Ausgezeichnet: Aus DDR-Schwimmbad wird Wohnbau dank Holz-Fertigteilsystem
(8.11.2024) Erstmals vergab die Dres. Edith und Klaus Dyckerhoff-Stiftung in diesem Jahr einen Preis für die intelligente, ästhetisch und funktional anspruchsvolle Um- und Weiternutzung bestehender Betonbauten. Ausgezeichnet wurde die ehemalige Volksschwimmhalle Lankow in Schwerin für die Transformation zu Wohnungen. Ein kleiner Teil der Schwimmhalle blieb für Rehabilitationssport und Kinderschwimmen erhalten.
„Klaus-Dyckerhoff-Preis für Architektur – Lang lebe der Beton!”
Ziel des Preises ist es, Architekten sowie Bauherren oder Investoren auszuzeichnen, die mit beispielhaften Projekten den Lebenszyklus bestehender Betonbauten verlängern und deren Revitalisierung, Um- oder Neunutzung vorantreiben. Das Votum für die Sanierung und Umnutzung des ehemaligen Schwimmbads aus der DDR-Zeit durch den Architekten Ulrich Bunnemann vom Büro Schelfbauhütte in Schwerin, wurde einstimmig gefällt.
Die Volksschwimmhalle Lankow
Die 1976 errichtete Volksschwimmhalle Lankow ist ein Typenbau des Typs „B - Bitterfeld” und verfügte über ein 25 m-Schwimmbecken, ein Nichtschwimmerbecken sowie eine Sauna. Die Konstruktion basiert im Wesentlichen auf einem Stahlbetonskelett aus Fertigteilstützen und -riegeln. Die Dachkonstruktion wurde aus ebenfalls vorgefertigten hyperbolischen Paraboloidschalen („HP-Schalen”) errichtet. Aneinandergereiht ergaben sie eine Wellenform, wobei die Konstruktion von innen verdeckt wurde. Dieses System wurde 1951 vom Hallenser Architekten Herbert Müller (1920-1995) entwickelt. Die Elemente erreichten bei einer Schalendicke von 4,5 cm eine Spannweite von bis zu 24 m und eine Breite von 2 m. In der ehemaligen DDR wurden solche Typenbauten in großer Zahl errichtet. Heute ist das HP-Schalendach in Lankow das einzig erhaltene in Mecklenburg-Vorpommern.
Initiative des Architekten rettet Baudenkmal
Da kein Sanierungskonzept für die leerstehende Schwimmhalle vorlag, bereitete die Stadt Schwerin den Abriss des seit 2015 unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes vor. Ulrich Bunnemann konnte die Stadt davon überzeugen, das Objekt zu verkaufen. Im Herbst 2017 konnten 16 neue Wohnungen mit 2 bis 3 Zimmern bezogen werden. Einen kleinen Teil des großzügig dimensionierten Schwimmbeckens adaptierte der Architekt für Rehabilitationssport und Kinderschwimmen und integrierte Räumlichkeiten für eine Arztpraxis.
Entlang beider, zum Teil großflächig verglasten, Längsfassaden plante das Team um Ulrich Bunnemann 8 barrierefreie Etagen- und 8 Maisonettewohnungen. Im inneren, niedrigeren Bereich der Halle wurde der größte Teil des Schwimmbeckens überbaut und zu Kellerräumen umgenutzt. Im Erdgeschoss wurde ein Foyer als Treffpunkt und Begegnungsraum für die Bewohner konzipiert. Die Wohnungen in den Obergeschossen sind über eine Holztreppe mit Galerie oder über eine Liftplattform erreichbar. Die neu eingezogenen Decken und Wände wurden von der Schelfbauhütte in vorgefertigter Holzbauweise geplant. Die industriell abgebundene Holzkonstruktion wurde auf der Baustelle zusammengefügt, so dass ein Fertigteilsystem im Fertigteilgebäude entstand, welches jedoch aus einem nachwachsenden Rohstoff besteht, autark und reversibel ist.
Begründung durch die Jury
Die Jury bezeichnete die Sanierung als „ein mustergültiges Konzept, das anderen Umnutzungsvorhaben zum Vorbild dienen sollte” und lobte die „außergewöhnliche Qualität und Stimmigkeit des Gesamtkonzeptes, den originellen typologischen Wandel des Gebäudes sowie die konsequent auf Nachhaltigkeit bedachte Bauweise”. Weiterhin wurde der teilweise Erhalt der ursprünglichen Funktion besonders hervorgehoben.
siehe auch für zusätzliche Informationen:
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siehe zudem:
- Betonbau, Beton und Industrieboden/Bodenbeschichtung auf Baulinks
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