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Raycap: Die Bedeutung der 0,5-Meter-Regel im Überspannungsschutz

(23.9.2024) Der Abstand zwischen einem Überspannungsschutzgerät und dem zu schützenden Betriebsmittel sollte keinesfalls größer als 0,5 m sein. Ralf Güthoff, General Manager Blitz- und Überspannungsschutz bei Raycap, erläutert, ob die 0,5-Meter-Regel zwingend eingehalten werden muss, welche weiteren Möglichkeiten es für einen wirksamen Überspannungsschutz gibt und welche Besonderheiten dabei zu beachten sind.

Ralf Güthoff (Bild: Raycap) 

Surge Protective Devices

Überspannungsschutzgeräte (Surge Protective Devices, SPDs) schützen zuverlässig vor transienten Überspannungen, die durch energiereiche atmosphärische Entladungen wie Blitzströme entstehen, und leiten diese in die Erde ab. Zusätzlich wird die auftretende Spannung auf einen maximal zulässigen Wert begrenzt.

Die Norm DIN VDE 0100-534 definiert die Anforderungen an den Schutzpegel (Up). Auch die Auswahl und Installation von SPDs in Niederspannungsanlagen werden in der Norm definiert. Darüber hinaus werden verschiedene Arten von SPDs detailliert beschrieben. Zu diesen zählen:

  • Blitzstrom-Ableiter (Typ 1): schützt vor direkten Blitzeinschlägen und leitet den Strom ab
  • Überspannungsschutz (Typ 2): schützt vor Überspannungen, die aus Schalthandlungen oder atmosphärischen Einflüssen resultieren
  • Endgeräteschutz (Typ 3): bietet zusätzlichen Schutz auf der Ebene der Endgeräte und eignet sich für den Einbau in Dosen und Kabelkanälen

0,5-Meter-Regel

Für einen optimalen Überspannungsschutz ist der Abstand zwischen dem SPD und dem zu schützenden Betriebsmittel von entscheidender Bedeutung. Ein kurzer Abstand minimiert die Leitungsimpedanz und stellt sicher, dass die Überspannung schnell und effizient zum SPD abgeleitet wird. Andernfalls besteht die Gefahr des Durchschlagens an den Isolationen oder der Zerstörung von Elektronikbauteilen im Stromkreis. In diesem Zusammenhang hat sich die „0,5-Meter-Regel” bewährt: Danach sollte der Abstand vom Abgang der Zuleitung über das SPD zum Potentialausgleich nicht mehr als 0,5 m betragen (siehe Abbildung).

Aufsummierung der Strecke von der Zuleitung L zum Potenzialausgleich PE. (Bild: Raycap) 

Die genaue Berechnung beschreibt die Norm DIN VDE 0100-534. Hierbei muss die jeweilige Überspannungskategorie der elektronischen Geräte berücksichtigt werden. Zu ihrem Schutz müssen transiente Überspannungen auf ein ausreichend niedriges Niveau begrenzt werden, so dass ihr Scheitelwert die jeweilige Bemessungs-Stoßspannung nicht überschreitet.

Verschiedene Überspannungskategorien

In der Praxis existieren vier verschiedene Überspannungskategorien: 

  • Kategorie I: Bemessungsstoßspannung max. 1.500 Volt; umfasst Endgeräte, die über ein Netzteil direkt an die Steckdose angeschlossen werden (z.B. Laptops, Router, Fernsehgeräte)
  • Kategorie II: Bemessungsstoßspannung max. 2.500 Volt; umfasst feststehende Geräte mit Steckern (z.B. Fotokopierer, Küchengeräte, tragbare Werkzeuge) 
  • Kategorie III: Bemessungsstoßspannung max. 4.000 Volt; umfasst Betriebsmittel mit fester Installation sowie Geräte, die eine hohe Zuverlässigkeit erfordern (z.B. Motoren, Maschinen, Hausverteilerschränke und deren Komponenten) 
  • Kategorie IV: Bemessungsstoßspannung max. 6.000 Volt; umfasst Betriebsmittel für den Einsatz am Einspeisepunkt in die Niederspannungs-Infrastruktur (z.B. große Hauptschalter oder Wandlerschränke)

Für alle Überspannungskategorien gilt, dass SPDs einen möglichst niedrigen Schutzpegel aufweisen sollten. Ein entsprechend niedriger Schutzpegel ist jedoch insbesondere bei älteren SPDs häufig nicht gegeben. Bei einem längeren Leitungsweg würde das SPD im Überspannungsfall möglicherweise nicht auslösen, was unweigerlich zu einer Beschädigung der Anlage führt. 

