Dezentrale Batteriespeicher als Lösung für die optimale Solarstromverwertung
-
Autoren: Roland Grebe, Vorstand Entwicklung, und Felix Kever, Technologiekommunikation, beide SMA Solar Technology AG
(19.6.2012, Intersolar-Bericht) Der erhebliche Beitrag der Photovoltaik zur Energiewende ist kaum mehr zu übersehen: Die Gesamtheit der PV-Anlagen in Deutschland konnte schon im Juni 2011 die gesamte Mittagsspitze des deutschen Tageslastprofils decken, so dass eine nahezu konstante Grundlast übrigblieb. Trotz dieser guten zeitlichen Korrelation und der hervorragenden Prognostizierbarkeit der Solarenergie stellt sich die Frage, wie weitere PV-Leistung optimal ins Netz integriert werden kann. Denn schon heute ist in der täglich abrufbaren Grafik der EXX-Transparenzplattform häufig eine leichte, mittägliche Senke sowie ein morgendlicher und abendlicher Anstieg der konventionellen Leistungsbereitstellung zu erkennen.
Will man vermeiden, dass der weitere Photovoltaik-Zubau die Schwankungsbreite der konventionellen Leistung wieder erhöht, führt kein Weg an der Zwischenspeicherung von Solarstrom vorbei. Sinnvoll ist die Zwischenspeicherung aber auch deshalb, weil die Begrenzung von Erzeugungs- und Verbrauchsspitzen die Verteilnetze entlastet und hilft, Ausbaumaßnahmen zu vermeiden. Die Anwendungsmöglichkeiten sind damit aber längst nicht ausgeschöpft: Dezentrale Speichersysteme können den Autarkiegrad steigern, die Versorgungssicherheit durch eine Backup-Stromversorgung erhöhen und bilden die technische Basis für eine Reihe künftiger Netzdienstleistungen. Kurz: Dezentrale Speichersysteme sind der Schlüssel für den Umbau der Stromversorgung zum intelligenten Smart Grid auf Basis erneuerbarer Energien.
Vorteile der dezentralen Speicherung
Zweckmäßig ist ein Ausgleich der fluktuierenden, erneuerbaren Erzeugungsleistung auf sämtlichen Ebenen des Versorgungssystems: Überregional und im internationalen Verbund, im regionalen Verteilnetz, aber auch innerhalb der Hausnetze von privaten Anlagenbetreibern und Industriebetrieben (Abb. 1). Dabei geht es neben der Zwischenspeicherung von Energie auch um ...
- die zeitliche Steuerung von Stromverbrauchern (Lastmanagement) und
- die Regelung von Erzeugungsanlagen (Einspeisemanagement).
In allen drei Fällen gibt es gute Gründe dafür, den Schwerpunkt auf dezentrale, verbrauchernahe Anwendungen zu legen. So stammen in Deutschland mehr als 70 Prozent der PV-Leistung von kleineren PV-Anlagen, die ins Niederspannungsnetz einspeisen. Hier findet aber auch der größte Teil des Stromverbrauchs statt, so dass ein möglichst dezentraler Leistungsausgleich die geringere Entfernung zwischen Erzeuger, Verbraucher und Speicher nutzen kann und so die Transportverluste und die Netzbelastung minimiert.
Bei den in Frage kommenden Batterietypen gibt es auch keine nennenswerten Skaleneffekte, die große Ausführungen wesentlich günstiger oder effizienter machen würden - in der Regel bestehen sie aus kleineren Batterie-Elementen, deren Anzahl zum Erreichen der gewünschten Speicherkapazität lediglich erhöht wird.
Für den dezentralen Einsatz von Speichern spricht außerdem die mögliche Ausbaudynamik: Wie das Beispiel der installierten PV-Leistung eindrucksvoll zeigt, lässt sich der Aufbau nennenswerter Kapazitäten über kleine, privat finanzierte Einheiten bei angemessener Förderung sehr schnell realisieren, da diese Investitionen kaum von Business-Modellen und Investoren abhängen. Im Gegensatz zu Verteilnetzbetreibern haben private Hausbesitzer zudem eine konkrete Motivation zur Nutzung von Speichersystemen:
- Sie ermöglichen mehr Unabhängigkeit vom Versorger,
- können eine ausfallsichere Stromversorgung gewährleisten und
- bieten durch die Eigenverbrauchssteigerung und die Nutzung zeitvariabler Stromtarife einen konkreten wirtschaftlichen Anreiz.
