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Weltwasserbericht 2018: Wasserversorgung in Städten mit grünem Management sichern

(25.3.2018) 3,6 Mrd. Menschen und damit fast die Hälfte (47,4%) der Weltbevölkerung (7,6 Mrd.) leben in Gebieten, die mindestens einen Monat pro Jahr von Wassermangel bedroht sind. 2050 werden es Prognosen zufolge bis zu 5,7 Mrd. sein. Laut UN-Weltwasserbericht 2018 könnten aber „Naturbasierte Lösungen“ wie Wiederaufforstung, Nutzung von Feuchtgebieten und gezielte Grundwasseranreicherung eine wichtige Rolle bei der Verbesserung von Wasserversorgung und -qualität spielen. Diese Ansätze würden allerdings bisher weitestgehend ig­no­riert - so die Autoren. UNESCO-Generaldirektorin Audrey Azoulay stellte den Weltwasserbericht am 19. März beim 8. Weltwasserforum in Brasilien vor.

„Klimawandel, Bevölkerungswachstum und steigender Konsum machen deutlich: Wir brauchen neue Lösungen für die Wasserbewirtschaftung. Wenn wir so weiter machen wie bisher, werden bis 2050 mehr als fünf Milliarden Menschen unter Wassermangel leiden. Auch drohen Konflikte ums Wasser. Für eine nachhaltige Wasserbewirtschaftung brauchen wir Reformen und Innovationen. Wir müssen dabei auch natürliche und naturähnliche Prozesse viel stärker als bisher nutzen. Zwar sind die Investitionen in naturbasierte Lösungen zuletzt stark angestiegen, sie machen aber immer noch weit unter 1 Prozent der Investitionen in die Wasserbewirtschaftung aus. Das muss sich ändern“, fordert Ulla Burchardt, Vorstandsmitglied der Deutschen UNESCO-Kom­mission.

Naturbasierte Lösungen (NBS)

... sind Formen der Wasserbewirtschaftung, die von der Natur inspiriert und unterstützt sind, die natürliche Prozesse nutzen oder diese imitieren. Der Erhalt und die Renaturierung von Ökosystemen zählen genauso dazu wie die Verbesserung oder Schaffung natürlicher Abläufe in veränderten oder künstlichen Ökosystemen.

Ernteerträge in Landwirtschaft durch naturbasierte Lösungen erhöhen

Durch umweltfreundlichere Verfahren der Wasserbewirtschaftung kann Schätzungen zufolge die landwirtschaftliche Produktion weltweit um etwa 20 Prozent erhöht werden. Der Weltwasserbericht zeigt anhand von Förderprojekten für die Landwirtschaft in 57 einkommensschwachen Ländern, dass die durchschnittlichen Ernteerträge um 79% erhöht werden könnten, wenn ...

  • Wasser effizienter genutzt wird,
  • weniger Pestizide zum Einsatz kommen und
  • die Bodenbedeckung verbessert wird.

Im indischen Bundesstaat Rajasthan stieg nach einer schweren Dürre 1986 etwa durch gezielte Wiederaufforstung und Bodenbearbeitung der Grundwasserspiegel um mehrere Meter. Auch verbesserte sich die landwirtschaftliche Produktivität.

Wasserversorgung in Städten mit grünem Management sichern

Auch in Städten bieten naturbasierte Lösungen Chancen. Die vielleicht bekanntesten Beispiele sind bewachsene Wände und Dachgärten. Besonderes Potenzial haben aber gerade Wasserrückhaltebecken zur Grundwasseranreicherung und der Schutz von Wassereinzugsgebieten für eine effiziente Wasserversorgung.

Die Stadt New York etwa schützt seit den späten 1990er Jahren ihre drei größten Wassereinzugsgebiete, ähnlich wie es die Stadtwerke München im Mangfall- und Loisachtal tun. New York spart so jährlich mehr als 300 Mio. US-Dollar bei der Wasseraufbereitung. Auch China setzt auf naturbasierte Lösungen: Bis 2020 sollen 16 Städte ihre Böden und Feuchtgebiete so bewirtschaften, dass sie 70% des Regens speichern und somit die Wasserversorgung der Städte unterstützen.

