GdW: Wohnungswirtschaftliche Entwicklung zwischen Ost und West klafft immer mehr auseinander
(4.7.2002) Die wohnungswirtschaftliche Entwicklung zwischen den beiden Teilen Deutschlands, aber auch innerhalb Westdeutschlands, klaffe immer mehr auseinander, berichtete Lutz Freitag, Präsident des GdW Bundesverband deutscher Wohnungsunternehmen am 3.7. vor der Presse in Berlin. Die Analyse wichtiger betriebswirtschaftlicher Kennziffern zeige, dass sich die wirtschaftliche Lage der ostdeutschen Wohnungsunternehmen dramatisch verschlechtere. Auch innerhalb der alten Bundesrepublik verlaufe die Entwicklung immer heterogener. Neben akutem Wohnungsmangel in west- und süddeutschen Ballungszentren gebe es ernstzunehmende Leerstände, auf die die Wohnungs- und Städtebaupolitik frühzeitig und angemessen reagieren müsse, sagte Freitag.
Investitionen in Westdeutschland steigen an
Betrachtet man die Entwicklung der Wohnungsbauinvestitionen der 3.200 vom GdW bundesweit vertretenen Wohnungsunternehmen (davon 1.200 in Ostdeutschland), wurde im Jahr 1995 mit 17,2 Mrd. Euro der Spitzenwert erreicht. Seitdem gingen die Investitionen kontinuierlich auf 12,5 Mrd. Euro in 2001 zurück. Für 2002 erwartet der GdW nur noch 12,2 Mrd. Euro. Dieser Trend rückläufiger Investitionen flache sich allerdings seit dem Jahr 2000 im Bundesdurchschnitt ab:
Die Durchschnittswerte verbergen, dass es in Ostdeutschland weiter bergab gehe: So werden nach 8,1 Mrd. Euro in 1995 nur noch 3,2 Mrd. Euro in 2002 - vor allem in Modernisierung und Instandhaltung - investiert. "Im nächsten Jahr rechnen wir damit, dass die 3 Mrd. Euro-Grenze in den neuen Ländern unterschritten wird", sagte GdW-Präsident Lutz Freitag.
Anders in Westdeutschland: Hier erreichten die
Wohnungsbauinvestitionen der dortigen Wohnungsunternehmen der GdW-Verbände im
Jahr 2000 mit 7,7 Mrd. Euro ihren Tiefstpunkt. Seitdem steigen sie - entgegen
dem allgemeinen bauwirtschaftlichen Trend - wieder an: Auf 8,4 Mrd. in 2001 und
voraussichtlich 8,9 Mrd. Euro in 2002 (davon 2,6 Mrd. Euro in den Neubau). Der
GdW rechnet im nächsten Jahr für seine westdeutschen Unternehmen mit
Gesamtinvestitionen in den Wohnungsbau von rund 9,5 Mrd. Euro. Lutz Freitag
erklärte diese Steigerung entgegen dem allgemeinen Trend vor allem mit der
spezifischen Struktur der GdW-Wohnungsbestände: So erforderten die große Zahl
von Wohnungen aus den 50er bis 70er Jahren erhebliche Modernisierungs- und
Sanierungsmaßnahmen, um diese Bestände den geänderten Nachfragerwünschen
anzupassen, vor allem hinsichtlich dem Ausstattungsstandard und der
Wohnungsgrößen. "Auf der anderen Seite sind wir vom Einbruch auf dem Ein- und
Zweifamilienhaussektor nicht so stark betroffen", erklärte der GdW-Chef.
Freitag weiter: "Die vom GdW bundesweit repräsentierten Wohnungsunternehmen, die
rund 7 Mio. Wohnungen bewirtschaften, also einem Fünftel des Wohnungsbestandes,
machen ihre Hausaufgaben und leisten ihren Beitrag zur Stützung der
Baukonjunktur. Wir appellieren an die Politik, uns dabei zu unterstützen und
keine Knüppel zwischen die Beine zu werfen." Freitag kritisierte im Rückblick
auf die zu Ende gehende Legislaturperiode einzelne Regelungen und Instrumente
verschiedener Gesetzesvorhaben, die zum Teil wirksam geworden und zum Teil
gescheitert sind: Dies betreffe einerseits die Bauabzugssteuer und das Gesetz
zur Erleichterung der Bekämpfung von illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit,
während das Tariftreue- und das Antidiskriminierungsgesetz wahrscheinlich
gescheitert seien. Freitag appellierte an die Politik, für den Wohnungsbau in
Deutschland verlässliche Rahmenbedingungen zu schaffen, anstatt auf die
Unternehmen originär staatliche Überwachungs- und Verwaltungsfunktionen
abzuwälzen.
"Um die Reproduktion der jährlich aus dem Markt fallenden Wohnungen sicherzustellen und dem wachsenden Wohnflächenbedarf zu entsprechen, ist eine Neubauquote von 350.000 bis 400.000 Wohnungen pro Jahr notwendig", stellte Lutz Freitag fest. Diese Quote könne nur erreicht werden, wenn auch die steuerlichen Rahmenbedingungen stimmten.
Wirtschaftliche Lage verschlechtert sich insbesondere in Ostdeutschland dramatisch
Die Auswertung der Bilanzkennzahlen des Jahres 2000 ergebe insbesondere für Ostdeutschland erhebliche negative Entwicklungen. So schlössen von den 1.200 Wohnungsunternehmen in Ostdeutschland insgesamt fast 460 mit einem Jahresfehlbetrag ab, wobei Genossenschaften nur zu rund 30% von einem Jahrsfehlbetrag betroffen seien. Bei den Kapitalgesellschaften sei die Lage wesentlich dramatischer. Hier schließe über die Hälfte mit einem Jahresfehlbetrag ab. "Wir gehen davon aus, dass sich der negative Trend auch 2001 und 2002 fortgesetzt hat", prognostizierte Freitag.
Die Eigenkapitalrentabilität, also die Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals durch das Jahresergebnis, sei für alle ostdeutschen Wohnungsunternehmen mit minus 7% extrem negativ. Das Eigenkapital werde mittelfristig durch Fehlbeträge aufgezehrt.
Auch für andere Rentabilitätszahlen rechne der GdW in Ostdeutschland mit einer Fortsetzung der negativen Entwicklungen. Um so wichtiger sei, dass die Maßnahmen des Stadtumbaus-Ost nun schnell greifen, damit die negative Entwicklung wenigstens gestoppt, möglichst aber umgekehrt werden könne.
Angesichts des großen und weiter wachsenden strukturellen Wohnungsleerstandes in Ostdeutschland müssten die Wohnungsunternehmen von den Altverbindlichkeiten, die auf dauerhaft leer stehenden und abzureißenden Wohnungen liegen, entlastet werden. "Insbesondere alle Wohnungsunternehmen mit einem Leerstand von mindestens 15%, die Anspruch auf eine zusätzliche Teilentlastung nach § 6 a AHG haben, müssen diese nach erfolgtem Abriss auch umgehend erhalten", verlangte Freitag. Dazu sei eine erhebliche Aufstockung der bisher zur Verfügung gestellten 358 Mio. Euro Bundesmittel unumgänglich.
Der Anteil des Grundbesitzes an der Bilanzsumme, d.h. am
Vermögen der Wohnungsunternehmen, betrage in Westdeutschland rund 80% und in
Ostdeutschland 88%. "Allein aus diesen Zahlen werde deutlich, dass
Wohnungsunternehmen bei Fusionen besonders schwer von der
Grunderwerbsteuererhebung betroffen sind. Diese Zahlen stützen nachdrücklich die
Forderung des GdW nach einer Freistellung von der Grunderwerbsteuer bei
notwendigen Fusionen im Bereich der Wohnungswirtschaft, insbesondere im Rahmen
des Stadtumbaus Ost. Die Grunderwerbsteuer wirkt wie ein Damoklesschwert, das
betriebswirtschaftlich sinnvolle Unternehmensgrößen systematisch verhindert",
kritisierte GdW-Präsident Freitag.
Um die Kosten leer stehender Wohnungen zu reduzieren, sei außerdem eine Regelung
zum Erlass der Grundsteuer bei strukturellem Leerstand notwendig.
Investitionshemmnis Selbstbehalt beim Investitionszulagengesetz
Viele Unternehmen werden aufgrund des ab 1.1.2002 eingeführten hohen Selbstbehalts von 50 Euro/qm nur noch eingeschränkt in der Lage sein zu investieren, insbesondere auch in den Beständen, die sie weiterhin modernisieren müssen. Der Verband Thüringer Wohnungswirtschaft ermittelte nach Befragung seiner Mitgliedsunternehmen, dass sich bereits im Jahr 2002 das Investitionsvolumen der Unternehmen insbesondere durch den erhöhten Selbstbehalt um 25% reduzieren werde. Die Thüringer Wohnungsunternehmen werden anstatt 500 Mio. Euro wie in 2001 nur noch 380 Mio. Euro investieren.
