100 Jahre Travertin von Traco
(2.5.2008) Es gibt Dinge, die sind der Allgemeinheit auf den ersten Blick wenig bekannt. Travertin zum Beispiel. Als Travertin bezeichnet man mehr oder weniger poröse Kalksteine von heller, meist gelblicher bis brauner Farbe, die aus kalten oder warmen Süßwasserquellen abgeschieden wurden. Aus Travertin sowie anderen Kalk- und Sandsteinen produziert der traditionsreiche Mittelständler Traco - Deutsche Travertin Werke - aus Bad Langensalza (Thüringen; siehe Google-Maps und Luftbild vom heutigen Werk) seit 100 Jahren Bauteile, vom Pflasterstein bis zum gotischen Maßwerk.
Im Vergleich zu Kunststein besticht Naturstein durch natürliche Ästhetik, individuell in Farbe und Varietät. Das trifft ganz besonders auf Travertin, Kalk- und Sandsteine zu. "Seit Jahrhunderten wurden gerade diese Steine bevorzugt in exklusiven Landhäusern, Schlössern und Kirchen verwendet, da sie vor allem durch eine vornehm zurückhaltende, puristische Ausstrahlung überzeugen", sagt Ulrich Klösser von Traco. Deshalb hat er sich die Wiederentdeckung außergewöhnlicher Kalk- und Sandsteine zur Aufgabe gemacht. Sandstein, Travertin, Muschelkalk aus den klassischen Steinbrüchen von Weimar, Gotha, Bad Langensalza... Steine, die schon Goethes Faszination erregten. Von Mies van der Rohe und anderen Bauhaus-Architekten wie Peter Behrens und Erich Mendelsohn geschätzt. Die Einsatzgebiete für Travertine, Kalk- und Sandsteine sind zahlreich: Besonders gefragt sind Bodenbeläge für Außen- und Innen-Bereiche, Fassaden und Bauteile für die Restaurierung.
Die Erfolgsgeschichte des mittelständischen Betriebes ist jedoch eine Ausnahme in einer Branche, die in den letzten Jahren starken Änderungen unterworfen war. Traco hat laut eigener Einschätzung die diversen Rezessionen überstanden, weil das Unternehmen in einem bestimmten Segment - den so genannten deutschen Natursteinklassikern - Marktführer sei, und weil es bis zum heutigen Tage die Tugenden des deutschen Mittelstandes kultiviert habe: Fleiß, Qualität und Verantwortungsbewusstsein.
Eine deutsch-deutsche Unternehmensgeschichte
Mit diesen Tugenden führt auch Ulrich Klösser, Urenkel des Gründers Karl Teich, seit 1993 den mittelständischen Betrieb. Ulrich Klösser ist in der Geschäftsführung für Controlling, Finanzen, Marketing und Unternehmensentwicklung zuständig. An seiner Seite: Erhard Stiefel, verantwortlich für den Bereich Produktion, Steinbrüche und Logistik.
Gegründet wurde Traco 1907, als Deutsche Travertin- und Marmorwerke Langensalza Karl Teich. Die erste Blütezeit erlebte das Unternehmen in der Weimarer Zeit (bis 1929). Traco gehörte bereits zu den bedeutendsten Naturstein-Unternehmen des Deutschen Reichs; mit Werken in Langensalza, Kelheim an der Donau sowie in Schlesien. Zahlreiche Referenzbauten in Berlin und ganz Deutschland dokumentieren diese erste Hochzeit des Unternehmens: von Schloss Sanssouci (Bird's Eye View in Microsoft Virtual Earth) bis zur Sektkellerei Henkel in Wiesbaden, vom Reichstag in Berlin (Bird's Eye View) bis zur Bahlsen Keksfabrik in Hannover (Bild rechts). 1942 wurden die Deutschen Travertinwerke stillgelegt, nachdem sich die Unternehmer weigerten, Steinbrüche in den besetzten Gebieten zu betreiben oder Aufträge für die Rüstungsindustrie auszuführen. Die Werkshallen wurden zwangsweise an andere Unternehmen vermietet, der Steinbruch konnte in geringem Umfang weitergeführt werden. Nach dem Krieg wurde die Produktion sofort wieder aufgenommen. 1953 wurde das Unternehmen jedoch in einen DDR-Staatsbetrieb umgewandelt, die Unternehmerfamilie enteignet. 1993 übernahm Ulrich Klösser, der Urenkel des Firmengründers, das Unternehmen von der Treuhand (Reprivatisierung), aber schon seit 1990 engagierte er sich für das Unternehmen seiner Vorfahren
Der westdeutsche Ulrich Klösser (zuvor Geschäftsführer der Natursteingruppe von Heidelberger Zement) trat in die Geschäftsführung ein und leitet seitdem das Unternehmen zusammen mit dem Ostdeutschen Erhard Stiefel (Geschäftsführer), der das Unternehmen schon durch die turbulenten Zeiten der Wende geführt hatte.
Auf dem Weg vom 20. ins 21. Jahrhundert hat Traco sechs verschiedene politische Systeme, Enteignung, Inflation, Weltwirtschaftskrise, Konkjunktureinbrüche und zahlreiche Baumoden überstanden. Als Erhard Stiefel und Ulrich Klösser 1990/92 die Geschicke von Traco in die Hand nahmen, schien die Überlebenschance des Traditionsunternehmens gering. Doch mit Geschick, den bereits angesprochenen Tugenden des deutschen Mittelstandes und Fortune wurde das womöglich Unmögliche möglich gemacht. Die Spannbreite der Aufträge reicht von der Restaurierung der Wartburg über den Neubau der Synagoge in Düsseldorf (Bird's Eye View) bis zum Mövenpick Hotel in Münster.
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siehe zudem:
- Fassadenverkleidung, Natursteinboden und Fliesen auf Baulinks
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