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Zentralverband des ostdeutschen Baugewerbes gegründet / ZDB ist sauer

(31.1.2002) Am 30. Januar 2002 ist der Zentralverband des ostdeutschen Baugewerbes e.V. (ZVOB) von Landesinnungsverbänden, Landesverbänden und Innungen der neuen Bundesländer und Berlin gegründet worden. Zum Präsidenten des neuen Verbandes wurde Emil Hunold, Inhaber eines mittelständischen Holzbauunternehmens in Thüringen und Mitglied des Vorstandes des Thüringer Landesinnungsverbandes Bau ernannt. Zu Geschäftsführern wurden die Herren Dr. Bernhard Senft und RA Wolf Burkhard Wenkel bestellt.

Mit dieser Verbandsgründung verfügt das ostdeutsche Baugewerbe erstmals seit der Herstellung der deutschen Einheit über eine starke und unabhängige Stimme; er muss bei der Formulierung seiner Interessen und Ziele keine Rücksicht auf die abweichende Meinung der Bauverbände aus den alten Bundesländern nehmen, die Zeiten in denen gerade in der Tarifpolitik die Interessen der Baubetriebe aus den alten Bundesländern Vorrang genossen haben sind vorbei.

Nach Meinung des ZVOB sei es nämlich den traditionellen Spitzenverbänden des Baugewerbes bisher in keiner Tarifrunde gelungen, die notwendige tarifpolitische Wende herbeizuführen. Der ZVOB versteht sich demzufolge als eigenständige Vertretung der Belange und Interessen des Baugewerbes der neuen Bundesländer und Berlin, solange dies mangels einer solchen durch die bundesweit agierenden Spitzenverbände notwendig ist.

Das ostdeutsche Baugewerbe befindet sich seit der zweiten Hälfte der 90iger Jahre im Absturz; die Gründe sind struktureller Natur und können nicht auf ein Nachfrageproblem oder an vermeintlichen Überkapazitäten festgemacht werden. Das Bauvolumen ist in den neuen Bundesländern seit 1995 im Baugewerbe um rd. 28% im Bauhauptgewerbe um rd. 31% zurückgegangen. Die Zahl der Beschäftigten hat dagegen in diesem Zeitraum um 42% abgenommen! Die Probleme sind somit nicht auf eine mangelnde Baunachfrage, sondern in erster Linie auf die Zunahme der Schwarzarbeit und der Billiglohnkonkurrenz aus den Nachbarstaaten zurückzuführen. Die Zahl der arbeitslosen Bauarbeiter in den neuen Bundesländern beträgt zur Zeit 140.000; geschätzt werden 120.000 illegal Beschäftigte!

Ein Ausweg ist ohne eine Veränderung der gesetzlichen und tariflichen Rahmenbedingungen, eine konsequente Bekämpfung der illegalen Beschäftigung und Schwarzarbeit nicht denkbar. Daraus ergeben sich die Zielsetzungen des ZVOB. Die Hauptforderungen sind:

  • Bekämpfung der illegalen Beschäftigung
  • Einführung eines elektronisch lesbaren Sozialversicherungsausweises
  • Kein Gesetz zur Tariftreueerklärung bei öffentlichen Aufträgen
  • Keine weiteren Kürzungen bei den Bauinvestitionen und Unterhaltungsmitteln
  • Drastische Reduzierung der ABM
  • Verbesserung der Zahlungsmoral
  • Beseitigung von Wettbewerbsverzerrungen auf dem deutschen Baumarkt
  • Ordnung des Bauarbeitsmarktes vor der EU-Osterweiterung
  • Vergrößerung der betrieblichen Flexibilität durch Änderung des Arbeitsrechts, Einschränkung variablen Richterrechts durch gesetzliche Festlegungen
  • Abschaffung Arbeitsplatz vernichtender Regelungen
  • Abschaffung allgemeinverbindlicher Tarifregelung zur Senkung der Lohnnebenkosten und damit auch zur Bekämpfung der Schwarzarbeit, wie z.B. in Verbindung des Urlaubsanspruchs von 30 auf 25 Arbeitstage
  • Abschaffung des Verbots der Kündigung aus Witterungsgründen im Winter
  • Anerkennung der Bauwirtschaft als Saisongewerbe
  • Verminderung der Freistellungstatbestände aus familiären und sonstigen Gründen (§ 4 BRTV)
  • Reduzierung des Sozialkassensystems auf die Förderung der Berufsausbildung
  • Deutliche Absenkung der tariflichen Mindestlöhne auf ein marktgerechtes Niveau

