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Dachziegelindustrie mit leichtem Rückenwind

(25.5.2004) Die Dachziegelindustrie in Deutschland verspürt wieder "leichten Rückenwind": Erstmals konnte die mittelständische Branche mit rund 5.000 Mitarbeitern in 2003 einen Umsatzzuwachs von 2,5% einfahren und damit die Talsohle verlassen. Wie Horst Walther, Vorstandsvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Ziegeldach e.V., Bonn, vor Journalisten in München mitteilte, wurden laut Statistischem Bundesamt insgesamt 792,3 Mio Stück Dachziegel produziert, ausreichend zur Eindeckung von 264.000 normaler Einfamilienhäuser. Diese produzierte Dachziegelmenge entspricht einem Produktionswert von 685,5 Mio € (i.V. 669,1 Mio €). In der Statistik unberücksichtigt blieb nach seinen Informationen allerdings der in den Werken stattgefundene erhebliche Lagerabbau zwischen 25 bis 30%, gemessen an der Gesamtlagermenge, der einer verantwortlichen Kapazitätsbereinigung gleichkomme. Der tatsächliche Absatz 2003 dürfte deshalb gegenüber dem Vorjahr "mit vier bis sechs Prozent noch deutlicher im positiven Bereich liegen". Hauptabsatzgebiete waren erneut der Sanierungsmarkt und der weiter gestiegene Export in der Größenordnung von 134 Mio Stück. Im Neubau hat auch der Dachziegel vor allem in Regionen Bayerns und Baden-Württembergs von der Diskussion um die Eigenheimzulage profitiert.

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Dachziegelproduktion 1996 bis 2003

Bei einem Marktvolumen von etwa 102 Mio Quadratmetern für geneigte Dachflächen konnte der Dachziegel in 2003 erneut einen leichten Zugewinn verbuchen und erreichte einen Marktanteil von 44%. Betondachsteine repräsentieren 31%. Ca. 25% verteilen sich auf die übrigen Dachdeckungsmaterialien. Den größten Teil der Dachziegelproduktion stellten traditionell Pressdachziegel mit einem Volumen von 553,3 Mio Stück und einem Produktionswert von 413,3 Mio € (i.V. 403,6 Mio €). Biberschwanzziegel trugen mit einer Produktionsmenge von 177,7 Mio Stück und einem Produktionswert von 46,4 Mio € zum Ergebnis bei (i.V. 48,1 Mio €). Die Fertigung von Sonderprodukten und Zubehör erhöhte sich auf 55,5 Mio Stück; dies entspricht einem Produktionswert von 219,8 Mio € (i.V. 211 Mio €).


veränderte Definition der "gesamt geneigten Dachfläche": ab 7° Neigungswinkel, Neubau und Bauen im Bestand

Wie Horst Walther in München erläuterte, erwies sich die Bestandssanierung mit etwa 70% Lieferanteil erneut als wichtigstes Standbein der Branche. Damit sind die Hersteller weit weniger abhängig vom rezessiven Neubau als ein Großteil der Bauwirtschaft. Die Dachziegelwerke haben diese Chance erkannt und sich auf den auch künftig weiter wachsenden Sanierungsmarkt mit ausgewogenem hochwertigem Sortiment sowie moderater Preispolitik eingestellt. Zu Recht: Denn das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung DIW sieht den Anteil der Bestandsmaßnahmen mittlerweile bei über 63% am gesamten Wohnungsbauvolumen. "Gleichwohl muss es besser als bisher gelingen", so der Vorstandsvorsitzende, "Hausbesitzer zur zeitnahen Sanierung oder Wohnraumerweiterung zu animieren, um im Kontext mit politischen Rahmenbedingungen und finanzieller Förderung eine schnellere Auflösung des Sanierungsstaus zu erreichen." Als weitgehend unabhängig von Förderprogrammen gelte die Entscheidung zur Neueindeckung im Ein- und Zweifamilienhausbau. Ausschlaggebend hier sei eine schlechte Optik, "verstärkt durch nachbarlichen Zugzwang".

Erneut expandierender Export

Als "äußerst erfreulich" bewertete er die erneut positive Entwicklung im Export. Nach interner Statistik legte der Außenmarkt um etwa ein Drittel auf ca. 134 Mio Stück zu. Damit betrug der Exportanteil in 2003 fast 17% an der Gesamtproduktionsmenge. Hauptabsatzländer waren Dänemark, Polen, Österreich und die Benelux-Länder. Im Gegensatz dazu steht der Import - vorwiegend aus Polen, Tschechische Republik und Benelux. Als besonders begehrt im europäischen Ausland erwiesen sich Großflächenziegel, die gute Qualität mit einem auf die Fläche bezogenen günstigeren Preis verbinden. Wie der Vorsitzende erläuterte, besitze der Export auch eine strategische Ventilfunktion für auf deutschen Märkten nicht absetzbare Mengen. Selbst bei nicht optimaler Preissituation in den Nachbarländern liege der wirtschaftliche Vorteil für deutsche Unternehmen darin, schon heute den Markt von morgen aufzubereiten, um bei steigendem Wohlstand und höherem Preisniveau vor Ort eingeführt zu sein.

Auswirkungen der EU-Erweiterung auf den deutschen Dachziegelmarkt erwartet die Branche nicht. Schon vor dem 1. Mai waren die Länder mit der EU - zollfrei - assoziiert. Unterschiedliche Zulassungen, Prüfungen etc. werden auch nach dem Beitritt Bestand haben. In den größten Märkten - Polen, Tschechien, Ungarn und Österreich - produzieren bereits eigene Dachziegelwerke. Somit kann die Nachfrage im wesentlichen mit einheimischen Produkten bedient werden. Dennoch besteht mittel- und langfristig die Chance, dass sich in den neuen EU-Ländern auch hochwertiges Material aus Deutschland in zunehmendem Maße durchsetzen kann.