Rechnet man diesen 25%igen Rückgang auf das Investitionsvolumen aller Wohnungsunternehmen in den neuen Ländern hoch, ergäbe sich ein Ausfall an Investitionen von rund 920 Mio. Euro, der maßgeblich durch die Erhöhung des Selbstbehalts verursacht werde. Nach Berechnungen des GdW gingen aufgrund des Gesamtausfalls an Investitionen im Jahr 2002 knapp 24.000 Arbeitsplätze verloren. Dieser Effekt werde sich 2003 noch verstärken. "Wir rechnen für 2003 und 2004 nochmals mit einem Wegfall von mindestens jeweils 25.000 Arbeitsplätzen in der sowieso schon gebeutelten ostdeutschen Baubranche", erklärte Freitag. Der GdW verlangt deshalb eine Absenkung des Selbstbehaltes auf 5 Euro/qm. Außerdem müsse die neue erhöhte Zulage in allen Stadtumbaugebieten - und nicht nur in der zur Zeit bestehenden Gebietskulisse - angewendet werden können sowie über das Jahr 2004 hinaus verlängert werden.
Wachsende Leerstände in strukturschwachen Regionen Westdeutschlands
Der GdW und die von ihm vertretene Wohnungswirtschaft verstehe sich mit ihrer regelmäßigen Wohnungsmarktbeobachtung als eine Art "gesellschaftspolitisches und ökonomisches Frühwarnsystem". Ziel müsse es sein, so Freitag, ein Marktversagen wie in den neuen Ländern durch vorausschauende Maßnahmen zu vermeiden. Der Staat müsse mit entsprechendem Datenmaterial in die Lage versetzt werden, gegen zu steuern.
Von den insgesamt 1,3 Mio. leer stehenden Wohnungen in Ostdeutschland werden voraussichtlich Ende 2002 rund 440.000 bei den ostdeutschen GdW-Wohnungsunternehmen leer stehen. Die Leerstandsquote werde von 15,8% Ende 2001 (das entspricht 410.000 Wohnungen) wahrscheinlich auf 17,1% Ende 2002 und 18% Ende 2003 ansteigen, weil Abrisse in größeren Stückzahlen vermutlich erst ab 2004 stattfinden.
Besonders vom Leerstand betroffen seien nach wie vor Altbauten. Ihre Sanierung werde - trotz erhöhter Investitionszulage - durch ungeklärte Restitutionsansprüche und sehr hohe Modernisierungskosten erschwert, die auf den Wohnungsteilmärkten nur schwer amortisierbar seien. Besonders innerstädtische Plattenbausiedlungen werden deshalb auch weiterhin einen großen Stellenwert bei der Wohnraumversorgung der ostdeutschen Bevölkerung behalten. "Die bereits kurz nach der deutschen Vereinigung aufgelegten Programme zur Modernisierung der Großsiedlungen haben dazu beigetragen, dass die großen Neubaugebiete aus DDR-Zeiten zum gewachsenen und unverzichtbaren Bestandteil der Stadtstruktur und Wohnraumversorgung mit eigenen Qualitäten geworden sind", sagte Lutz Freitag.
In strukturschwachen Regionen der alten Bundesrepublik steige der Leerstand ebenfalls an – wenn auch von einem viel niedrigeren Niveau ausgehend, erklärte Lutz Freitag. So betrug der Leerstand dort Ende 2001 im Durchschnitt 3,2%. Die Leerstandsquoten an ausgewählten Standorten waren jedoch viel höher: So verzeichneten einzelne Wohnungsunternehmen in Kassel einen Leerstand von 13%, in Pirmasens von 12,5%, in Salzgitter von 9,9%, in Bremerhaven von 9,3% und in Hannover von 8,2%. Eine jüngst vom Verband der Wohnungswirtschaft Niedersachsen und Bremen in Auftrag gegebene Studie prognostiziert für das Jahr 2015 starke regionale Angebotsüberhänge, z.B. im Landkreis Osterode/ Harz mit 17%, in Bremerhaven mit 16% und Wilhelmshaven mit 14%. Im gesamten Südosten Niedersachsens werde das Überangebot an Wohnraum im Jahr 2015 mehr als 10% betragen, bei gleichzeitig stark steigender Nachfrage nach größeren Wohnungen und wachsender Wohneigentumsquote.
