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Bericht vom Fassadentag Berlin 2016: Planen und Gestalten zwischen EnEV und Teilhabe

(12.6.2016) Wie Menschen künftig in urbanen Räumen leben, wird auch vom Erschei­nungsbild der Gebäude und Quartiere beeinflusst. Identitätsstiftende Baukultur ist we­sentlich für die Gestaltung sozialräumlicher Strukturen in all ihrer Diversität - darin wa­ren sich die 150 Teilnehmer des Fassadentags Berlin „Stadt (mit-)bestimmen - Fas­sadenlösungen für die Zukunft“ einig. Initiiert von Sto und ideell unterstützt von der Bundesstiftung Baukultur sowie dem Fachverband Baustoffe und Bauteile für vorge­hängte hinterlüftete Fassaden (FVHF), tauschten sich Architekten, Ingenieure, Planer und Verarbeiter am 24. Mai aus.


Foto: Sto SE & Co. KGaA / Thomas Düsterhöft

Zehn namhafte Referenten aus Baukultur, Forschung, Architektur, Industrie und Hand­werk spannten einen weiten Bogen ...

  • von der Entwicklung des Städtebaus in Deutschland
  • über bürgerschaftliche Teilhabe
  • bis hin zu Anforderungen der aktuellen Energieeinsparverordnung (EnEV) an vorgehängte hinterlüftete Fassadenkonstruktionen (VHF).

Von Bürgerbeteiligung bis Fassadentrend

Reiner Nagel, Vorstandsvorsitzender der Bundesstiftung Baukultur, eröffnete mit sei­nem Vortrag „Baukultur in Deutschland“. Besondere Bedeutung habe die Projektvorbe­reitung im Vorfeld der Planung, die sogenannte „Leistungsphase Null“. Die breite Teil­habe bei der Ermittlung von Bedarfen sichere einen funktionierenden und zügigen Pla­nungsprozess. Ebenso wichtig sei das Monitoring für die Bewirtschaftung, die er als „Phase Zehn“ bezeichnete. „Stadtplanung sollte nicht Investoren überlassen werden“, so Nagel, und forderte einen strategischen Masterplan, der auf zehn Jahre aus­gerichtet ist. So könne Baukultur Identität stiften und Bürgerstolz schaffen.

Bürger stärker als bisher einzubeziehen und deren Sachverstand zu nutzen, dafür plä­dierte auch der Vorstandsvorsitzende der Stiftung Zukunft Berlin und ehemalige Ber­liner Senator für Stadtentwicklung, Dr. Volker Hassemer. Für ihn seien Bürger „nicht störend, sondern kompetent“. Alle Planungsverfahren müssten transparent und öf­fentlich sein, und Bürger im Sinne von Mitverantwortung vor einer Entscheidung ein­bezogen werden.

Wie sich die Anforderungen an Fassaden und deren Gestaltung vom 20. Jahrhundert bis heute veränderten, führte Jonas Schmidt-Thomsen, stellvertretender Leiter Sto­Design Deutschland, aus. Sein Blick in die Zukunft: Intelligente Fassaden mit inte­grierten Photovoltaik-Paneelen und das Dach als „fünfte“ Fassade gewinnen an Be­deutung.


v.l.n.r.: Gastgeber Jürgen Lindner, Referent Prof. Dr.-Ing. Frank Vogdt, Moderator Christian Brensing und die Referenten Prof. Dr.-Ing. Ulrich Möller, Dr. Volker Hassemer, Reiner Nagel, Patrick Ziegler-Herboldt, Dionys Ottl, Michael Schneider, Prof. Andreas Fuchs, Dr.-Ing. Thomas Schrepfer, Carsten Schmidt (Sto SE & Co. KGaA), Jonas Schmidt-Thomsen. (Foto: Sto SE & Co. KGaA / Thomas Düsterhöft)

Planung versus Realität - Praxisbezug ist wichtig

Große Aufmerksamkeit schenkten die Teilnehmer Erfahrungen aus der Praxis. Dionys Ottl, Hild und K Architekten, berichtete von der Revitalisierung des Einzeldenkmals „Bikini Berlin“. Clou des Projekts: Als Reminiszenz an die alte Fassade wurden Partikel des geschredderten Originalglases in den Putz eingeblasen. Herausforderungen bei der Umsetzung von Architektenentwürfen schilderte der Fassadenbauer Michael Schnei­der, Dach Schneider Weimar GmbH. Als kostenbeeinflussende Faktoren bei VHF be­nannte er Material, Format, Verschnitt, Ausrichtung und die Logistik auf der Baustelle.

Dass es nicht nur darum geht, Kosten zu sparen, sondern vor allem darum, Architektur zu entwerfen und zu leben, zeigte Prof. Andreas Fuchs, FAT LAB Stuttgart, mit seiner Werkschau. Parametrisches Planen eröffne enorme Möglichkeiten. So seien geometri­sche Formen sauber darstellbar und die Grenzen der Gestaltung aufgehoben. Rundun­gen, Wölbungen und Sonderformen ließen sich ohne horrende Mehrkosten realisieren.

Bauphysikalische Anforderungen – Umsetzung der EnEV 2016

Nach dem Ausflug in amorphe Formen holte Prof. Dr.-Ing. Ulrich Möller, HWTK Leipzig, die Zuhörer mit seinen Ausführungen zur EnEV 2016 auf den Boden der Tatsachen zu­rück. Nach Möller können die Anforderungen der EnEV 2016 bei VHF nur erfüllt werden, wenn eine energetisch optimierte Unterkonstruktion verwendet wird. Patrick Ziegler-Herboldt, Verotec GmbH, stellte dar, wie sich durch die Verwendung von Edelstahlpro­filen und passivhauszertifizierten Wandhaltern eine wärmebrückenfreie Unterkonstruk­tion realisieren lässt.

Dr.-Ing. Thomas Schrepfer, CRP Bauingenieure GmbH, lenkte die Aufmerksamkeit der Architekten auf Längenänderungen des Fassadenmaterials infolge hygrothermischer Einflüsse und forderte auf, dieses bei der Planung zu beachten.

Abschließend präsentierte Prof. Dr.-Ing. Frank Vogdt, TU Berlin, das Ergebnis seiner Studie zum sommerlichen und winterlichen Wärmeschutz (Optimierung des U-Wertes). Um den sommerlichen Wärmeeintrag durch die Fassade zu reduzieren, empfahl er die Verwendung der Farben Schwarz (außen) und Silber/Blank (innen) auf dem Fassaden­material. Gegenüber der Farbkombination Schwarz/Schwarz kann der sommerliche Wär­meeintrag um 63% reduziert werden.


StoVentec R und Sto-Armierungsputz (Classic) im Einsatz beim Deutschen Bergbaumuseum in Bochum von Benthem Crouwel Architekten (Foto: Sto SE & Co. KGaA / Guido Erbring Bild vergrößern)

Der von Architektur-Journalist Christian Brensing moderierte Fassadentag Berlin 2016 zeigte deutlich, dass die VHF ein geeignetes System ist, um die Anforderungen an Wärmeschutz, Schallschutz und Feuchteschutz zu erfüllen und dass kontinuierlich an ihrer Weiterentwicklung gearbeitet wird. Besondere Vorteile bietet die VHF auch im Hinblick auf Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit.

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