Rechenbeispiel: Es wird von einer Beispielanlage mit einer Bemessungsstoßspannungsfestigkeit von 4 kV und einem Leitungsweg von 2 m ausgegangen.

Da eine Kupferleitung von 1 m Länge bei einem Impulsstrom von 10 kA (8/20 µs) einen Spannungsabfall von 1 kV erzeugt, beträgt der Spannungsabfall entsprechend 2 kV. Der SPD hat einen Up von 2,5 kV. Die Addition von Leitungsweg (2 kV) und Up (2,5 kV) ergibt 4,5 kV. 

Setzt man dies in Relation zur Bemessungsstoßspannungsfestigkeit der Anlage, so zeigt sich, dass die Spannung höher ist als die Stoßspannungsfestigkeit der Anlage und somit die Gefahr einer Beschädigung besteht bzw. das SPD im Überspannungsfall nicht auslösen würde. Wenn der maximale Abstand von 0,5 m nicht eingehalten werden kann, sollten daher andere Lösungen gefunden werden.

Weitere Möglichkeiten des Überspannungsschutzes

Nach DIN VDE 0100-534 besteht eine Möglichkeit darin, ein weiteres SPD möglichst nahe am zu schützenden Endgerät zu installieren. Damit wird ein abgestuftes Schutzsystem über alle drei SPD-Typen bis hin zum Endgeräteschutz aufgebaut. Mit dieser Vorgehensweise können elektrische Betriebsmittel auch zuverlässig gegen Quereinspeisungen geschützt werden. Als weitere Lösung kann der Abzweig zum Überspannungsschutz auf ein Minimum reduziert werden, was durch eine V-Verdrahtung am SPD erreicht wird (siehe Abbildung). 

V-Verdrahtung am SPD (Bild: Raycap) 

Dazu kann z.B. ein Doppelanschluss am Überspannungsschutz verwendet werden. Ein solcher ist insbesondere bei älteren Generationen von Typ 1 Geräten zu finden, wenn diese über 2 Teilungseinheiten verfügen. Hierbei ist auf die Dauerstrombelastung am SPD zu achten. Eine dritte Lösung ist die Verwendung einer zusätzlichen Steckverbindung.

Die beste Lösung ist jedoch die direkte Montage auf der Sammelschiene, z.B. auf einem 40 mm Sammelschienensystem. Die Überspannungsschutzlösungen ProTec ZPN und ZPS von Raycap sind einfach zu montieren. Auch ist die direkte Montage auf einer 60-mm-Sammelschiene möglich. Diese Geräte ersparen den Weg zum SPD, da sie direkt auf die Sammelschiene montiert werden. Dadurch entfällt die Stichleitung.

40-mm- und 60-mm-Überspannungsschutz-Produkte mit direkter Kontaktierung auf der Stromschiene (Bild: Raycap) 

Da die ProTec 40 und 60 sowie die Strikesorb-Serie von Raycap direkt auf der Sammelschiene kontaktiert werden, müssen der Dauerstrom über das Gerät und die Leitungslänge nicht mehr berücksichtigt werden. Dies ist bei häufigem Einsatz von Vorteil und erleichtert die Kalkulation des Schutzpegels.

Eine weitere Möglichkeit zur Reduzierung des Schutzpegels ist die Verlegung des Potentialausgleichs zum Schutzelement. Diese Variante bietet sich insbesondere beim Bau großer Schaltanlagen an, da die Potentialausgleichsschiene meist direkt am Sockel des Schaltschranks angebracht ist. Es ist auch möglich, die Rückwand einer geerdeten Schaltanlage zu verwenden. In diesem Fall dürfen jedoch keine Nieten zum Anschluss des PE-Leiters verwendet werden, da diese keine dauerhafte Blitzstromtragfähigkeit gewährleisten.

Weitere Informationen können per E-Mail an Raycap GmbH angefordert werden.

siehe auch für zusätzliche Informationen:

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