Verband der Privaten Bausparkassen e.V.: Mit Wohneigentum gegen Stadtflucht
(11.8.2001) Im vergangenen Jahr wurde die Zahl der Fertigstellungen im Wohnungsbau, die notwendig ist, um langfristig eine ausreichende Wohnungsversorgung der Bevölkerung zu sichern (etwa 450.000 Wohnungen), nicht ganz erreicht. Es wurden nur 423.000 Wohneinheiten fertiggestellt. In diesem Jahr dürfte die magische Grenze von 400.000 mit nur noch rd. 380.000 fertiggestellten Wohnungen deutlich unterschritten werden. Die Baugenehmigungen zeigen in den ersten fünf Monaten weiter deutlich nach unten: Von Januar bis Mai 2001 wurden noch einmal 19,3 Prozent weniger Wohnungen genehmigt als im Vorjahr. Dies deutet darauf hin, dass die Gesamtzahl der Wohnungsgenehmigungen bis zum Ende dieses Jahres unter die 300.000-Grenze sinken könnte.
Die Diskussionen um Leerstände, Wohnungsabriss, Altersvorsorge, schrumpfende Bevölkerung und Kürzung bzw. Umschichtung der Eigenheimförderung haben offensichtlich zu einer tiefen und anhaltenden Verunsicherung der Investoren geführt. Hier gilt es gegenzuhalten. Von einer Trendwende im Wohnungsneubau kann derzeit noch keine Rede sein.
Hinzu kommen Probleme vieler Städte und Ballungszentren mit der "Stadtflucht". Wegen der hohen Baulandpreise wandern die Bewohner in das Umland ab, um sich den Wunsch nach den eigenen vier Wänden erfüllen zu können. Die Folgen für die Kommunen sind leere Innenstädte, Kaufkraftverluste, Steuerausfälle und zusätzliches Verkehrsaufkommen.
Daneben gibt es allerdings in einigen Teilmärkten Deutschlands bereits wieder Wohnungsengpässe. Diesen gilt es gezielt, aber nicht mit kopflosen Programmen zu begegnen. Leerstände in einigen Regionen, insbesondere in Ostdeutschland, dürfen nicht dazu verleiten, den Neubau noch weiter zurückzufahren. Wohin eine solche Politik führt, haben die 80er Jahre mit aller Deutlichkeit gezeigt. Erst durch ein - für die öffentliche Hand teures - Konjunkturprogramm konnte der notwendige Wohnungsneubau wieder belebt werden.
Die Zahl der Haushalte wird in den nächsten Jahren weiter ansteigen. Allein diese Zahl - und nicht die Zahl der Einwohner – ist maßgeblich für den Wohnungsbedarf. Insgesamt gilt die Forderung an die Bundesregierung: Die Bauinvestitionen dürfen von Verkehrsinvestitionen nicht auf ein Nebengleis abgedrängt werden.
Zur langfristigen Entwicklung am Bau hält der Verband der Privaten Bausparkassen e.V. die Umsetzung folgender Punkte für notwendig:
ERSTENS: Die Eigenheimzulage darf nicht weiter eingeschränkt werden.
Vielmehr müssen die Einkommensgrenzen wieder auf die ursprüngliche Höhe von 120.000 / 240.000 DM unter Beibehaltung der Kinderkomponente heraufgesetzt werden. Die verschiedentlich geforderte regionale Differenzierung der Eigenheimzulage ist der falsche Ansatz: Zum einen dürfte eine solche Differenzierung verfassungsrechtlich kaum Bestand haben, zum anderen käme es dann zu erheblichen Abgrenzungsproblemen zwischen den Regionen mit höherer bzw. niedrigerer Zulage. Außerdem ist daran zu erinnern, dass bei Einführung der Eigenheimzulage zwischen allen Experten Einigkeit dahingehend bestand, dass die neue Eigentumsförderung u.a. den Anforderungen hinsichtlich Verwaltungsvereinfachung, Transparenz und einfacher Berechenbarkeit entsprechen müsse. Eine regionale Komponente der Förderung sollte den Kommunen und Ländern vorbehalten bleiben.
ZWEITENS: Die Grunderwerbsteuer muss wieder auf zwei Prozent zurückgeführt werden.
Das Bild vom Häuslebauer als Melkkuh der Politik darf nicht länger die Debatte prägen. Die Anhebung der Grunderwerbsteuer auf 3,5 Prozent, also um 75 Prozent (!), hat das Bauen erheblich verteuert: Die Förderwirkung der Eigenheimzulage ist damit zum Teil zunichte gemacht worden: 1,5 Prozent von 500.000 DM für ein gebrauchtes Haus entsprechen 7.500 DM und damit der Eigenheimzulage für Erwerbe aus dem Bestand für drei Jahre!
DRITTENS: Die derzeit für das Eigenheim geltende Erbschaftsteuerregelung muss unangetastet bleiben.
Die von einigen Bundesländern vorgeschlagene Erhöhung der Erbschaftsteuer ist zwar derzeit vom Tisch, aber es ist nicht auszuschließen, dass diese Frage nach der Bundestagswahl im nächsten Jahr wieder auftaucht. Das Bundesverfassungsgericht hat aber hierzu 1995 eindeutig festgestellt, dass das "normale" Eigenheim in der Familie erbschaftsteuerfrei bleiben muss.
VIERTENS: Die Baulandausweisung darf nicht weiter das Stiefkind der Kommunen sein.
Hier richtet sich der Appell zum wiederholten Mal auch an die Kirchen. Soziale Kompetenz ist keine Frage der Kanzel und Sonntagspredigt, sondern erfordert tagtäglichen praktischen Einsatz. Kostengünstige Baulandausweisung für kinderreiche Familien oder die Baulandvergabe im Erbbaurecht sollte für die Kommunen ein Muss sein. Das Bauland ist in vielen Kommunen, auch in Ballungsgebieten, kein Engpassfaktor. Es gibt genügend Beispiele, die zeigen, dass durch Flächenrecycling (ehemalige Industrie-, Bahn- und Militärflächen) und Baulücken Bauland für die Wohneigentumsbildung verfügbar gemacht werden kann. Aus unterschiedlichen Gründen wird von vielen Kommunen mehr und zudem verbilligtes Bauland für die Gewerbeansiedlung ausgewiesen, weniger dagegen für die Wohnbebauung ("Bürgermeisterwettbewerbe"). Durch ein attraktives Baulandmanagement sollten die Kommunen dafür sorgen, dass das Baulandangebot ausgeweitet und damit zugleich die Preise sinken. Dies wäre ein probates Mittel, um die Stadtflucht zu stoppen.
FÜNFTENS: Wohnungen, für die am Markt langfristig keine Nachfrage mehr besteht, also insbesondere solche in Hochhäusern, sollten abgerissen werden.
Den ostdeutschen Wohnungsunternehmen, die hiervon betroffen sind, sollte eine entsprechende staatliche Förderung gezahlt werden, da sie für die Standortprobleme, die nicht zuletzt Folge der deutschen Wiedervereinigung sind, nicht verantwortlich gemacht werden können. Wo Arbeitsstätten in großem Maße wegfallen oder verlegt werden, macht das Vorhalten von Wohnraum in diesen Regionen keinen Sinn. Die Probleme leerstehender (Platten-)Bauten und anderer Hochhäuser lassen sich nicht dadurch lösen, dass man die Eigenheimförderung umstrukturiert. Diese offensichtlich nicht den Wohnwünschen der Bevölkerung entsprechenden Wohnanlagen werden nicht dadurch attraktiver, dass man ihren Erwerb über eine massiv erhöhte Eigenheimzulage stärker fördert.
SECHSTENS: Ökologisches, nachhaltiges und kostengünstiges Bauen muss wieder auf die Tagesordnung der politischen Arbeit gesetzt werden.
Die Initiative des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, das Thema in Zusammenarbeit mit den bau- und wohnungswirtschaftlichen Verbänden wieder aufzugreifen, ist daher ausdrücklich zu begrüßen. Die Senkung der Baukosten für ein Eigenheim erschlösse ein erhebliches Potential neuer Wohneigentümer. Nur bei Berücksichtigung all dieser Punkte lässt sich eine kontinuierliche Wohneigentumsbildung erreichen. Damit würde nicht nur die Situation der Bauwirtschaft verbessert, sondern auch der Arbeitsmarkt erheblich entlastet: Bekanntlich ist der Bau von 10.000 Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäuser mit der Schaffung bzw. Sicherung von rd. 40.000 Arbeitsplätzen verbunden; dies ist doppelt so viel wie beim Bau von 10.000 Mietwohnungen.
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