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BMI Fachbeitrag zum Regenwassermanagement auf Gründächern

(21.10.2024) Vor allem in Ballungsräumen wird dringend mehr Wohnraum benötigt, was jedoch auch zu einer höheren Versieglung von natürlichen Flächen führt. Dort versickert das Wasser nur sehr langsam, belastet die Kanalisation und lässt Flüsse im Zweifelsfall überlaufen. Um das abzumildern, müssten alle bebauten Flächen entsiegelt werden. So z.B. über Regenwasserretention, welche im Vorfeld eingebaut werden, um möglichst viel anfallendes Regen- bzw. Oberflächenwasser vor Ort aufzunehmen und zu speichern, anstatt es zu kanalisieren und abzuleiten – auf kommunaler Ebene als „Schwammstadt”, auf individueller Ebene mit einer „Dachbegrünung”.

Gründach – Ausgleichsfläche für Wasserretention: Dachgrün im Dienste des Regenwassermanagements. (Bild: BMI) 

Gründach

Immer mehr Kommunen erlassen Bauordnungen, die bei Neubauten, manchmal auch bei der Sanierung im Bestand, ab einer bestimmten Dachfläche eine Begrünungspflicht für Dächer vorsehen. Das geschieht bereits in Berlin, Hamburg, München, Frankfurt, Leipzig und Köln. Es sind ökologische und soziale Vorteile, die mit dieser Entscheidung einhergehen, denn Dachbegrünungen sorgen für ein verbessertes Klima sowohl unter als auch über dem Dach.

Die Wirkung der Wärmedämmung wird über die kalten Monate hinweg unter der Abdichtung ergänzt und trägt so zum Schutz des Makroklimas bei. Im Sommer dagegen bremsen die Grünpflanzen das Aufheizen des Daches und entlastet die Kühlung des Gebäudes. Zudem schaffen Gründächer neue Lebensräume für Pflanzen und Tiere, sodass sie zur Erhöhung der Biodiversität beitragen. Daneben können begrünte Dächer den Schallschutz verbessern. Sie erhöhen den Wohnwert und tragen zur Werterhaltung des Gebäudes bei, da sie die Dachabdichtung vor UV-Belastung, Pfützen- und Krustenbildung, Hagelschlag und Windsog schützen. Gleichzeitig filtern Gründächer Schadstoffe aus der Luft und produzieren Sauerstoff, was die Luftqualität verbessert. 

Ein weiterer Vorteil von Dachbegrünungen ist, dass der Abfluss von Oberflächenwasser gebremst wird und dieses Wasser im Gründachaufbau gespeichert wird, die Pflanzen versorgt und langsam verdunstet und verzögert in den Abfluss gelangt. Das hat gerade in den Bundesländern einen ökologischen, wie auch ökonomischen Vorteil, in denen eine Niederschlagswassergebühr für die Entsorgung von Regenwasser verlangt wird, das über bebaute oder versiegelte Flächen in die Kanalisation gelangt. Dies gilt für die getrennte Führung von Regenwasser und Abwasser wie auch die überkommene Mischkanalisation. Und gerade bei vermehrten Starkregenereignissen ist es wichtig, dass der oberflächliche Abfluss und damit die Hochwassergefahr sinken. 

Fakten zur Versiegelung

Unter Beton oder Asphalt geht Lebensraum verloren. Etwa 46% der Siedlungs- und Verkehrsflächen sind versiegelt, das heißt bebaut, betoniert, asphaltiert, gepflastert oder anderweitig befestigt. Derzeit liegt die tägliche Umwandlung von unbebautem Boden in bebaute oder anderweitig genutzte Flächen in Deutschland bei circa 66 ha/d. Das sind umgerechnet knapp 10 Fußballplätze täglich, Sonn- und Feiertage mit eingerechnet. Zwar zeigt sich in den letzten Jahren eine leicht abnehmende Tendenz. Aber 66 ha/d sind weit vom Ziel der Bundesregierung entfernt, den Verbrauch bis 2030 auf weniger als 30 ha/d zu senken.

Dieser „Flächenfraß” hat besonders in Ballungsräumen Konsequenzen: hier entsteht durch die vermehrte Versiegelung ein Stadtklima mit erhöhten Lufttemperaturen im Vergleich zu Wäldern oder auch sogenannten „grünen Oasen” und das zusätzlich zum stetigen klimawandelbedingten Temperaturanstieg.

Flachdachsiedlung mit Gründächern – Bauen und damit Naturflächen versiegeln? Oder der Natur zuliebe aufs Bauen verzichten? Keine gute Alternative! Die bessere Lösung: Bauen – und die Natur einfach eine oder mehrere Etagen höher heben. (Bild: BMI) 

Weniger Wasser – weniger Kosten 

Durch ihre Anspruchslosigkeit und sehr viel leichter zu erfüllenden statischen Voraussetzungen, werden die meisten Dachbegrünungen auf Flachdächern extensiv ausgeführt. Hierzu werden Systeme von Herstellern wie BMI angeboten, die eine durchwurzelfeste Abdichtung als Grundlage haben, auf der Trenn- und Schutzvlies und darüber eine Dränagelage aufgebracht wird. Darauf kommt die Vegetationstragschicht aus Substrat (einem überwiegend mineralischen Schüttstoff) oder eine Wachstumsmatte aus Steinwolle und eine Bepflanzung aus Kräutern, Gräsern, Moosen sowie verschiedenen Sedumarten wie Mauerpfeffer oder Fetthennen. Der Vorteil: sie brauchen keine Bewässerung und erhalten sich überwiegend selbst. 

Diese extensiv begrünten Dächer haben ein sehr geringes Gewicht von ca. 0,6 bis 0,8 kN/m² und können so viel Wasser aufnehmen, dass sie wassergesättigt auf 1 m² von ca. 90 kg kommen – eine Wasserspeicherkapazität von rund 30 Litern Regenwasser pro m², die dadurch nicht in der Kanalisation landen. Intensiv begrünte Dächer setzen eine erhöhte Tragfähigkeit der Konstruktion voraus, die für die zusätzliche Dachlast einer Begrünung ausreicht. Hier muss ein Statiker „grünes Licht” geben.  Denn intensiv begrünte Dächer sind regelrechte Dachgärten oder Dachparks, worauf prinzipiell alles wachsen kann: von Gräsern, Blumen und Sträuchern, bis hin zu Kleinbäumen. Hier ist neben der ausreichenden statischen Grundlage eine ausreichend dicke Vegetationstragschicht erforderlich. Die Aufbauhöhe einer Intensivbegrünung liegt meistens über 25 cm, die statisch zu berücksichtigende Last über 3,0 kN/m². Dazu kommt eine individuell unterschiedliche Wasserretention, die ebenfalls deutlich höher liegt als bei extensiv begrünten Dächern.

Gründachaufbau mit Trenn- und Schutzvlies, Drän- und Wasserspeicherelement, Extensivsubstrat und Vegetationsmatte Sedum-Mix. (Bild: BMI) 

Eine Muster-Entwässerungsplanung der BMI Anwendungstechnik am Beispiel einer begrünten und nicht begrünten Flachdachfläche von 500 m² (Sicherheitsfaktor normal 1,0) macht den Vorteil des Wasserrückhalts und um welche Wassermengen es geht, deutlich. Die Berechnung der Dach- und Notentwässerung (für „Jahrhundertregen”) erfolgte nach DIN 1986-100 (Stand Dezember 2016) und DIN EN 12056-3 (Stand Januar 2001) sowie KOSTRA DWD 2010 R (Rasterdaten des Deutschen Wetterdienstes zu Niederschlagshöhen und –spenden in Abhängigkeit von der Niederschlagsdauer D und der Jährlichkeit T (Wiederkehrintervall).