Verteilnetzbetreiber haben dagegen kein Geschäftsmodell für den Betrieb von so genannten Quartiersspeichern - nach aktueller Gesetzeslage ist ihnen der Betrieb von Speichersystemen sogar verwehrt. Hinzu kommen längere Planungs- und Genehmigungszeiträume sowie Finanzierungshemmnisse aufgrund des fehlenden Geschäftsmodells. Es gibt also gute Gründe dafür, sich näher mit dezentralen Hausenergiespeichern zu beschäftigen.
Keine Netzbelastung durch speichergestützten Eigenverbrauch
Die heute verfügbaren Systeme legen den Schwerpunkt auf die Erhöhung des Eigenverbrauchsanteils, was aus zwei Gründen sinnvoll ist: Der Eigenverbrauch von Solarstrom ...
- reduziert nicht nur die effektive Einspeiseleistung und entlastet damit das Verteilnetz, sondern
- hat durch steigende Bezugsstrompreise einen immer größeren Anteil am wirtschaftlichen Ertrag der PV-Anlage.
Und mit der geplanten Vergütungsabsenkung und der Begrenzung der EEG-Vergütung auf 80 Prozent der erzeugten Kilowattstunden wird der Eigenverbrauch sogar noch wichtiger für die Rentabilität.
Mit intelligenten Energiemanagement- und Speichersystemen lässt sich die Eigenverbrauchsquote tatsächlich deutlich steigern - seit einiger Zeit kursiert jedoch die Befürchtung, dass eine Eigenverbrauchserhöhung mit Speichern das Netz zusätzlich belasten könnte. Die Argumentation: Da sich aus Gründen der Wirtschaftlichkeit auf dem Markt eine eher geringe Speicherkapazität durchsetzen wird, wären die meisten dieser Speicher unter guten Einstrahlungsbedingungen bereits vor dem Erreichen des mittäglichen Erzeugungsmaximums vollständig geladen. In diesem Moment würde die Leistung dieser Anlagen mehr oder weniger abrupt ins Netz abgegeben, das dadurch einen plötzlichen Leistungszuwachs verkraften müsste.
Dieses Problemszenario lässt jedoch wichtige Aspekte außer Acht: Neben der räumlichen Verteilung der Anlagen (unterschiedliche Längengrade der Standorte sowie gegebenenfalls unterschiedliche Wetterverhältnisse) wirken auch unterschiedliche Generatorausrichtungen, Speichergrößen und Anlagenleistungen dem angenommenen Gleichzeitigkeitseffekt entgegen. Ein anderer, bislang nicht berücksichtigter Punkt betrifft die Ladekennlinie typischer Speichersysteme. Denn zumindest bei den heute gängigen Typen springt der Ladestrom keinesfalls plötzlich auf null, wenn die Batterie vollgeladen ist. Stattdessen sorgt der Ladealgorithmus für eine vergleichsweise sanfte Abregelung des Ladestroms. Im Gegensatz zur PV-Erzeugung ist die Lade- oder Entladeleistung auch jederzeit kontrollierbar, so dass Leistungssprünge leicht vermieden werden können. Gegen Leistungssprünge in der befürchteten Größenordnung spricht auch die Tatsache, dass für die Eigenverbrauchserhöhung eine vergleichsweise geringe Speicherleistung am wirtschaftlichsten ist – nicht zuletzt wegen dem leistungsabhängigen Batteriewirkungsgrad. In der Regel wird daher selbst ein mittags bei Sonnenschein abrupt endender Ladevorgang keinen Leistungssprung in Höhe der maximalen PV-Leistung verursachen - das Ein- und Ausschalten größerer Verbraucher im Haushalt hat meist deutliche stärkere Auswirkungen.
SMA Feldtest bestätigt Netzentlastung
Bestätigt wird diese Einschätzung auch durch einen Feldtest von SMA, in dem die Betriebsdaten von zehn PV-Anlagen mit netzgekoppelten Speichern über zwölf Monate erfasst wurden. Da sich die Wirkung des Speichersystems einfach herausrechnen lässt, stehen auch die entsprechenden Vergleichswerte zur Verfügung. Das Ergebnis: Bei keiner Anlage und an keinem einzigen Tag zeigen die aufgezeichneten Leistungsdaten eine höhere, vom Speicher verursachte Dynamik in der Netzaustauschleistung, im Gegenteil. Bei gleichbleibenden Maximalwerten sind die mittleren Änderungsraten der Netzaustauschleistung in allen Fällen deutlich gesunken. Beim System mit der kleinsten PV-Peakleistung verringerte sie sich um rund 26 Prozent - wohlgemerkt trotz der auf Eigenverbrauchsmaximierung ausgelegten Betriebsführung der Speicher. Abb. 2 und Abb. 3 zeigen beispielhaft die Erzeugungs- und Verbrauchsdaten eines Vierpersonen-Testhaushalts mit einer 5,6 kWp-Anlage - zunächst ohne und dann mit Speichersystem.
