Korruptionsvermeidung - wirklich ein Herzensangelegenheit der Öffentlichen Auftraggeber?
(1.11.2002) Wollen öffentliche Auftraggeber Korruption wirklich verhindern oder sind entsprechende Absichtserklärungen reine Lippenbekenntnisse? Diese Frage führte beim diesjährigen "Baurechtstreff" der Deutschen Gesellschaft für Baurecht e.V. am 24.10. in Wiesbaden zu kontroversen Diskussionen. So referierte der nordrhein-westfälische Finanzstaatssekretär Dr. Harald Noack referierte zum Thema "Öffentliche Auftragsvergabe - Instrumente für Wirtschaftlichkeit und gegen Korruption"; es gelang ihm jedoch nicht, deutlich zu machen, wie die in NRW gelockerte Pflicht zur Anwendung der Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB) mit dem ernsthaften Willen, Korruption zu verhindern, in Einklang zu bringen sei. Die fachkundigen Zuhörer waren sich einig: Die strikte Anwendung der VOB ist als Mittel der Korruptionsbekämpfung unabdingbar: "Die VOB bietet ein umfassendes und effektives Instrumentarium zur Korruptionsbekämpfung", so der Tenor der Diskussion.
Reinhard Wilke, Richter am Oberverwaltungsgericht Schleswig, ergänzte die Debatte um eine weitere Facette: "Öffentliche Auftraggeber entziehen sich durch das Ausweichen in privatrechtliche Gesellschaftsformen immer öfter dem öffentlichen Vergaberecht". Damit werde, so Wilke, die Durchsetzung von nachvollziehbaren und transparenten Verfahren schwieriger. Als Beispiel verwies er auf die vielgepriesenen "Public Private Partnerships", also die Kooperation zwischen öffentlicher Hand und privaten Unternehmen zur Finanzierung öffentlicher Bauvorhaben: Diese Konstellation müsse eben noch unter Beweis stellen, dass Transparenz und fairer Wettbewerb damit vereinbar seien. Auf die Gerichte komme allemal eine Fülle von klärungsbedürftigen Fragen zu.
Das Thema "Public Private Partnerships" nahm breiten Raum im Programm des Baurechtstreffs ein. Die Beiträge aus Deutschland, Großbritannien und aus Österreich verdeutlichten außerdem, dass man in Deutschland im Gegensatz zu anderen europäischen Nationen noch am Anfang der Diskussion steht. Alle Teilnehmer zeigten sich jedoch überzeugt davon, dass unter dem Druck leerer staatlicher Kassen etwa beim Bau von Autobahnen, Schulen, Gefängnissen bald auch in Deutschland verstärkt solche Finanzierungswege beschritten werden müssten.
Einen weiteren Schwerpunkt des Treffens bildeten Beiträge zum Stand der deutschen und europäischen Planungen auf dem Gebiet des Vergaberechts: Ministerialrat Dr. Rüdiger Kratzenberg aus dem Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen berichtete über die Entwicklungstendenzen des Deutschen Vergaberechts, und Rechtsanwalt Ulrich Paetzold, Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Europäischen Bauwirtschaft in Brüssel, informierte über die neuen Europäischen Vergaberichtlinien, die inzwischen im Entwurf vorliegen.
Weitere Themen wie die Elektronische Vergabe und deren hohes Potential zur Kosteneinsparung sowie ein Bericht über die Vergabepraxis eines privatrechtlich organisierten Tochterunternehmens eines Bundeslandes rundeten die Vortragsveranstaltung ab.
Der Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Baurecht, Prof. Wolfgang Heiermann, betonte am Rande der Veranstaltung: "Eine neutrale, fachlich qualifizierte Diskussion ist dringend notwendig, um das aktuelle Thema 'Vergabe' nicht allein dem Kalkül der Politik zu überlassen. Die Deutsche Gesellschaft für Baurecht bietet sich als ideale Plattform für eine sachgerechte und fachlich hochqualifizierte Auseinandersetzung auch zum Thema Vergaberecht an. Als Berater stehen wir hier der Politik gerne zur Verfügung".
Hintergrundinformation: Die Deutsche Gesellschaft für Baurecht sieht sich als gemeinnütziger Verein der Pflege und Förderung des Baurechts verpflichtet. Ein wesentlicher Schwerpunkt ihrer Tätigkeit ist es, den Gesetzgeber in Fragen des Baurechts zu beraten.
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