Fazit: Auch in strukturschwachen Regionen Westdeutschlands zeichneten sich zunehmend die Auswirkungen des ökonomischen und demographischen Strukturwandels auf den Wohnungsmarkt ab. Der Sterbeüberschuss werde in den strukturschwachen Gebieten in seinen Wirkungen durch Wanderungsbewegungen verstärkt. Die Folge: "Leerstände in vielen Mietwohnungsbeständen in weniger begehrten Wohnlagen", erklärte GdW-Chef Freitag.
Er verlangte, ebenso wie in den neuen Ländern, auch im Westen ganzheitliche Stadtentwicklungskonzepte zu erarbeiten, die realistische Perspektiven für die Siedlungsentwicklung der nächsten Jahre darstellten und eine geeignete Planungsgrundlage für die Investitionstätigkeit der Unternehmer sein könnten. Freitag begrüßte die Ankündigung von Bundesbauminister Kurt Bodewig, für Pilotprojekte in 11 westdeutschen Städten 15 Mio. Euro noch in diesem Jahr bereit zu stellen. 3 Städte sollen mit insgesamt 200.000 Euro bei der Erarbeitung von Stadtentwicklungskonzepten gefördert werden: Bremerhaven, Salzgitter und Albstadt. 8 Städte sollen vom Bund insgesamt 13,8 Mio. Euro für konkrete Stadtumbauprojekte erhalten: Selb, Wildflecken, Bremen, Pirmasens, Oer-Erkenschwick, Wilhelmshaven, Lübeck und Völklingen. Insgesamt müsse die Investitionstätigkeit der Unternehmen noch mehr als bisher in die Modernisierung und Umgestaltung der Wohnungsbestände gelenkt werden.
Mietentwicklung leicht rückläufig, Mietausfälle steigen
Die Mietenentwicklung sei bei den vom GdW vertretenen Unternehmen erneut leicht rückläufig, ähnlich wie der Trend in der Wohnungswirtschaft insgesamt. So sanken die Kaltmieten im Bundesdurchschnitt von 4,06 Euro/ qm Ende 2000 auf 4,02 Euro/ qm Ende 2001. Die in der Regel von den Wohnungsunternehmen nicht zu beeinflussenden kalten Betriebskosten erhöhten sich geringfügig um 2 Cent auf 1,25 Euro/ qm Ende 2001.Die warmen Betriebskosten sanken dank intensiver Energieeinsparinvestitionen im längerfristigen Vergleich von 87 Cent/ qm 1995 auf 80 Cent/ qm im Jahr 2001.
"Modernisierungskosten können angesichts dieser für die Mieter auf den ersten Blick sehr erfreulichen Situation trotz der 11%igen Umlagemöglichkeit nur eingeschränkt weitergegeben werden. Die Unternehmen könnten bei stagnierenden bzw. rückläufigen Mieten und gleichzeitig steigenden Kosten nicht genug tun, um ihre Wohnungsbestände an die sich verändernden Wohnbedürfnisse anzupassen.
Eine andere Ursache seien Mietausfälle. Die Mietausfälle, d.h. fehlende Mieteinnahmen, in den alten Ländern stiegen von 413,5 Mio. Euro Ende 2000 auf 480 Mio. Euro, in den neuen Ländern von 857,4 Mio. auf rund 1 Mrd. Euro, Tendenz steigend. In Ostdeutschland seien die Mietausfälle fast ausschließlich leerstandsbedingt. "Auch hier gehen diese Einnahmeausfälle der Unternehmen klar zu Lasten ihrer Investitionsfähigkeit", stellte Freitag fest.
Bestand an Sozialwohnungen schmilzt weiter ab
GdW-Präsident Freitag machte auf eine weitere problematische Entwicklung aufmerksam: Der Bestand an Sozialwohnungen bei den westdeutschen GdW-Unternehmen sei auf 1,3 Mio. Wohnungen 2001 abgesunken. Diese sinkenden Bestandszahlen werden in ihrer Wirkung verstärkt durch weiter abnehmende Neubauten und Bewilligungen von Sozialwohnungen. So wurden 1995 noch 33.844 neue Sozialwohnungen im GdW-Bereich gebaut. Das waren 32,3% aller Bewilligungen des Vorjahres. 2001 waren es nur noch 4.682 Sozialwohnungen (29% der Bewilligungen des Vorjahres).
Die gesellschaftspolitische Brisanz dieser Entwicklung werde besonders deutlich, wenn man die Entwicklung der Arbeitslosenzahlen der Bestandsentwicklung bei den Sozialwohnungen in den alten Ländern gegenüber stelle. So standen 1970 rund 0,18 Mio. Arbeitslose 3 Mio. Sozialwohnungen bei damals gemeinnützigen Wohnungsunternehmen gegenüber, die jede 2. Sozialwohnung gebaut und bewirtschaftet haben. 1980 war das Verhältnis in Westdeutschland 1,12 Mio. Erwerbslose zu 2,4 Mio. Sozialwohnungen und im Jahr 2001 2,6 Mio. Erwerbslose zu 1,3 Mio. Sozialwohnungen.
Im Zusammenhang mit dem neuen, am 1. Januar 2002 in Kraft getretenen Wohnraumförderungsgesetz kritisierte der GdW-Präsident die Höhe der Bundesmittel: Sie seien mit den im Haushaltsentwurf für 2003 angesetzten 230 Mio. Euro zu knapp, um die Bestände des sozialen Wohnungsbaus zu erhalten. "Wir halten nach wie vor 500 Mio. Euro für erforderlich", so Lutz Freitag. Die für eine Vermeidung von "Überforderter Nachbarschaften" angebotenen Instrumente, etwa die Freistellung von Belegungsbindungen oder die Übertragung von Belegungs- und Mietbindungen, seien noch zu bürokratisch und müssten erst noch von Ländern und Kommunen genutzt werden.
Ein Beispiel für mangelnde Flexibilisierung seien auch die Einkommensgrenzen, die als so genannte "Basis-Einkommensgrenzen" im neuen Gesetz enthalten sind. Diese könnten von den Ländern - je nach Erfordernissen der regionalen Wohnungsmärkte - verändert werden. Maßstab müsse dabei, so Freitag, immer die Sicherung oder Wiederherstellung "sozial stabiler" und damit ausgewogener Bewohnerstrukturen sein. Positiv sei, dass 13 Bundesländer eine entsprechende Verordnung erlassen haben, die Einkommensüberschreitungen in unterschiedlichen Staffelungen bis zu 60% vorsehen. Nur Berlin (wegen fehlender Förderung), das Saarland und Nordrhein-Westfalen (wegen einer Übergangsregelung bis Ende 2002) hätten diese Möglichkeit bis heute nicht wahrgenommen, kritisierte Lutz Freitag. Einkommensgrenzen regional zu differenzieren, sei nur in Bayern möglich, von den anderen Ländern aber ausgeschlossen worden.
Die Regelungen zur Ausgleichsabgabe (Fehlbelegungsabgabe) sehen ebenfalls weite Gestaltungsspielräume der Länder vor. Freitag forderte vor allem die Regierungen der alten Bundesländer auf, dem Beispiel von Hamburg, Berlin, Bremen und dem Saarland zu folgen und auf die Ausgleichsabgabe zu verzichten, um sozialen Entmischungstendenzen vorzubeugen. "Sonst vertreibt man jene Mieter, die in den Nachbarschaften als soziale Stabilisatoren wirken", betonte der GdW-Präsident. Der jüngste Beschluss des hessischen Landtags, auch weiterhin die Ausgleichsabgabe erheben zu wollen, sei das falsche Signal.
Wohnungspolitische Forderungen des GdW
Das Programm "Soziale Stadt" bewähre sich in der Praxis, seine Verstetigung sei im Interesse der Mieter und der Wohnungswirtschaft.
Der GdW habe von Anfang an die Städtebauförderung als wirkungsvolles Instrument zur Erneuerung und zum Attraktivitätsgewinn der Städte begrüßt und auf ihre Verstetigung sowie Aufstockung hingewirkt. Diese Forderung erhält der GdW aufrecht.
Der GdW begrüßt die Absicht der Bundesregierung, eine Expertenkommission einzusetzen, die prüfen soll, wie die Genossenschaften besser als bisher in ihrer Arbeit unterstützt werden können. Damit werde die große wohnungswirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung der Wohnungsgenossenschaften unterstrichen. Der GdW erwartet, dass die Baugenossenschaftszulage als Förderinstrument für alle Genossenschaften weiterentwickelt werde.
Die Vorteilsschwächen des modifizierten Entnahmemodells im Rahmen des Altersvermögensgesetzes sollten bereinigt werden. Dazu gehören insbesondere:
- Das Entnahmemodell ist mit einer Rückzahlungsverpflichtung verbunden, die die Erwerber gerade in den ersten Jahren nach dem Erwerb einer selbst genutzten Wohnimmobilie zu stark belaste. Sie solle so schnell wie möglich deutlich vermindert werden.
- Der Erwerb von Genossenschaftsanteilen ist bisher nicht begünstigt, auch wenn die Anteile ebenfalls der dauerhaften Verminderung der Miete im Alter dienen.
- Die Entnahmemöglichkeit solle auch im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge bestehen. Darüber hinaus solle das Dauerwohnrecht nach Wohnungseigentumsgesetz auf Lebenszeit im Steuerrecht dem selbst genutzten Wohneigentum gleichgestellt werden.
- Die Förderung des Erwerbs selbst genutzten Wohneigentums über die Eigenheimzulage sei ein zentrales Element der Wohnungspolitik, betonte GdW-Präsident Lutz Freitag.
Basel II: Mittelstandskomponente geht an Wohnungswirtschaft vorbei
Zur Zeit finden die Vorbereitungen für das 3. Konsultationspapier zu Basel II statt. In diesem Zusammenhang solle am 10. Juli 2002 ein Kompromisspaket im Baseler Ausschuss verabschiedet werden, das sich mit der Benachteiligung von längerfristigen Krediten durch Risikozuschläge beschäftigt. Die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft ist von diesen Regelungen besonders betroffen, da die Investitionen im Bereich der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft in einem hohen Maß mit Fremdkapital finanziert werden und diese Finanzierungen in Deutschland "traditionell", d. h. über den grundpfandrechtlich gesicherten Kredit mit langer Laufzeit und langer Zinsfestschreibung erfolgen. "Eine Benachteiligung von längerfristigen Krediten und die sich daraus ergebenden Erhöhungen der Zinsen hätten unmittelbare Auswirkungen auf die Mieten - auch des sozialen Wohnungsbaus. Weitere negative Folgen würden sich ergeben, wenn Investitionen aufgrund zu teurer Kredite nicht mehr durchgeführt werden können, da sie sich betriebswirtschaftlich nicht mehr rechnen. Dies hätte erhebliche Konsequenzen für das gesamte Investitionsvolumen der Branche und damit wiederum problematische Folgewirkungen für den Arbeitsmarkt", sagte GdW-Chef Freitag.
In dem Kompromisspaket sei vorgesehen, für den sogenannten Basisansatz des Ratings der Banken auf Risikozuschläge bei längerfristigen Finanzierungen zu verzichten. Die Wohnungswirtschaft begrüße dies ausdrücklich, so Freitag. Problematisch sei jedoch, dass die Banken beim Rating voraussichtlich in der Regel den "fortgeschrittenen Ansatz" anwenden werden. In diesem Ansatz aber solle es weiterhin erhebliche Risikozuschläge für längerfristige, d. h. über 3 Jahre hinausgehende Finanzierungen geben.
Erfreulicherweise habe man sich hier auf eine Mittelstandskomponente verständigt, die sicher stellt, dass Inlandskredite an Unternehmen mit einer Bilanzsumme und mit Jahresumsatzerlösen von unter 500 Mio. Euro nicht betroffen wären. Diese Ausnahmeregelung habe jedoch für viele Wohnungsunternehmen keine Wirkung, da - bedingt durch die hohen Investitionskosten - das Kriterium der Bilanzsumme von 500 Mio. Euro häufig überschritten werde.
Aus diesem Grund sei neben der Berücksichtigung von bestimmten Betriebsgrößen auch eine spezielle Regelung für grundpfandrechtlich gesicherte Inlandskredite erforderlich. Sollte es dazu nicht kommen, würden sich erhebliche Auswirkungen auf die gesamte Finanzierungsstruktur in Deutschland ergeben. "Der langfristige Kredit habe sich aber in der Vergangenheit bewährt, da er dem Investor Planungssicherheit gibt und den Mieter vor unvorhergesehenen Mieterhöhungen bewahrt", erklärte Lutz Freitag abschließend.
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