"Schrottimmobilien": Grund zur Hoffnung
- EuGH-Generalanwalt gibt geschädigten Verbrauchern in wichtigen Fragen Recht
(9.6.2005) Positiv bewertet der Verbraucherzentrale Bundesverband die veröffentlichten Schlussanträge des Generalanwaltes des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zu mehreren Verfahren von Geschädigten sogenannter Schrottimmobilien. "Die Anträge geben Grund zur Hoffnung, dass viele Betroffene doch noch zu ihrem Recht kommen, weil die deutschen Gerichte Haustür-Widerrufsrechte vorbehaltlos anerkennen müssen", so Manfred Westphal, Leiter des Fachbereichs Finanzdienstleistungen im vzbv. Zudem könne sich die Höhe der Rückzahlungen deutlich reduzieren, wenn der EuGH das Plädoyer des Generalanwaltes bestätigt.
Laut dessen Meinung berechtigt jede Haustürsituation zum Widerruf. So sei das Widerrufsrecht auch dann nicht eingeschränkt, wenn die Kreditinstitute nicht direkt in die Haustürsituation verwickelt waren. Zudem hält der Generalanwalt es für nicht zulässig, wenn der Kreditgeber, der seiner Pflicht zur Belehrung nicht nachgekommen ist, vom Verbraucher auch noch Zinsen verlangen darf. "Wenn der EuGH dieser Einschätzung folgt, reduziert das die Rückzahlungslast der Betroffenen deutlich", so Manfred Westphal. Unabhängig davon hält es der vzbv nach wie vor für die gerechteste Lösung, wenn die geschädigten Verbraucher - anstatt das Darlehen zurückzuzahlen - die Immobilie zurückgeben können. Hierfür hatte auch die EU-Kommission in ihrer Stellungnahme zum Verfahren plädiert. Fraglich ist aber, ob der EuGH so entscheiden wird.
Der Verbraucherzentrale Bundesverband erhofft sich vom anstehenden Urteil des EuGH ein Umdenken der deutschen Rechtsprechung. "Die Schlussanträge des Generalanwalts stellen vor allem dem XI. Senat des Bundesgerichtshofes ein schlechtes Zeugnis aus, der sich in einigen Urteilen über europäisches Recht hinweggesetzt hat", so Westphal.
Das endgültige Urteil des EuGH steht noch aus.
zur Erinnerung: Mehrere hunderttausend Verbraucher waren in der Vergangenheit auf Anlagemodelle hereingefallen, die einen sich durch Miete und Steuervorteile selbst finanzierenden Immobilienerwerb versprachen. Die problemlose und uneingeschränkte Finanzierung dieser Verträge durch namhafte Banken und Bausparkassen wog die Betroffenen in falsche Sicherheit. Meist erfolgte die Kontaktaufnahme zudem in einer haustürähnlichen Situation. 2001 hatte der EuGH Geschädigten dieser Modelle bereits ausdrücklich ein Widerrufsrecht nach der Haustürgeschäfterichtlinie zugesprochen. So war das Widerrufsrecht auch nach vielen Jahren noch nicht erloschen.
Ungeklärt blieb jedoch die Frage, unter welchen Voraussetzungen der Bank die Haustürsituation zuzurechnen ist. So verlangten deutsche Gerichte, dass die Haustürsituation dem Kreditgeber auch bekannt und zurechenbar gewesen sein muss, um Ansprüche geltend machen zu können. Da der Vertrieb aber über Dritte erfolgte, wurde den meisten Geschädigten bisher eine Rückabwicklung des Darlehensertrages verweigert.
Bemerkenswert waren in diesem Zusammenhang die unterschiedlichen Urteile des Bundesgerichtshofs. So hatte der XI. Senat des Bundesgerichtshofes in der Vergangenheit zahlreichen Betroffenen das Recht auf Widerruf eines Immobilienkaufs entgegen dem europäischen Recht verweigert, der II. Senat Anlegern jedoch in ähnlich gelagerten Fällen mit Bezug auf europäisches Recht in jeder Hinsicht Recht gegeben.
siehe auch:
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