Deutscher Fliesenmarkt konnte 2019 kaum von der Baukonjunktur profitieren
(1.6.2020) Die 2010er Jahre haben Deutschland lange positive konjunkturelle Rahmenbedingungen beschert - eine Entwicklung, die sich allerdings seit 2018 abkühlt. Im vergangenen Jahr wurde die Entwicklung der Gesamtkonjunktur zum Jahresbeginn auf +1% geschätzt; real schloss 2019 dann mit einem geringen Anstieg des BIP von +0,6 % ab.
Die Baukonjunktur 2019 in Deutschland entwickelte sich allerdings im Vergleich zur annähernd stagnierenden Gesamtwirtschaft ausgesprochen gut:
- Im Hochbau legte der baugewerbliche Umsatz insgesamt um 6,7% zu.
- Im Wohnungsbau konnten größere Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitern deutlich mehr profitieren als kleinere. Der Zuwachs am baugewerblichen Umsatz lag hier bei 9,9%.
- Der baugewerbliche Umsatzanstieg aller Unternehmen betrug hingegen 5,1%.
- Auch mit dem Zuwachs bei den Auftragseingängen von ca. 10% zeigte sich die Bauwirtschaft sehr zufrieden.
- Sogar die Anzahl der erteilten Baugenehmigungen nahm 2019 im Vergleich zu den Vorjahren zu - z.B. im Hochbau insgesamt um 3,8% (Vorjahr -0,2%). Im Wohnungsbau lagen die Baugenehmigungen 2,8% über den Vorjahren (+0,7%; -5,0%), im öffentlichen Bau sogar 20,5%.
Von diesem deutschlandweiten Trend konnte die Fliese bedauerlicherweise kaum profitieren: Trotz der guten Nachfrage lag der Absatz keramischer Fliesen 2019 ungefähr auf Vorjahresniveau. Im Vergleich zu 2018 konnten die Hersteller 2019 in Deutschland ihre Produktion nur um 1,1 % auf 45,7 Mio. m² steigern.
Die Importe lagen mit insgesamt ca. 103,4 Mio. m² in etwa auf Vorjahresniveau. Wie im Vorjahr zeigen die statistischen Daten für 2019 eine sehr unterschiedliche Entwicklung für die einzelnen Importnationen. Besonders stark haben die Importe aus der Türkei (ca. +30%) und neuerdings aus Indien (ca. +390%) zugelegt. Italien konnte gegenüber dem Vorjahr den Absatz stabilisieren (+1,1 %), während Spanien mit -8,6% spürbar an Absatz eingebüßt hat:
Die Erlösspanne lag in 2019 zwischen 5,53 bis 13,98 Euro/m², im Durchschnitt über alle Produktgattungen lag der Quadratmeterpreis bei 10,92 Euro.
Die Ausfuhren aus Deutschland betrugen 2019 rund 26,7 Mio. m² - wobei die statistischen Zahlen die Exporte aus deutscher Produktion sowie die Durchgangsimporte aus dem Ausland umfassen. Den Absatz im Export führten 2019 unverändert Ausfuhren in die Niederlande sowie nach Österreich und die Schweiz an. Dabei erzielten die deutschen Hersteller einen durchschnittlichen Exporterlös von 13,88 Euro/m².
Fliesenmarkt 2020 schwierig und nicht absehbar
2020 hatte vielversprechend begonnen. Gutes Wetter, großes Interesse an keramischen Fliesen, eine gute Auftragslage im Handwerk und am Bau ließen eine Stabilisierung des Fliesenmarktes in Deutschland erwarten. Seit März beeinflusst nun aber die Corona-/COVID19-Krise die wirtschaftliche Entwicklung und damit auch das Baugeschehen maßgeblich und negativ. Eine belastbare Prognose der weiteren Marktentwicklung ist derzeit kaum möglich.
Positiv ist zu bewerten, dass - anders als in vielen europäischen Ländern - die Bautätigkeit in Deutschland nicht eingeschränkt wurde. So ist im Handwerk die Stimmung überwiegend gelassen, bereits begonnene und beauftragte Arbeiten werden, wo immer möglich, zu Ende geführt. Dementsprechend ist eine große Anzahl von aktiven Baustellen zu beobachten.
Die deutschen Hersteller im Bausektor haben ihren Teil dazu beigetragen, die Bautätigkeit weiterhin zu ermöglichen: „Auch die deutschen Fliesen-, Bauchemie- und Zubehörproduzenten haben mit hohem Aufwand und umfangreichen Maßnahmen dafür Sorge getragen, Infektionsrisiken im Betrieb zu minimieren, um produktions- und lieferfähig zu bleiben. So sicherten die heimischen Produzenten die Wertschöpfungskette für die Fliesenverlegung“, konstatiert Peter Wilson, Vorsitzender des Bundesverbands Keramische Fliesen (BKF) und Geschäftsführer der Steuler Fliesen GmbH.
Zwar wurde durch die vorübergehende Schließung der Verkaufsgeschäfte und Ausstellungen das Verkaufsgeschehen (sprich: der Fliesenfachhandel) belastet. Allerdings berichten nach wie vor viele Verlegebetriebe von einer annähernd „normalen“ Geschäfts- und Verlegetätigkeit. Generell ist gleichwohl festzustellen, dass eine zunehmende Anzahl von Bauunternehmen Kurzarbeit beantragt hat bzw. beantragt. Ihnen fehlen oft aufgrund der Reisebeschränkungen Arbeitskräfte aus dem Ausland.
„Die Baubranche zeigt sich trotz zahlreicher, Corona-bedingter Widrigkeiten erstaunlich robust und trägt aktuell einen beachtlichen Teil zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftsleistung in Deutschland bei. Dennoch erwarten wir für 2020 einen sinkenden Fliesenabsatz - und zwar nicht nur in Deutschland, sondern weltweit. Darauf werden die Unternehmen ihrerseits mit einer entsprechenden Reduzierung der Produktion reagieren müssen“, kommentiert Herr Wilson die aktuelle Situation für die inländische Fliesenproduktion.
Darüber hinaus will sich die organisierte Gemeinschaft der deutschen Fliesenhersteller „mit Nachdruck dafür einsetzen wird, dass die Politik den Fliesensektor ebenso unterstützt wie andere betroffene Wirtschaftsbereiche“ - verspricht Herr Wilson in seiner Funktion als Verbandsvorsitzender. Insofern zeigt sich der BKF-Vorsitzende trotz der derzeitigen Einschränkungen zuversichtlich: „Die Corona-Zeit ist schwierig - und zwar für alle. Die derzeitige Lage erfordert besondere Maßnahmen und ein partnerschaftliches Zusammenwirken aller Branchenbeteiligten. Mit der Bündelung der gemeinsamen Ressourcen, davon sind die Mitgliedsunternehmen überzeugt, können die Folgen der COVID19-Pandemie überwunden werden.“
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siehe zudem:
- Fliesen und Fliesenverlegung im Innenausbau-Magazin auf Baulinks
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