Feuchtgebiete als Schlüssel für Wasserqualität

Nur 2,6% des Planeten sind Feuchtgebiete, doch für den Wasserkreislauf spielen sie eine überragende Rolle. Sie filtern zum Beispiel Giftstoffe und verbessern damit die Wasserqualität. Laut Weltwasserbericht können Feuchtgebiete 20 bis 60% der im Wasser gelösten Metalle und 80 bis 90% der Sinkstoffe filtern und binden. Einzelne Länder, wie etwa die Ukraine, haben deshalb bereits neue künstliche Feuchtgebiete für die Vorbehandlung von Industrieabwasser geschaffen. Die Leistungsfähigkeit von Feuchtgebieten ist jedoch begrenzt. Sie müssen sehr gezielt genutzt werden, um eine dauerhafte Schädigung der Gebiete zu vermeiden.

Risiken von Naturkatastrophen mindern

Durch naturbasierte Lösungen lassen sich nach Ansicht vieler Wissenschaftler auch die Folgen von Naturkatastrophen wie etwa Überschwemmungen mindern. Aktuell sind 1,2 Mrd. Menschen von Überschwemmungen bedroht. Prognosen zufolge werden es 2050 rund 1,6 Mrd. sein. Auch hier seien u.a. Feuchtgebiete sinnvoll, um als natürliche Barrieren zu wirken, Regenwasser zu speichern und die Bodenerosion zu mindern. Einige Länder nutzen Feuchtgebiete bereits gezielt für den Katastrophenschutz:

  • Die Trockenlegung von Feuchtgebieten im Mississippi-Delta hatte beispielsweise die Zerstörungskraft von Hurrikan Katrina 2005 erhöht. Im Anschluss an die Naturkatastrophe haben die Verantwortlichen deshalb eine neue Behörde für Küstenschutz und Feuchtgebietssanierung eingerichtet.
  • Auch Chile hat nach einem Tsunami 2010 das Augenmerk auf Küstenfeuchtgebiete zum Katastrophenschutz gerichtet.

Schädigung von Ökosystemen hat verheerende Folgen

Die zunehmende Schädigung von Ökosystemen zählt zu den wichtigsten Ursachen für zunehmende Probleme bei der Wasserbewirtschaftung. Etwa 30% der weltweiten Landfläche sind bewaldet. Doch mindestens zwei Drittel dieser Wälder sind mittlerweile in einem degradierten Zustand. Auch ein Großteil der Böden weltweit, besonders landwirtschaftlich genutzte, ist in schlechtem Zustand. Seit 1900 sind 64 bis 71% der natürlichen Feuchtgebiete weltweit durch das Wirken des Menschen verloren gegangen. Folgen der Schädigung von Ökosystemen sind höhere Verdunstungsraten, geringere Bodenwasserspeicherung und vermehrter Oberflächenabfluss bei gleichzeitig zunehmender Erosion. Die Autoren des Weltwasserberichts warnen vor weiteren Schädigungen von Ökosystemen.

Forderung nach gezieltem Einsatz von naturbasierten Lösungen

Naturbasierte Lösungen werden heutzutage deutlich zu wenig eingesetzt. Um der wachsenden Nachfrage nach Wasser gerecht zu werden, fordern die Autoren des Weltwasserberichts jetzt, „grüne Infrastruktur“ viel stärker zu nutzen, in Ergänzung zu konventionellen, gebauten Infrastrukturelementen der Wasserbewirtschaftung. Notwendig sind dafür laut Autoren eine Neuausrichtung der Finanzierung, die Schaffung eines günstigen regulatorischen und rechtlichen Umfelds, sektorübergreifende Zusammenarbeit sowie mehr Forschung zu naturbasierten Lösungen.

Hintergrund: Der Weltwasserbericht der Vereinten Nationen wird jährlich für UN-Water durch die UNESCO und deren World Water Assessment Programme (WWAP) erstellt. Dazu arbeiten 31 UN-Organisationen mit der UNESCO zusammen. Von 2003 bis 2012 erschien der Bericht alle drei Jahre. Seit 2014 wird er jährlich mit einem Themenschwerpunkt herausgegeben.

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