Abgesehen von der deutlich verringerten Einspeisung aufgrund der Solarstrom-Zwischenspeicherung ist gut zu erkennen, dass die größten Schwankungen in der Netzaustauschleistung hauptsächlich durch die Aktivierung leistungsstarker Verbraucher verursacht werden und keineswegs durch das 2,2 kW Speichersystem. Dennoch nimmt die Dynamik der Netzaustauschleistung insgesamt ab, was sich ja auch in den erwähnten Jahresmittelwerten widerspiegelt.
Zusätzliche Netzentlastung durch intelligente Speicher
Mit einer Betriebsführung, die den Schwerpunkt ganz bewusst auf die Netzentlastung legt, lässt sich dieser positive Effekt aber noch deutlich steigern. Denkbar ist zum Beispiel eine Orientierung an der Funktionsweise des so genannten „Peak Shaving“: Erzeugungsspitzen, die nicht zeitgleich von entsprechenden Lasten ausgeglichen werden, nimmt das Speichersystem auf, so dass eine definierte Einspeiseleistung nicht überschritten wird. Im umgekehrten Fall begrenzt der Speicher den Leistungsbezug aus dem Netz, indem er gegebenenfalls zusätzliche Leistung zur Verfügung stellt. Abb. 4 zeigt diese Betriebsweise auf Basis der realen Erzeugungs- und Verbrauchswerte aus dem SMA Feldtest. Die Batterie wird jetzt erst beim Überschreiten von 1,9 kW Einspeiseleistung geladen und kann dafür über den gesamten Erzeugungszeitraum Erzeugungsspitzen zwischenspeichern. Bei identischer Eigenverbrauchssteigerung gegenüber dem herkömmlichen Speichersystem sorgt diese einfache Zusatzregel für eine deutlich reduzierte Dynamik der Netzaustauschleistung und wesentlich kleinere Maximalwerte.
Die Grafik verdeutlicht das enorme Entlastungspotenzial von intelligenten, lokalen Speichersystemen. Voraussetzung ist jedoch eine zuverlässige PV-Erzeugungsprognose, damit die Batterie auch bei einem unregelmäßigen Einstrahlungsverlauf vollständig geladen werden kann.
Fast ebenso bedeutsam sind jedoch Informationen über das zu erwartende Lastprofil des Haushalts und die zeitlich genaue Erfassung der Verbrauchsleistung. Denn jeder zeitgleich zur PV-Erzeugung stattfindende Verbrauch reduziert die Netzaustauschleistung und damit auch den Speicherbedarf. Und die hohe zeitliche Auflösung der Leistungsmessung ist entscheidend für die Ausregelung von schnell taktenden Verbrauchern wie etwa Elektroherden. Die Ideallösung ist daher ein Speicher als Bestandteil eines intelligenten, lokalen Energiemanagement-Systems wie zum Beispiel dem Sunny Home Manager von SMA: Neben einer Erzeugungs- und Lastprognose kann das Gerät mit drei S0- und D0-Zählerschnittstellen alle relevanten Energieflüsse im Haushalt erfassen. Zusätzlich verfügt es über die Möglichkeit, den Betriebszeitpunkt einzelner Stromverbraucher automatisch und bedarfsgerecht zu steuern. Auf Basis eines solchen umfassenden Energiemanagement-Systems können Speicher erheblich zur Netzentlastung beitragen und gleichzeitig den Eigenverbrauchsanteil, die Autarkie und die Versorgungssicherheit erhöhen.
Erläuterung der Diagramme
- Der Energieverbrauch im Haus entspricht der Summe aus der grauen und grünen Fläche (Netzbezug + Eigenverbrauch)
- Die graue Fläche entspricht auch der von der positiven Netzaustauschleistung begrenzten Fläche
- Die blaue Fläche entspricht der ins Netz gespeisten Energie und gleichzeitig der von der negativen Netzaustauschleistung begrenzten Fläche
- Die gelbe und die orange Fläche entsprechen der ein- und ausgespeicherten Energiemenge
Lesebeispiel zu Abb. 4:
Zwischen 9 und 10 Uhr liegt die Erzeugungsleistung bei rund 3 kW, die Eigenverbrauchsleistung nur bei etwa 700 W. Die wachsende Differenz nimmt das Speichersystem auf (gelbe Fläche), so dass die Netzeinspeisung (rote Kurve) den Grenzwert von 1,9 kW nicht überschreitet.
Nach 10 Uhr übersteigt der Bedarf die PV-Erzeugung, die daher vollständig selbst verbraucht wird (grüne Fläche). Die zusätzlich benötigte Energie kommt nicht aus dem Netz, sondern aus dem Speicher (orange Fläche), so dass die Netzaustauschleistung null ist.
Nur zwischen 11:30 und 14 Uhr überschreitet die Einspeiseleistung die Grenze von 1,9 kW, da die Maximalleistung des Speichersystems von 2,2 kW die Differenz aus Erzeugung und Verbrauch nicht vollständig ausgleichen kann. Ab 14 Uhr steigt der Verbrauch wieder deutlich an, so dass die Einspeiseleistung auch ohne Speicherbetrieb unterhalb von 1,9 kW bleibt.
Die gegen 8 Uhr und 17 Uhr sichtbaren „grauen Spitzen“ in der Verbrauchsleistung entstehen dadurch, dass hier die Summe aus Eigenverbrauch und maximaler Speicherleistung überschritten wird. Der verbleibende Rest wird daher aus dem Netz bezogen, was man auch an den positiven Ausschlägen der Netzaustauschleistung ablesen kann.
Weitere Informationen zu dezentralen Batteriespeichern können per E-Mail an SMA angefordert werden.
siehe auch für zusätzliche Informationen:
- SMA Solar Technology AG
- gesammelte Intersolar-Berichte
- Intersolar
- SolardachCheck und weitere EnergieSparRatgeber: StromCheck express
- Förderratgeber von co2online
- Fördermitteldatenbank von fe.bis
- Branchenzahlen 2023: Die Speicherbranche ist im vollen Schwung (3.4.2023)
- 100.000 Solarstromspeicher helfen der Energiewende (30.8.2018)
- Förderprogramm für Solarstromspeicher ab Mai 2013 (22.4.2013)
- SMA kooperiert mit Stiebel Eltron sowie Vaillant für eine effizientere PV-Eigennutzung (3.4.2013)
- Solarstudie zu Stromspeichersystemen vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (28.1.2013)
- weitere Details...
ausgewählte weitere Meldungen:
- Schüco startet Verkauf seines Solarstrom speichernden Energiemanagers (19.6.2012)
- IBC Solar erweitert Lithium-Ionen- und Blei-Gel-Speicher-Portfolio (18.6.2012)
- Modular aufgebauter Solarkauf-Energiespeicher powered by VARTA Storage (18.6.2012)
- Lithium-Eisenphosphat-Solarstromspeicher von Juwi ab 9.900 Euro (18.6.2012)
- 5 kWh Solarstromspeicher von HaWi für unter 10.000 Euro (18.6.2012)
- Kyocera kombiniert Photovotaik mit Stromspeichern und Brennstoffzelle (18.6.2012)
- Schüco vernetzt PV mit Wärmepumpe fürs Heizen und Kühlen (18.6.2012)
- „Energiewendehaus“ mit 80% Selbstversorgung für 1.090 Euro/m² (17.6.2012)
- Solarenergie erreicht Meilensteine zur Wettbewerbsfähigkeit (17.6.2012)
- Stromspeichertechnologien auf der Intersolar Europe 2012 (28.5.2012)
- Studie: Selbstversorgung mit Solarstrom und Solarwärme bietet wachsendes Sparpotenzial (6.5.2012)
- Studie: Wärmepumpen sind zum Ausgleich von volatilem Windstrom geeignet (6.12.2011)
- Stiebel Eltron-Wärmepumpen als erste Virtual Heat and Power-Ready (6.12.2011)
siehe zudem:
- Solarstromspeicher und Photovoltaik auf Baulinks
- Literatur / Bücher zum Thema Gebäudeautomation, Elektroinstallation bei Amazon