Pfandbriefbanken sehen sich für Bewältigung der COVID-19-Krise gerüstet
(26.4.2020) Die deutschen Pfandbriefbanken konzentrieren sich nach einem erfolgreichen Geschäftsjahr 2019 aktuell insbesondere darauf, die Auswirkungen der COVID-19-Krise zu bewältigen: „Den Pfandbriefbanken geht es um pragmatische Lösungen im Einzelfall und eine stabile Kreditversorgung in der Volkswirtschaft. Der Fokus liegt zugleich auf der Sicherung der eigenen Liquidität und Handlungsfähigkeit“, erklärte jetzt Dr. Louis Hagen, Präsident des Verbands deutscher Pfandbriefbanken (vdp), auf der Jahrespressekonferenz des vdp.
Die Pfandbriefbanken bleiben demnach grundsätzlich finanzierungsbereit und wollen darüber hinaus einen Beitrag für die rasche Wirksamkeit der staatlichen Unterstützungsmaßnahmen leisten. In welchem Ausmaß die für die Pfandbriefbanken besonders relevanten Sektoren und insbesondere die Immobilienmärkte betroffen sein könnten, sei derzeit allerdings noch nicht seriös abschätzbar. Für die Zukunft des Pfandbriefs, der 2019 sein 250-jähriges Jubiläum gefeiert hatte, zeigte sich Dr. Hagen zuversichtlich: „Der Pfandbrief hat sich in der Vergangenheit stets als stabil und krisenfest erwiesen und wird sich auch in dieser Krise bewähren.“
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Auswirkungen der Corona-/COVID-19-Krise
Immobilienfinanzierende Banken präsentieren sich mit ihrem spezifischen Geschäft auch in der derzeitigen Lage robust: „Die aktuelle Liquiditätssituation der Institute ist trotz zunehmender Stundungen von Schuldendienst auf kurze und mittlere Sicht auskömmlich. Überdies ist die Beschaffung auch langfristiger Liquidität über den Pfandbrief jederzeit möglich“, versprach der vdp-Präsident und betonte. „Der Pfandbriefmarkt ist und bleibt für seine Emittenten funktionsfähig.“
Effekte auf Immobilienmarkt und -finanzierung noch unklar
Die Unsicherheit über die mittelbaren und unmittelbaren Auswirkungen der COVID-19-Krise auf die Immobilienmärkte ist spürbar. Aus Sicht des vdp ist aufgrund der sich aus der Krise ergebenden Einkommens- und Vermögenseffekte auf Seiten der Haushalte und Investoren eine temporäre Dämpfung der Immobiliennachfrage möglich. Zudem dürfte die betriebswirtschaftliche Tragfähigkeit von Immobilienprojekten zukünftig stärker überprüft werden. Preisrückgänge seien derzeit noch nicht zu beobachten, könnten aber für die Zukunft nicht ausgeschlossen werden.
Für die immobilienfinanzierenden Banken wirkten sich Mietausfälle und Stundungen von Schuldendienst belastend aus. In der gewerblichen Immobilienfinanzierung laufe das Neugeschäft derzeit vornehmlich über das bereits vor der Krise angebahnte Geschäft, wobei es selektiv auch weiterhin echtes Neugeschäft gebe. Neugeschäft in der privaten Immobilienfinanzierung werde aktuell auf etwas geringerer Basis abgeschlossen.
Plädoyer gegen zinsfreie Stundung
Die Pfandbriefbanken bewerten die bisher eingeleiteten Maßnahmen der Politik und der Aufsichtsbehörden zur Krisenbewältigung als grundsätzlich positiv - wobei Bedenken bezüglich der Wirkung einzelner Maßnahmen auf das Bestandsgeschäft der Institute geäußert werden: Die COVID-19-Krise sei eine Sondersituation, die aus Sicht des vdp nun weitere entlastende aufsichtliche Maßnahmen erfordere, um Banken die Erfüllung ihrer volkswirtschaftlichen Aufgaben zu ermöglichen. So befürwortet der vdp beispielsweise die dreimonatige Stundung von Verbraucherdarlehen - plädiert aber nachdrücklich dafür, Darlehen im Stundungszeitraum nicht zinsfrei zur Verfügung zu stellen. Zudem wendet sich der Verband entschieden gegen eine Verlängerung des Stundungszeitraums und eine Ausweitung der Stundungsmöglichkeit auf Unternehmen.
Eine bedeutende Rolle komme zudem der Europäischen Zentralbank (EZB) als Liquiditätsquelle für die Institute zu, die wie die nationalen Notenbanken des Euroraumes nun die Anforderungen an Sicherheiten weiter reduzieren sollte, um den europäischen Kreditinstituten so einen leichteren Zugang zu EZB-Liquidität zu ermöglichen.
Entwicklung Pfandbriefgeschäft 2019
2019 wurden Pfandbriefe im Volumen von 55,0 Mrd. Euro emittiert, ein Zuwachs von 9,1% im Vergleich zum Vorjahr (2018: 50,4). Dabei stellten Hypothekenpfandbriefe mit 42,0 Mrd. Euro (2018: 43,2) weiterhin die mit Abstand bedeutendste Pfandbriefgattung dar, gefolgt von ...