Hohes Niveau in Technik, Produktqualität und Vertriebsstärke

Ihren Qualitätsanspruch als Marktführer bei Dachbedeckungsmaterialien in Deutschland beweist die Dachziegelindustrie nach Auffassung des Vorsitzenden "durch ein hohes Niveau an technischer Innovation, Produktqualität und Vertriebsstärke". Davon zeuge die immer größere Auswahl an Formen, Farben und dezent veredelten Oberflächen. Dies demonstriert auch der in den Werken erheblich aufgestockte Außendienst und das ausgefeilte Ausstellungsprogramm zur Fachmesse Dach + Wand mit Bewährtem und Innovativem. Auffallend farbig glasierte Dächer scheinen auf dem Rückzug zu sein. Dagegen beginne sich der mediterrane Trend aus Südeuropa auch auf deutschen Dächern zu etablieren. Eine "Schlüsselfunktion mit Zukunft" im deutschen Markt attestierte Horst Walther verlegefreundlichen Großflächenziegeln - vor allem bei Wohnungsbauunternehmen und Fertighausherstellern. Sie könnten als wirtschaftliche Alternative in Bereiche hineinwachsen, die vom Dachziegel bislang nicht besetzt waren. Klassische Fertigbauer nutzen beispielsweise verstärkt das keramische Dach als Verkaufsargument und entscheiden sich aus optischen Gründen für Großflächenziegel.

Das laufende Geschäftsjahr sieht der Vorstandsvorsitzende mit zurückhaltendem Optimismus. Ein Erfolg wäre es bereits, das Vorjahresniveau halten zu können. Denn immer noch habe man mit hartem Wettbewerb aufgrund zu großer Kapazitäten zu kämpfen, wenngleich sich vielerorts Stabilisierung abzeichne. "Mit dem Wachstumsmarkt Bestandssanierung, dem weiter florierenden Export und den erwarteten Auswirkungen der erneut verhandelten Eigenheimzulage wird der Dachziegel seine führende Position im Markt auch in 2004 kräftigen und ausbauen können", so Walther.

Niedriges Zinsniveau - gesunkene Baukosten - Bauen jetzt

Manfred Roth, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Ziegeldach, appellierte allerdings an potentielle Bauherren, über der berechtigten Sorge um die Eigenheimzulage nicht die positiven Auswirkungen der derzeit extrem niedrigen Zinssituation zu vergessen, sondern diese zu nutzen. Ein Darlehen über 200.000 €, für das Anfang der 90er Jahre mindestens 1.700 € pro Jahr zu zahlen waren, gibt es heute bereits für weniger als 900 € pro Jahr. Umgerechnet sei dies von der Eigenheimzulage nicht zu leisten. Hinzu kommt: Nach Informationen des Fach- und Qualitätsverbands für Massivhäuser sind die Kosten pro m² Neubauwohnfläche binnen sieben Jahren im Schnitt um 8,7% gesunken - als Folge der Baukrise und des technischen Fortschritts. In den USA liegen die Baukosten mittlerweile rund 25%, in Schweden und der Schweiz ca. 55-60% höher als in Deutschland. "Viele Gründe, den Traum vom Eigenheim jetzt anzugehen."

Als Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Ziegelindustrie kritisierte Roth die politische Handhabung des Emissionshandels. In der Öffentlichkeit sei vielerorts der Eindruck erweckt worden, dass sich die Industrie generell gegen neue Produktionstechniken wende, die weniger CO₂ emittierten. "Die deutsche Ziegelindustrie ist seit Jahren in Umweltstandards führend. Bester Beweis: 80% der weltweit installierten Rauchgasreinigungsanlagen arbeiten in deutschen Ziegelwerken", betonte Roth.

Aufklärung, fundierte Beiträge zur Fort- und Ausbildung

Noch mehr Aufklärung sowie fundierte Beiträge zu Fort- und Ausbildung von Architekten und Dachhandwerk hat sich die Arbeitsgemeinschaft Ziegedach für 2004 auf die Fahnen geschrieben. Heinz Zanger, Technischer Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft, bemängelte, dass in der aktuellen Architektenausbildung dem geneigten Ziegeldach kaum Bedeutung zukomme. Nur wenige spezialisierte Architekten könnten daher die sehr komplexen Bauaufgaben im Wachstumsmarkt "Bauen im Bestand" bewältigen. Fachveranstaltungen in Zusammenarbeit mit Hochschulen, Hochschulwettbewerbe und Diplom-Stipendien sollen dieser Entwicklung entgegenwirken. Erste Veranstaltungen in Kooperation mit unterschiedlichen Lehrstühlen wurden bereits durchgeführt. Als erfolgreiches Instrument habe sich auch die Lehr- und Lernmittel-CD erwiesen, deren zweite Auflage - ergänzt um weitere Sachgebiete - derzeit in Vorbereitung sei. Für die Zielgruppe Planer und Endverbraucher realisierte die Arbeitsgemeinschaft gleichfalls Informations- und Beratungshilfen in Form auflagenstarker Folder, u.a. zu den aktuellen Themen "Asbest-Dachsanierung", "Grünbildung auf geneigten Ziegeldächern" sowie "Hinterlüfteter Wandbehang aus Ziegeln".

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