Veränderungssperre: Ein scharfes Schert gegen unliebsame Projekte
- von Rechtsanwalt Matthias M. Möller-Meinecke, Fachanwalt für Verwaltungsrecht
(8.2.2009) Mit Urteil vom 3. Februar 2009 hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof die Klage der Firma NCS Nuclear Cargo & Service GmbH auf Erteilung einer Baugenehmigung für den Umbau und die Umnutzung eines Gebäudes als Zwischenlager für radioaktive Abfälle in Hanau-Wolfgang abgewiesen.
Der Fall: Die Klägerin ist ein weltweit tätiges Logistikunternehmen, das auf den Transport radioaktiver Stoffe spezialisiert ist. Sie ist Eigentümerin eines Grundstücks in Hanau-Wolfgang, das zuvor der Firma NUKEM GmbH gehörte. Das Grundstück liegt im räumlichen Geltungsbereich des Bebauungsplans 1102 der Stadt Hanau, der das teilweise bebaute Gebiet als Industriegebiet ausweist. Am 27. April 2006 stellte die Klägerin einen Bauantrag für den Umbau und die Umnutzung eines Gebäudes auf ihrem Grundstück als Zwischenlager für radioaktive Abfälle. Während des noch laufenden Baugenehmigungsverfahrens beschloss die Stadt Hanau, den Bebauungsplan zu ändern. Gleichzeitig beschloss die Stadt eine Veränderungssperre für das Plangebiet. Mit Bescheid vom 7. September 2006 lehnte die Baugenehmigungsbehörde der Stadt die Erteilung der Baugenehmigung ab und berief sich zur Begründung auf eine beschlossene Veränderungssperre.
Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main gab der Klage mit Urteil vom 14. November 2007 statt und verpflichtete die Stadt Hanau, der Klägerin die beantragte Baugenehmigung zu erteilen.
Die Entscheidung des VGH Kassel
Auf die Berufung der Stadt Hanau hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof diese Entscheidung aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts steht der Erteilung einer Baugenehmigung die aktuell maßgebliche Veränderungssperre der Stadt Hanau vom 15. Dezember 2008 mit dem ihr zugrunde liegenden Aufstellungsbeschluss für das Gebiet "Nord-Ost/Technologiepark" entgegen, die im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung wirksam sei.
Dieser Veränderungssperre könne nicht entgegen gehalten werden, es handele sich um eine unzulässige sog. Verhinderungsplanung. Denn die Stadt habe in der Begründung zu der Veränderungssperre und zu dem geänderten Aufstellungsbeschlusses für die zukünftige Bauplanung ihre planerischen Erwägungen dargelegt und deutlich gemacht, wie sie gedenke das Plangebiet, bei dem es sich nach Aufgabe der Brennelemente Produktion um ein in Konversion befindliches Industriegebiet handele, neu zu gliedern und zu strukturieren und wie sie die Erschließung dort regeln will. Dies genügt nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes den Anforderungen, die die Rechtsprechung an den Erlass einer Veränderungssperre stellt.
Die Revision gegen das Urteil wurde nicht zugelassen. Gegen die Nichtzulassung der Revision ist die Beschwerde möglich, über die das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zu entscheiden hätte (VGH Kassel Aktenzeichen: 3 A 1207/08).
Wirkung für die Praxis
Das Urteil stärkt die Städte und Gemeinden mit ihren bauplanungsrechtlichen Instrumenten der Veränderungssperre und der Zurückstellung von Baugesuchen gegenüber der Genehmigung von Projekten, die mit der städtebaulichen Planungskonzeption nicht übereinstimmen.
Dabei kann diese Konzeption auch noch nach Eingang des Bauantrages bei der Kommune entwickelt werden.
siehe auch für weitere Informationen:
- Rechtsanwalt Matthias M. Möller-Meinecke, Fachanwalt für Verwaltungsrecht
- Hessischer Verwaltungsgerichtshof
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