Nationalstadion Warschau gewinnt den 13. Ingenieurbau-Preis von Ernst & Sohn
(26.11.2012) Zum 13. Ingenieurbau-Preis eingereicht waren 37 Objekte aus 13 Ländern. Entschieden hat sich die Jury am 16. November 2012 für das Nationalstadion Warschau (siehe Google-Maps:
- Ingenieure: schlaich bergermann und partner (D)
- Architekten:
gmp ·Architekten von Gerkan, Marg und Partner (D)
JSK Architekci sp. z o.o. (PL)
schlaich bergermann und partner (D) - Bauherr: Narodowe Centrum Sportu Sp. z o.o. (PL)
- Ausführung: Cimolai S.p.A federführend für das Konsortium JV Cimolai S.p.A + Mostostal Zabrze + Hightex GmbH (I)
In der Urteilsbegründung der Jury heißt es: Mit dem polnischen Nationalstadion in Warschau wurde ingenieurtechnisches Neuland betreten. Herausragend ist der Entwurf einer Multifunktionsarena mit wintertauglichem wandelbarem Innendach und die Umsetzung in ein komplexes Gesamttragwerk, dessen statisches System verschiedene Prinzipien des Speichenrades synthetisiert.
Das äußere der beiden ineinanderliegenden Ringseildächer besitzt eine feste Membraneindeckung zwischen den radialen Seilbindern und einen Glasrand zur inneren Öffnung hin. Das innere Ringseildach trägt die wandelbare Membran. Am äußeren Rand mit nur einem Druckring werden die Seilkräfte an den Spitzen der schräg stehenden Masten umgelenkt und am Fußpunkt der vertikalen Stützen verankert. Der innere Zugring ist mit einer schrägen Druckstütze gespreizt, so dass sich die oberen und unteren Seilscharen in der Luft in einem sorgfältig gestalteten Detail kreuzen. Dieser geteilte innere Zugring wird durch die Tragstruktur des wandelbaren Innendachs so in Form gehalten, dass die innere Dachöffnung der Spielfeldgeometrie folgen kann.
Scheinbar mühelos schwebt mittig über dem Spielfeld eine elegante Nadel (Gewicht der Nadel mit Membrangarage und Videotafel 190 t), die den Hochpunkt des wandelbaren Innendachs bildet. Hier bündeln sich die achsweise nach oben geführten Seile, auf denen das Innendach verfahren werden kann. Getragen wird die Nadel durch vier Seilscharen, die jeweils zu den Ecken der Dachöffnung spannen.
Spektakulär war der Montageprozess, der höchste Präzision in Planung und Ausführung erforderte. Zunächst wurde die sich auf der darunter angelegten Tiefgarage abstützende 70 m lange Nadel durch eine Aussparung in der Spielfeldmitte in einem Köcherfundament senkrecht aufgestellt. Aufgrund ihres Gewichts musste der Hebevorgang exakt vertikal nach oben erfolgen, wobei keine horizontalen Verformungen auftreten durften.
Mit Hilfe einer anspruchsvollen Berechnung des Hebevorgangs konnte die exakte Geometrie der ausgelegten Seile ermittelt werden. Im Montagevorgang zeigte sich, ob die Vorberechnungen zutrafen und wie präzise die Toleranzen eingehalten wurden. So manifestierte sich hier die Qualität der Zusammenarbeit zwischen Ingenieuren und ausführenden Firmen. Ausgezeichnet werden die ungewöhnliche Konstruktion und die ingeniöse Beherrschung des Spiels der Grundbeanspruchungen von Druck und Zug in der Planung und Ausführung. Das Ergebnis ist eine bis ins Detail gestalterisch durchdachte strukturale Komposition, die ästhetisch und konstruktiv überzeugt.
Weitere Auszeichnungen gab es für folgende Projekte (ohne Rangfolge):
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Stahlviadukt Binnenhafenbrücke, Hamburg (D)
Ingenieure: WTM Engineers GmbH (Massivbau) (D)
Ingenieurbüro: Grassl GmbH (Stahlbau) (D)
Architekt: Grundmann + Hein Architekten (D)
Bauherr: Hamburger Hochbahn AG (D)
Ausführung: Fr. Holst GmbH & Co. KG (Massivbau) (D),
SD Stahlbau Dessau GmbH (Stahlbau) (D) -
Sanierung Hauptbahnhof, Hamburg (D)
Ingenieure: Ingenieurbüro A. Elsner (D)
Architekt: Ingenieurbüro A. Elsner (D)
Bauherr: DB Station & Service AG, Büro HH (D)
Ausführung: Eiffel Deutschland Stahltechnologie (D)
Die Preisverleihung findet am 25. Januar 2013 in Berlin statt. Der Preis wird seit 1988 alle zwei Jahre für herausragende Leistungen im Konstruktiven Ingenieurbau an ein Projektteam für das ausgezeichnete Bauwerk vergeben. Die Ingenieurleistung muss innerhalb Deutschlands, Österreichs oder der Schweiz erbracht worden sein, wohingegen sich der Standort des Bauwerks weltweit befinden kann. Auslober des Preises ist der Verlag Ernst & Sohn.
siehe auch für zusätzliche Informationen:
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- „Bauingenieur? Bauingenieur!“: Aufsätze, Reden, Essays (19.8.2012)
- Ausführung von Stahlbauten - Kommentare zu DIN EN 1090-1 und DIN EN 1090-2 (23.7.2012)
- „Ganzheitliches Planen und Bauen“ auf 44 Seiten von der Bay. Ingenieurekammer-Bau (12.6.2012)
- Dokumentation zum „Deutschen Brückenbaupreis 2012“ erschienen (4.6.2012)
siehe zudem:
- Ingenieurbau-Magazin, Ingenieurkammern, Leichtbau, Stahlbau, Betonbau und Bautechnik auf Baulinks
- Literatur / Bücher zu den Themen Brückenbau, Stahlbau, Betonbau und Holzbau bei Baubuch / Amazon.de