Projektbericht: Gewelltes Hohlziegeldach krönt historisches Fachwerkhaus
(29.11.2006) Die Landesturnschule Melle als zentrale
Ursprünglich besaß das vor rund 250 Jahren im Kreis Melle errichtete und im Originalzustand in den Grönebergpark versetzte Fachwerkhaus ein regionstypisches Reetdach (Bild). "Doch das Reet war mittlerweile verbraucht und eine Dachsanierung unvermeidbar", so der mit der sensiblen Sanierungsmaßnahme beauftragte Architekt Pit M. Schlöder aus Rödinghausen. Um das neue Dach harmonisch in die Dachlandschaft der benachbarten Fachwerkhäuser am Ufer des Flüsschens Else einzubinden, entschieden sich Bauherr, Denkmalpflege und Architekt für naturrote Hohlziegel. Ohne Kopf- und Seitenverfalzung kann die Ziegeldeckung je nach Erfordernis 'gedrückt' oder auseinander gezogen und die Höhenüberdeckung variiert werden - bei gleichzeitiger Einhaltung der Fachregeln des Dachdeckerhandwerks.
Mit der Dachsanierung beauftragt wurden die Zimmerei Küpker & Stienke GmbH, Berge sowie Dachdeckermeister Gerd Thyen aus Ankum. Zunächst mussten Reet und Unterkonstruktion (Lattung) abgedeckt und entsorgt werden. Der Dachstuhl einschließlich vorhandener Wärmedämmung war noch intakt. Eine komplette Unterschalung aus Rauspund mit 21 mm dicken Nut- und Federbrettern wurde aufgebracht. Auf den Gauben verblieb die Lattung, um den Arbeitsprozess für den Rauspund zu erleichtern. Dieser wurde im Verlauf der Sparren verlegt und konnte so auf der alten vorhandenen Lattung fluchtgerecht befestigt werden. Der Kehlverlauf der Gauben wurde mit einer Polymerbitumen-Schweißbahn abgedichtet und auf die verschalte Dachfläche insgesamt eine diffusionsoffene Schalungsbahn aufgebracht mit anschließender Lattung. "Durch das regensichere Unterdach ist auch der Kehlbereich vor Durchfeuchtung sicher. Wenn bei heftigem Regen das Wasser unter die Seitenüberdeckung der Hohlziegel treten würde, wird es über das Unterdach problemlos abgeleitet", erläutert Gerd Thyen. Um die Ausbauten optimal einlatten zu können, war Kreativität gefragt. "Unser Trick", so der Dachdeckermeister: "Wir haben die Lattung für die Ausbauten (Rohrlatten) solange ins Wasserbad gelegt, bis sich das Holz voll gesogen hatte und so leichter über die Dachform gebogen werden konnte."
Da beim Reetdach kein Dachüberstand als Konstruktion vorhanden war, musste dieser durch Verlängerung der Traufe um ca. 50 cm nachträglich geschaffen werden. Um die je 29 m lange Traufe auf Kopfhöhe zu halten, wurden Aufschieblinge auf die Hauptdachsparren aufgenagelt. Somit erhielt der Traufenbereich einen kleinen Schwung nach oben.
Gerd Thyen und Andreas Stienke äußerten sich gleichfalls überzeugt vom Ziegelmaterial: Eine Aufschnittdeckung mit Hohlziegeln sei zur Eindeckung von Fledermausgauben optimal geeignet, da man das Verschiebespiel im Dachziegel sowohl zur Seite als auch in der Höhe variieren und weitestgehend ausnutzen könne. Dank der nur einen "Nase" sei zudem ein notwendiges Drehen des Ziegels zur Lattung problemlos möglich. "Wichtige Vorteile bei der Sanierung in Melle, musste doch hier eine erhebliche Lattendifferenz zwischen Hauptdach und Ausbau ausgeglichen werden", so der Dachdeckermeister. Dazu diente auch das konische Anlegen des Dachüberstandes bei den Gauben: In der Mitte mehr Überstand als nach außen. Sonst wäre es im Bereich der Höhenüberdeckung eng geworden.
Zunächst wurden die geraden Flächen des Hauptdaches in einer Breite von je 3 m rechts und links neben den Ausbauten mit Hohlziegeln eingedeckt. Zuvor schon hatte Gerd Thyen die Dachfläche grob eingeteilt bzw. "durchgeschrieben". Die Hauptdachfläche wurde eng eingedeckt, um bei den Ausbauten einen größeren Spielraum in der Deckbreite zu haben. So waren die anstehenden Maßdifferenzen im toleranten Bereich. Wie früher üblich, wurden die Hohlziegel in Dreierreihen auf dem Dach verteilt und entlang dem Schnurschlag auf der Lattung präzise hoch zum First verlegt. Regelmäßige optische Prüfungen ermöglichten evtl. notwendige Verlegekorrekturen bzw. gewährleisteten die Einhaltung der Flucht.
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