzbehörde. Auch hier werden
Prospektangaben häufig deutlich "geschönt", mit den
entsprechend drastischen finanziellen Folgen für den Anleger.
- Eine böse Überraschung erleben Anleger auch dann, wenn
ihnen der Bauträger zusätzlich gegen Gebühr etwa eine
Mietgarantie oder die Vermittlung der Finanzierung anbietet.
Solche Modelle sieht die Finanzverwaltung seit 2005 als
"Steuerstundungsmodelle" an. In diesem Fall entfällt die
Absetzbarkeit gemäß § 7i EStG.
- Im Rahmen des Erwerbs als Kapitalanlage ist auch die Wiederverkäuflichkeit des Objektes von entscheidender Bedeutung. Vielen Klein-und Mittelverdienern wird der Erwerb einer solchen denkmalgeschützten Immobilien unter anderem auch mit dem Argument angeboten, man könne die Immobilie nach zehn Jahren mit Gewinn verkaufen. Der versprochen Weiterverkauf ist vielfach jedoch faktisch unmöglich. Meist lässt sich hieraus nur ein Bruchteil des Einkaufspreises realisieren.
Aus den oben nur beispielhaft angesprochenen Punkten ergeben sich vielfältige Haftungsquellen für Berater und genauso viele Ansatzpunkte für Schadenersatzansprüche für Anleger. Es empfiehlt sich deshalb - im Vorfeld eines geplanten Erwerbs - das unterbreitete Angebot rechtlich prüfen zu lassen.
Zusammenfassend informiert Vertrauensanwältin Marie-Caroline Pasquay vom Bund für soziales und ziviles Rechtsbewusstsein e.V. (BSZ) ie BSZ e.V.: "Eigentümern denkmalgeschützter Immobilien stehen häufig umfangreiche Schadensersatzansprüche gegen Banken, Bauträger oder Berater zu, bis hin zur Rückabwicklung des eingegangenen Geschäfts. So hat beispielsweise das OLG München in einem Urteil vom 23.05.2012, Az. 3 U4494/11, den Verkäufer einer Eigentumswohnung zur Rückabwicklung verurteilt, da dieser ein Gebäude als denkmalgeschützt angepriesen hatte, obwohl die Denkmaleigenschaft nicht gegeben war. Die fehlende Denkmaleigenschaft bewertete das Gericht als einen Mangel der Kaufsache, der den Käufer zum Rücktritt berechtigt."
Für die Prüfung von Ansprüchen aus Anlagen in Denkmalschutz-Immobilien durch Fachanwälte für Bank- und Kapitalmarktrecht, hat der BSZ e.V. die Interessengemeinschaft "Immobilien und Denkmalschutz" gegründet. Es bestehen gute Gründe hier die Interessen zu bündeln und prüfen zu lassen und der Interessengemeinschaft beizutreten.
siehe auch für zusätzliche Informationen:
- Bund für soziales und ziviles Rechtsbewusstsein e.V. (BSZ)
- 'impulse' warnt vor Risiken beim Kauf denkmalgeschützter Immobilien (4.9.2012)
- Wohnen im Denkmal: Was dürfen Eigentümer mit ihrem Kulturgut machen? (9.1.2018)
- Denkmalschutz versus Klimaschutz? - Baudenkmale der Nachkriegsmoderne (17.7.2016)
- „Länder müssen stärker in den Erhalt des kulturellen Erbes investieren!“ (13.9.2015)
- „Denkmalsanierung“: Baudenkmale sanieren, Steuervorteile für Investoren (2.8.2015)
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ausgewählte weitere Meldungen:
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- Fachbuchhinweis: „Hochwasserschutz und Denkmalpflege“ (1.7.2012)
- Internationale Grundsätze und Richtlinien der Denkmalpflege (4.6.2012)
- Solarwärme fürs Denkmal: Geht Umweltschutz vor Denkmalschutz? (8.1.2012)
- Kulturdenkmäler im Klima- und Tourismus-Stress (11.12.2011)
- Neuer VPB-Ratgeber: Wohnen im Baudenkmal (14.11.2010)
siehe zudem:
- Steuerrecht, Denkmalpflege, Sanieren, Restaurieren, Modernisieren (SanReMo) und Bautrocknung auf Baulinks
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