Folgende Regenmengen wurden am angenommenen Standort Oberursel zugrunde gelegt:

  • 422 l/s/ha Bemessungsregen r(5,5) [Kostra DWD 2020+11%]
  • 787 l/s/ha Jahrhundertregen r(5,100) [Kostra DWD 2020+14%]

Bei einer extensiven Begrünung mit einem klassischen Extensivgründach mit Drän- und Wasserspeicherelement FKD 20R, Vegetationsmatte Sedum-Mix und einer Aufbauhöhe von ca. 11 cm bei einem Gefälle von ≤ 5° geht die Berechnung von folgenden Werten aus:

  • Cs = 0,4 (Spitzenabflussbeiwert)
  • Wasserrückhalt: 50-60%
  • Wasserspeicherkapazität: 38 Liter/m²

Die maximale Wasserstandshöhe ist mit h 35 mm angesetzt.

Gründächer – Wohnen in der Stadt und zugleich im Grünen: Auf Dächern lassen sich auch bei verdichtetem Bauen „blühende Landschaften“ schaffen. (Bild: BMI) 

Entwässerungsplanung Gründach

Empfohlen wird ein Edelstahl-Entwässerungssystem mit einer Standardentwässerung durch einen Attikaablauf mit Aufstockelement im Durchmesser DN 110 sowie eine Notentwässerung – durch zwei Power-Attikaabläufe mit Aufstockelement im Durchmesser DN 110 und mit einem 35 mm hohen Anstauring bei Nutzung eines Fallrohrs, ohne Fallrohr durch 5 Power-Attikaabläufe gleicher Bauart.

  • Entwässerungsleistung Q Ist = 11,30 l/s (mit einem Attikaablauf)
  • erforderliche Entwässerungsleistung Q Soll = 8,44 l/s
  • Resultat: Q Ist >= Q Soll -> Die Entwässerung ist ausreichend dimensioniert.
  • Notentwässerungsleistung Q Ist = 32,40 l/s (mit Fallrohr und zwei Power-Attikaabläufen)
  • Erforderliche Notentwässerungsleistung Q Soll = 30,91 l/s
  • Resultat: Q Ist >= Q Soll -> Die Notentwässerung ist ausreichend dimensioniert.
  • Notentwässerungsleistung Q Ist = 36,50 l/s (ohne Fallrohr, mit fünf Power-Attika-Abläufen)
  • Erforderliche Notentwässerungsleistung Q Soll = 30,91 l/s
  • Resultat: Q Ist >= Q Soll -> Die Notentwässerung ist ausreichend dimensioniert.

Entwässerungsplan unbegrüntes Dach

Empfohlen wird ein Edelstahl-Entwässerungssystem mit einer Standardentwässerung durch zwei Attikaabläufe mit Aufstockelement im Durchmesser DN 110 sowie eine Notentwässerung – durch zwei Power-Attikaabläufe mit Aufstockelement im Durchmesser DN 110 und mit einem 35 mm hohen Anstauring bei Nutzung eines Fallrohrs, ohne Fallrohr durch drei Power-Attikaabläufe gleicher Bauart.

  • Entwässerungsleistung Q Ist = 22,60 l/s (mit zwei Attikaabläufen)
  • Erforderliche Entwässerungsleistung Q Soll = 21,10 l/s
  • Resultat: Q Ist >= Q Soll -> Die Entwässerung ist ausreichend dimensioniert.
  • Notentwässerungsleistung Q Ist = 32,40 l/s (mit Fallrohr und zwei Power-Attikaabläufen)
  • Erforderliche Notentwässerungsleistung Q Soll = 18,25 l/s
  • Resultat: Q Ist >= Q Soll -> Die Notentwässerung ist ausreichend dimensioniert.
  • Notentwässerungsleistung Q Ist = 21,90 l/s (ohne Fallrohr, mit drei Power-Attikaabläufen)
  • Erforderliche Notentwässerungsleistung Q Soll= 18,25 l/s
  • Resultat: Q Ist >= Q Soll -> Die Notentwässerung ist ausreichend dimensioniert.

Beim gewählten Beispiel zeigt sich, dass eine Reduktion des anfallenden Abwassers durch den Begrünungsaufbau um 60% möglich ist und sich die erforderliche Entwässerungsleistung der Hauptentwässerung von 21,10 auf 8,44 l/s verringert. Somit mindert die Retention von Gründächern die Belastung der öffentlichen Abwasserkanäle deutlich.

siehe auch für zusätzliche Informationen:

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