- Öffentlichen Pfandbriefen mit 11,2 Mrd. Euro (2018: 7,2) und
- Schiffspfandbriefen mit 1,8 Mrd. Euro (2018: 0,0).
Die weiter zunehmende Bedeutung des Hypothekenpfandbriefs zeigt sich in der Entwicklung des Pfandbriefumlaufs: Mit 239,6 Mrd. Euro (2018: 233,7) stieg 2019 das Volumen umlaufender Hypothekenpfandbriefe erneut. Ihr Anteil am Gesamtumlauf ausstehender Pfandbriefe erhöhte sich auf 65,8% (2018: 63,3). Aufgrund des weiter rückläufigen Volumens Öffentlicher Pfandbriefe reduzierte sich der Pfandbriefumlauf im Jahr 2019 leicht auf insgesamt 364,1 Mrd. Euro (2018: 369,1).
Entwicklung Immobilienfinanzierungsgeschäft 2019
2019 setzte sich die gute Wirtschaftsentwicklung fort. Hiervon profitierte die Immobilienwirtschaft genauso wie vom anhaltenden Niedrigzinsumfeld. Diese Rahmenbedingungen wirkten sich auch auf das Immobilienfinanzierungsgeschäft positiv aus: Die vdp-Mitgliedsinstitute sagten im vergangenen Jahr Immobilienkredite in Höhe von 167,1 Mrd. Euro zu und erreichten damit das Vorjahresniveau (2018: 167,4). Dabei entwickelten sich die beiden Assetklassen durchaus unterschiedlich:
- Während das Neugeschäft bei Gewerbeimmobilienfinanzierungen um 5,8% auf 69,3 Mrd. Euro zurückging (2018: 73,6),
- steigerten die Pfandbriefbanken die Zusagen für Wohnimmobilienfinanzierungen um 4,3% auf 97,8 Mrd. Euro (2018: 93,8).
Das rückläufige Neugeschäft von Gewerbeimmobiliendarlehen ist im Wesentlichen auf die abgeschwächte Entwicklung bei den Handelsimmobilien zurückzuführen. Deren Finanzierungsvolumen reduzierte sich gegenüber dem Vorjahr um 25,4% auf 15,0 Mrd. Euro (2018: 20,0). Demgegenüber weiteten die Pfandbriefbanken - mit einem Marktanteil von 55,2% die wichtigste Anbietergruppe für die Finanzierung von Gewerbeimmobilien in Deutschland - ihr Engagement insbesondere bei zwei Objektarten aus:
- bei Büroimmobilien um 5,9% auf 38,7 Mrd. Euro (2018: 36,6) und
- bei Industriegebäuden um 19,9% auf 2,2 Mrd. Euro (2018: 1,9).
Mit dem Anstieg der Darlehenszusagen für Büroimmobilien erhöhte sich 2019 auch deren Anteil am gesamten gewerblichen Darlehensvolumen nochmals deutlich auf 56% (2018: 50%).
Immobilienkreditbestand um 4,9% ausgebaut
Treiber für den Anstieg in der Wohnimmobilienfinanzierung ist die positive Entwicklung in allen Objektarten. So erhöhte sich das Finanzierungsneugeschäft ...
- bei Ein- und Zweifamilienhäusern um 2,1% auf 48,1 Mrd. Euro (2018: 47,2),
- bei Eigentumswohnungen um 6,2% auf 20,2 Mrd. Euro (2018: 19,0),
- bei Mehrfamilienhäusern um 6,0% auf 26,5 Mrd. Euro (2018: 25,0) und
- bei sonstigen wohnungswirtschaftlichen Gebäuden um 13,6% auf 3,0 Mrd. Euro (2018: 2,6).
Der Immobiliendarlehensbestand der vdp-Mitgliedsbanken nahm im Jahr 2019 auf 877,8 Mrd. Euro zu (2018: 836,5). Zu dem Anstieg um 4,9% bzw. 41,3 Mrd. Euro trugen dabei sowohl die Wohn- als auch die Gewerbeimmobilienfinanzierung mit Wachstumsraten von 5,1% bzw. 4,7% bei.
siehe auch für zusätzliche Informationen:
- Q2-Hauspreisindex im Euroraum innerhalb eines Jahres um 5,0% gestiegen (7.10.2020)
- Hypothekenzinsen im August nahe am Allzeittief (9.8.2020)
- Deutsche Hypo REECOX für Deutschland verliert zweistellig (18.5.2020)
- vdp-Immobilienpreisindex stieg Anfang 2020 um 6,3% auf historischen Höchstwert (18.5.2020)
- In den ersten zwei Monaten 4,0% mehr genehmigte Wohnungen als Anfang 2019 (28.4.2020)
- weitere Details...
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- Immobilienklima leidet am Corona-Fieber (7.4.2020)
- Bauzinsen im Corona-Modus leicht angestiegen (5.4.2020)
- Umfrage des Deutschen Städtetages zum Markt für Wohnimmobilien 2019 / 2020 (29.3.2020)
siehe zudem: