Michael Fischer-Art verwandelt triste Plattentürme in ein gigantisches Kunstwerk
(15.11.2006; Hinweis: Inzwischen sind die Gebäude abgerissen, und das Gelände wurde neu bebaut.) "Kunst am Bau" gehört zu den Spezialitäten des Leipziger Künstlers Michael Fischer-Art. Im Zentrum seiner Heimatstadt gestaltete er fast 14.000 m² Kunstfläche, um drei ausgediente Plattenbauten zu verhüllen. Mit bunten Fantasiewelten, in deren Mittelpunkt das Thema Begegnung steht, inspiriert er die Passanten. Die Farbenpracht entfaltet sich besonders in den Abendstunden, wenn die kürzlich von Hess installierten Strahler angehen.
Durch eine unglaubliche Energieleistung des Künstlers, beispielhaften Teamgeist und großes Engagement ist aus einem städtebaulichen Brennpunkt im Herzen von Leipzig eines der größten europäischen Kulturprojekte entstanden. Als Sohn dieser Stadt ergriff der Maler und Bildhauer Michael Fischer-Art mit moralischer Unterstützung der Stadt und städtischer Unternehmen die Initiative, die seit zwei Jahren leer stehenden Plattentürme in unmittelbarer Nachbarschaft der liebevoll sanierten Barockfassaden und des eher ungeliebten Museumsneubaus am Innenstadtring zu verhüllen (siehe Bing-Maps und/oder Google-Maps). Und er stieß mit dieser Idee bei renommierten Firmen auf offene Ohren. Alle halfen und legten zusammen, so dass das Projekt ohne öffentliche Mittel finanziert werden konnte.
Lösung auf Zeit
Weltwirtschaftsökonom Arne Nowak, der das Projekt koordinierte, erinnert sich noch gut an den "Schandfleck", der den Stadtvätern in Leipzig mangels Investoren zunehmend Kopfzerbrechen bereitet hatte. Die 80 m langen, 20 m breiten und 30 m hohen Bauten stehen an prominenter Stelle in direkter Sichtweite vom Ausgang des Bahnhofes und unmittelbar an der Stirnseite der Innenstadt, wenn man mit dem Auto von der Autobahn nach Leipzig kommt. "Natürlich war dabei auch die nahende Fußball-WM und die zu erwartende Weltfangemeinde zu "Gast bei Freunden" zusätzlicher Katalysator eines eigentlich schon längere Zeit bestehenden Leidensdruckes auf der Suche nach einer Interimslösung. Und diese wurde dank des zupackenden Wesens von Michael Fischer-Art auch gefunden", beschreibt Nowak die Situation Anfang 2006. Als der Künstler mit Arne Nowak und der wiederum dem Geschäftsführer der Dresdner Druckfabrik Carsten Weinberg das Team zur Umsetzung fand und die ersten Sponsoren begeistert auf Anfragen reagierten, konnte es losgehen.
Inspirierende Begegnungen
Als Leitmotiv für die großflächige Fassadengestaltung wählte Fischer-Art das Thema Begegnung, das er generations-übergreifend darstellt. In unterschiedlichen Szenen treffen historische Personen wie Bach, Brockhaus und Duden, die in Leipzig gelebt haben, mit zeitgenössischen zusammen. Immer wieder formieren sich neue Mannschaften. Trotz anzunehmender unterschiedlicher Intentionen und abweichender zeitlicher Daseinsphasen finden sie immer Gemeinsamkeiten als Voraussetzung, um wichtige Ideen voranzutreiben. "So gesehen stehen Aussagen der Bilder in direktem Zusammenhang mit dem Projekt selbst", erklärt Nowak.
Der Bezug zur Stadt ist gewollt. Ein "Turm" ist als imaginäres Gästebuch mit 999 Einzelporträts gestaltet. Es zeigt die Namen und Konterfeis von Wissenschaftlern, Politikern, Schauspielern, Sportlern und anderen Persönlichkeiten, die durch ihre Leistungen ins öffentliche Interesse gerückt sind.
Gelungene Anstrahlung
Dank gelungener Anstrahlung offenbart sich das Kunstwerk den Passanten und Autofahrern nun auch bei Nacht. "Die Wirkung ist im abendlichen grau-schwarzen Umfeld sogar noch frappierender", konstatiert Nowak. Die Beleuchtung der Kunstwerke übernahm spontan der international renommierte Leuchtenhersteller Hess Form + Licht. Unter der Maxime eine gleichmäßige und farbechte Beleuchtung der Kunstwerke zu erreichen, setzten die Spezialisten für Außenlicht Hochleistungsscheinwerfer vom Typ Farino ein. Diese zeichnen sich durch sehr präzise Lichtführung und gute Entblendung aus. Zugeschnitten auf den Einsatzort wählte Hess die Modellvariante mit einem Abstrahlungswinkel von 20°/ 80° (vertikal/horizontal) und achsensymmetrischen Reflektoren. Alle Scheinwerfer wurden mit 70 Watt HIT-CE-Leuchtmitteln (Halogen-Metalldampflampen mit keramischem Brenner) bestückt, welche die derzeit beste Farbwiedergabe ermöglichen.
Um die Anstrahlung in punkto Gleichmäßigkeit zu optimieren, führte das Lichtlabor von Hess umfangreiche Lichtberechnungen durch. Anhand dieser Daten erfolgte die Anordnung der Scheinwerfer an den Fassaden und die Neigung der Leuchtenkörper.
An den drei zur Straße hin gewandten 20 m x 30 m großen Stirnseiten sind jeweils drei Scheinwerfer über und unter den bedruckten Planen angebracht. Zweimal sechs Scheinwerfer beleuchten eine Längsfront. Als Träger fungieren 1,5 m lange, an den Fassaden befestigte Stahlausleger. Für den Betrachter tritt die Beleuchtungskonstruk-tion vollkommen in den Hintergrund. Er nimmt die verschiedenen Motive in ihren strahlenden Farben wahr.
Wie lange diese Begegnung in und mit der Kunst währt, weiß niemand genau. Sobald Investoren und passende Konzepte gefunden sind, sollen die Plattentürme, die sich momentan im Besitz der Leipziger Wohnungsbau Gesellschaft LWB befinden, abgerissen werden. Bis Ende 2006 kann das in seiner Entstehung und Aussage bemerkenswerte Kunstwerk in jedem Fall noch bewundert werden. Schon jetzt kann die in völlig neuer Art und Weise in Gang gesetzte Diskussion um die Neugestaltung dieses nicht nur für die Leipziger selbst wichtigen Ensembles am Brühl als Verdienst und erster Erfolg dieses Aktionskunstprojektes von Fischer-Art bilanziert werden.
siehe auch für weitere Informationen:
- Neues Internetportal der Initiative Kultur- und Kreativwirtschaft der Bundesregierung (2.4.2010)
- bauTraum zum Thema „Baukultur und Schule“ gestartet (14.2.2010)
- BBSR-Online-Publikationen zur Kunst am Bau (28.12.2009)
- Broschüre über "Die nächste Generation der Stadtmöblierung" (18.5.2007)
- Straßenbeleuchtung dient der Sicherheit (18.5.2007)
- weitere Details...
ausgewählte weitere Meldungen:
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siehe zudem: