Japan und Deutschland wollen gemeinsame Standards für Smart Cities setzen
(7.4.2013) Deutschland und Japan intensivieren ihre Kooperation im Bereich Normung für Smart Cities. Die Bereitschaft zu dieser Zusammenarbeit wird einerseits durch die jahrzehntelangen intensiven Handelsbeziehungen, andererseits durch ähnliche Problemstellungen in beiden Ländern getragen. „Japan hat durch das Erdbeben und den nachfolgenden Tsunami gerade bei der Stromversorgung schwere Beeinträchtigungen bei den Stromnetzen hinnehmen müssen, zudem wurden in Folge der Naturkatastrophe alle Atomkraftwerke vom Netz genommen. Deutschlands Netzinfrastruktur für den Transport und die Verteilung von Elektrizität ist zwar intakt, muss aber durch den Verzicht auf Atomenergie und den rasanten Ausbau der regenerativen Energiequellen komplett überarbeitet werden - deshalb ist die Lage in beiden Ländern ähnlich“, konstatiert Michael Teigeler, Mitglied der Geschäftsführung der VDE-Normungsorganisation DKE. Zudem müssen bestehende deutsche und japanische Städte behutsam und im Einklang mit vorhandenen Strukturen fortentwickelt werden, im Gegensatz zu China und den Golfstaaten, die komplett neue Städte vom Reißbrett planen und umsetzen - auch das eine wichtige Gemeinsamkeit bei der Realisierung von Smart Cities.
Energiewende und alternde Bevölkerung: Japan will von Deutschland lernen
Japan will die Erfahrungen nutzen, die Deutschland gerade mit der Energiewende macht. Mit seinen 200 Millionen Einwohnern setzt das Land zunehmend auf Photovoltaik und Windkraft; vergleichbar mit Deutschland verfügt es im Bereich Energie über wenig eigene Rohstoffe. Beide Länder müssen die Probleme einer alternden Bevölkerung bewältigen. Die Anstrengungen hier, kurz beschrieben unter Ambient Assisted Living (AAL), wurden insbesondere vom VDE vorangebracht und bieten Japan eine gute Grundlage für eine entsprechende eigene Entwicklung - siehe auch Baulinks-Beitrag „Positionspapier zum Ambient Assisted Living“ vom 10.4.2010.
Übereinstimmung gibt es auch beim Thema Sicherheit - sowohl im Sinne von Ausfall- und Funktionssicherheit als auch im Sinne einer Gefahrenabwehr gegen Eingriffe von außen. So ist ein Erfolg der Smart Cities nur möglich, wenn die Akzeptanz der Bevölkerung vorhanden ist. Diese ist aber nur erreichbar, wenn sich eine durchgängige Sicherheit in den Versorgungsnetzen, aber auch bei der Interoperabilität von Geräten und Systemen realisieren lässt.
„Jetzt wollen wir die strategischen Allianzen mit Japan in konkrete Normungsprojekte gießen“, betont Thomas Sentko, Normungsexperte im VDE. Partner für die Fachleute von VDE|DKE sind Vertreter des Japanese Industrial Standards Committee (JISC), das die zentrale Rolle bei den Standardisierungsaktivitäten in Japan spielt. „Dabei wollen wir mit einer System Evaluation Group ein brandneues Werkzeug der IEC nutzen“, so Sentko. Diese Gruppe soll die notwendigen Maßnahmen eruieren und die Arbeit eines System-Komitees vorbereiten. In Vorbereitung dieser Aktivitäten wurde im Februar 2013 eine gemeinsame deutsch-japanische Expertengruppe zum Thema Smart City eingerichtet.
Die „Intelligenz“ von Smart Cities soll messbar und skalierbar werden
Smart Cities sind ausgesprochen komplexe Gebilde, die die Bündelung verschiedenster Gewerke notwendig machen. Im Einzelnen zählen dazu ...
- Kommunikations- und Energietechnik,
- Verkehrstechnik und Transport,
- Wasser- und Abwasserversorgung,
- Safety und Security,
- Automatisierung und Gebäudetechnik
- sowie Nachhaltigkeit und Umwelttechnik.
„All diese 'Zutaten' zu beherrschen, wird eine echte Herausforderung“, betont Teigeler. In der Normung werden insbesondere Kriterien benötigt, um die Smart City messbar und skalierbar zu machen. „Dabei wollen wir aber Tendenzen entgegenwirken, die vor allem aus dem angelsächsischen Raum kommen und die derartige Bewertungsgrundlagen über Berater und Zertifizierungsgesellschaften etablieren wollen“, erklärt Sentko.
Vorschlag für Roadmap
Die Akteure aus Japan und Deutschland haben einen endgültigen Vorschlag für eine Roadmap zur Evaluation Group inzwischen beim Standardisation Management Board (SMB) der IEC eingereicht, über den im Juni entschieden werden wird. Derweil arbeiten die Partner bereits an Energiespeichern. Dabei geht es um die gesamte Palette der Speicherungsmöglichkeiten - von großtechnischen Varianten wie Pumpspeicherkraftwerken bis hin zu kleinen Batteriesystemen für einzelne Haushalte. Eine weitere Möglichkeit zur Vertiefung der deutsch-japanischen Zusammenarbeit im Themenfeld Smart Cities ergibt sich noch im Laufe des Jahres 2013: Am 24. und 25. September richtet der VDE in Berlin das World Smart Grid Forum aus. Dabei werden Smart Cities, ihre Randbedingungen und ihre Auswirkungen einen breiten Raum einnehmen.
siehe auch für zusätzliche Informationen:
- VDE Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V.
- DKE Deutsche Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik im DIN und VDE
- JISC Japanese Industrial Standards Committee
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- „Green Economy“ zunehmend relevant (2.12.2012)
- Morgenstadt: Impulse für eine lebenswerte Stadt der Zukunft (19.4.2012)
siehe zudem:
- Stadtplanung, Stromspeicher, öffentliche Hand sowie nachhaltiges Bauen im Architektur-Magazin auf Baulinks
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