Baugewerbe warnt vor Baukostenexplosion infolge mangelhafter EU- Bauproduktnormen
(1.5.2017) Das Baugewerbe begrüßte die Klage der Bundesregierung vor dem EuGH: „Europäisch harmonisierte Bauproduktnormen sollen die Grundlage eines europäischen Binnenmarkts für Bauprodukte darstellen. Leider sind die europäischen Bauproduktnormen so mangelhaft, dass ausschließlich nach ihnen hergestellte Bauprodukte die Bauwerkssicherheit gefährden“, kommentiert ZDB-Präsident Dr.-Ing. Hans-Hartwig Loewenstein die aktuelle Situation - siehe auch Beitrag „Bundesregierung reicht Klage gegen EU-Kommission ein“ vom 19.4.2017.
zur Erinnerung: Die EU-Kommission besteht nach erfolgreich entschiedener Klage gegen Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) darauf, dass Deutschland auf zusätzliche bauaufsichtliche Anforderungen an europäisch genormte Bauprodukte verzichtet - siehe auch Beitrag „Bauwirtschaft befürchtet aufgrund EuGH-Urteil Qualitätsverluste bei Bauprodukten“ vom 3.11.2014.
Wegen der Mängel und Lücken der europäischen Standards rechnet (nicht nur) der ZDB mit einem signifikanten Ansteigen der Baukosten, weil mit der Umsetzung des EuGH-Urteils auf den deutschen Bausektor eine neue, kostenträchtige Aufgabe zukomme: nämlich die Planung, Auswahl und Dokumentation von Bauprodukten anhand bauteilbezogener bauaufsichtlicher Anforderungen. Darauf sei die derzeit ausgelastete Branche weder eingestellt noch gebe es dafür ausreichend Fachexperten, so Loewenstein.
Des Weiteren würde sich eine markante Reduzierung der Bauwerkssicherheit ergeben. „Auch die daraus resultierenden Haftungsrisiken sind für Bauherren, Planer, Baustoffhandel und Bauausführende nicht tragbar“, so Loewenstein. „So sehr ein einheitlicher europäischer Bauproduktenmarkt erstrebenswert ist, darf er nicht zu Lasten der Bauwerkssicherheit gehen.“
Klage „nur ein erster Schritt“
Der ZDB begrüßt, dass die Bundesregierung endlich Druck auf die EU-Kommission ausübt: Solange die europäischen Normen schwerwiegende, sicherheitsrelevante Mängel aufweisen, habe der Staat im Sinne der Daseinsvorsorge die Pflicht, die Bauwerkssicherheit durch nationale Regelungen aufrechtzuerhalten. „Um den europäischen Binnenmarkt ohne Einbußen an Bauwerkssicherheit realisieren zu können, müssen aber sämtliche der über 80 mangelhaften europäischen Bauproduktnormen nachgebessert werden“, fordert Loewenstein. „Daher kann die eingereichte Klage lediglich ein erster Schritt sein.“
siehe auch für zusätzliche Informationen:
- ZDB Zentralverband des Deutschen Baugewerbes
- Bundesbauministerium
- Gericht der Europäischen Union
- Europäische Kommission
- BGH zur HOAI: EuGH soll entscheiden, wie bis zur Neuregelung zu verfahren ist (17.5.2020)
- EuGH kippt „nur“ die verbindlichen Mindest- und Höchstsätze der HOAI - Reaktionen von Standesorganisationen (4.7.2019)
- Heißgelagertes Einscheiben-Sicherheitsglas (ESG) mit eigenem RAL Gütezeichen (6.5.2019)
- Deutsche HOAI unter Druck beim EuGH (3.3.2019)
- Verbändebündnis reagiert mit „privatrechtlichen Anforderungsdokumenten“ auf EuGH-Urteil (23.1.2019)
- weitere Details...
ausgewählte weitere Meldungen:
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- Baustoffe: „Ökologisch“ heißt nicht unbedingt gesund (15.1.2017)
- Ü-Zeichen ging, Keymark kam: Mineralwollehersteller führen neue Qualitätssicherung ein (25.11.2016)
- Bundesregierung will die HOAI vor dem EuGH verteidigen (27.11.2016)
- Neue BBSR-Arbeitshilfe unterstützt Planer beim schadstoffarmen Bauen (3.10.2016)
- NaturWERTHaus als Chance für nachhaltig denkende Kommunen (18.9.2016)
- Bauwirtschaft befürchtet aufgrund EuGH-Urteil Qualitätsverluste bei Bauprodukten (3.11.2014)
siehe zudem:
- Baustoff-Magazin bei Baulinks
- Literatur / Bücher über nachhaltiges Bauen bei Amazon