Allein die Verwirklichung dieser Forderungen würde eine Senkung der Lohnnebenkosten um deutlich über 5 % zur Folge haben! Alle Landesverbände der neuen Bundesländer, die sich bisher nicht angeschlossen haben, werden, so Präsident Hunold, aufgefordert, dies zu tun, um eine machtvolle Interessenvertretung der Bauwirtschaft in den neuen Länder zu erreichen.

Dem Zentralverband des Deutschen Baugewerbes schmeckt dieser Alleingang allerdings gar nicht. Arndt Frauenrath, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes, kommentierte die Gründung des neuen ostdeutschen Bauverbandes folgendermaßen: "Ausschließlich der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes vertritt die Interessen des mittelständischen Bauhandwerks in den neuen Bundesländern wirkungsvoll. Ostdeutsche Unternehmen waren bisher schon in unserem Verband bestens aufgehoben. Sie werden dies auch weiterhin sein. Durch ostdeutsche Unternehmer im Vorstand des ZDB, in der Tarifverhandlungskommission und in den übrigen Verbandsgremien können die Interessen der ostdeutschen Bauunternehmer wesentlich besser eingebracht werden, als durch den untauglichen Versuch einer Verbandsgründung. Wir brauchen eine Bündelung aller Kräfte und keine Zersplitterung. Hier geht es nur um die Profilierungssucht Einzelner, nicht aber um wirkliche Interessenvertretung."

Frauenrath zeigt sich verärgert: "Wie viele Verbände braucht Herr Wenkel (auch Hauptgeschäftsführer der Fachgemeinschaft Bau) noch, um sich eine Plattform zu schaffen? Der Interessenverbund Bau, mit ebenso großem Donner gegründet, war offenkundig eine Totgeburt. Der Fachgemeinschaft laufen die Mitglieder weg. Daher muss Herr Wenkel einen neuen Verband gründen. Er hat in der Vergangenheit keines seiner politischen Ziele erreichen können. Dies werden seine Mitglieder auch schon bemerkt haben."

Nach Einschätzung des ZDB-Präsidenten hätten die Tarifpartner am Bau - nämlich der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes, der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie und die IG Bauen-Agrar-Umwelt - in der Vergangenheit die tariflichen Lohnzusatzkosten um 15% gesenkt, für die Betriebe in den neuen Bundesländern eine Tariföffnungsklausel eingeführt und die Sozialkassen reformiert. Dies sei ein wichtiger Beleg für die Innovationsfähigkeit unserer Tarifpolitik. Der eigentliche verbandspolitische Irrweg bestehe darin zu glauben, man könne mit einem Häuflein Versprengter und Außenseiter wirklich die Interessen der ostdeutschen Bauunternehmen vertreten.

Frauenrath weiter: "Mit einem derartigen Rummel lässt sich weder die Struktur- noch die Konjunkturkrise am Bau wirksam mindern. Dies geht nur mit gezielter und konzentrierter Lobbyarbeit und konstruktiver Tarifpolitik zugunsten des bauhandwerklichen Mittelstandes. Und dazu bedarf es eines starken Verbandes, der bundesweit und flächendeckend aktiv ist. Die Interessen der ostdeutschen Bauhandwerksunternehmen sind daher bei uns im ZDB bestens aufgehoben: Mit einer aus ost- wie westdeutschen Unternehmern paritätisch besetzten Verhandlungskommission hat der ZDB für die bevorstehende Tarifrunde ein deutliches Zeichen gesetzt. Damit kann er mehr bewirken als ein von der Westberliner Fachgemeinschaft Bau dominierter Verband."

Wie unterschiedlich die Ansichten z.B. bzgl. des Tariftreuegesetzes sind, zeigen die folgenden Meldungen:

siehe auch:


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