Erweiterungsgebäude des Nelson-Atkins Museums ganz transluzent
(7.8.2007) Bereits der Wettbewerbsentscheid über den Erweiterungsbau des Nelson-Atkins Museum sorgte für Gesprächsstoff. Steven Holl präsentierte als Einziger einen Entwurf, der dem neoklassizistischen Museumsbau aus dem Jahr 1933 ein Gebäude zur Seite und nicht rücklings stellte und konnte die Jury damit überzeugen - und das, obwohl eine der Wettbewerbsvorgaben lautete, die Dominanz des kolossalen Altbaus nicht zu beeinträchtigen (siehe auch Bing Maps und/oder Google-Maps).
Groß war also die Spannung, bis Steven Holls Entwurf in die Realität umgesetzt wurde. Anfang Juni 2007 konnte das neue Gebäude, benannt nach dem Vorsitzenden des Board of Trustees Henry W. Bloch, eröffnet werden. Dabei handelt es sich nicht um ein einzelnes Gebäude, sondern vielmehr um ein Ensemble von fünf milchig weißen Glaskuben, die auf dem Museumsgelände angeordnet sind (im Satellitenbild gut erkennbar). Dieses Bild zeigt sich dem Betrachter von außen, das Wesentliche bleibt jedoch den Blicken verborgen: Der Hauptteil der Museumserweiterung liegt unter der Erde. Die Ausstellungsräume für die Sammlungen der modernen und zeitgenössischen Kunst befinden sich in einem rund 300 Meter langen unterirdischen Baukörper, der rechtwinklig zum Altbau kaskadenartig den Hügel hinabführt.
Der Eingangspavillon ist der schmalste und zugleich größte Glaskubus am höchsten Punkt auf dem Gelände. Er steht dem monumentalen Altbau direkt zur Seite, ohne diesen zu bedrängen und bildet eine Art Seitenflügel zum Bestand. Gemeinsam definieren die Bauten eine neue räumliche Eingangssituation - einen rechteckigen Hof mit quadratischer Wasserfläche, in der sich die Gebäude spiegeln. Trotz unmittelbarer Nachbarschaft konkurrieren Alt- und Neubau in keiner Weise miteinander. Das liegt zum einen an der reduzierten Materialwahl der Neubauten - vorherrschende Optik von außen sind weiße, transluzente Glasfassaden. Zum anderen ist das oberirdische Gebäudeensemble von formaler Zurückhaltung geprägt.
Auf dem Gelände spitzen vier weitere Glaskuben aus den terrassenförmig abfallenden Grasflächen hervor. In ihrer Anordnung und Leichtigkeit durchbrechen sie die strenge Symmetrie der alten Baukunst. Vor allem bei nächtlicher Beleuchtung wirken die Glaskuben wie schwerelose Skulpturen. Tagsüber ermöglicht die transluzente Verglasung der Kuben die natürliche Belichtung der darunter liegenden Ausstellungsflächen. Das einfallende diffuse Tageslicht erzeugt eine helle und angenehme Atmosphäre in den unterirdischen Räumen. Vereinzelte transparente Glasflächen in den Kuben stellen beim Rundgang durch das Museum den Bezug zum Außenraum her, indem sie immer wieder Ausblicke auf die Skulpturen des angrenzenden Parks freigeben.
Die transluzente Hülle der Glaskuben wurde überwiegend mit U-Profilgläsern realisiert. Der reduzierte Eisenanteil der Gläser minimiert Farbeffekte und eine Okapane-Kapillareinlage von Okalux streut das Tageslicht weich in die Ausstellungsräume. Die Kapillareinlage aus PMMA weist sehr hohe Lichttransmissionswerte auf und schützt zugleich die Kunstwerke im Nelson Atkins Museum vor UV-Strahlung. Neben den U-Profilgläsern verwendeten die Architekten auch rund 350 m² Okalux-Isolierverglasung mit lichtstreuender Kapillareinlage im Scheibenzwischenraum.
Die Sensibilität, welche dem Entwurf von Steven Holl Architects innewohnt, entfaltet mit der baulichen Umsetzung volle Wirkungskraft. Nicht spektakuläre Architektur erweckt hier die Aufmerksamkeit. Im Vordergrund steht die Reduktion aufs Wesentliche: Raum für die Kunst zu schaffen - dazu bedarf es nicht nur des richtigen Maßes an Licht, sondern ebenso einer hohen Lichtqualität.
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siehe zudem:
- Fassadensysteme, Glas, Sonnenschutz und Tageslichtnutzung auf Baulinks
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