Projektbericht: Asbestsanierung im Hamburger Elbtunnel
- wöchentliches Biomonitoring für Alle
- Sicherheit auf höchstem Niveau
(30.5.2005) Eine komplexe wie schwierige Gefahrstoff-Sanierungsbaustelle hat jüngst ihr erfolgreiches Ende gefunden: die östliche, älteste Elbtunnelröhre (siehe Google-Maps) ist jetzt beim Brandschutz auf dem neusten Stand. Unter hohen Sicherheitsstandards wurden die Stahlrohrsegmente (Tübbinge) der gut 1.300 m langen Schildvortriebsstrecke saniert. Der alte, asbesthaltige Brandschutz und der darunterliegende ebenfalls mit Gefahrstoffen (Benzoapyren) kontaminierte Korrosionsschutz waren zu entfernen und gegen zeitgemäße Materialien auszutauschen.
Sanierungsbedarf besteht in den von 1968 bis '75 gebauten drei Altröhren des Hamburger Elbtunnels eigentlich ständig. Schließlich passieren täglich durchschnittlich 110.000 Fahrzeuge Europas zweitlängsten Unterwassertunnel. Seit im Herbst 2002 eine vierte neue Röhre für den Verkehr freigegeben wurde, steht nun eine umfassendes Nachrüstprogramm zur Angleichung des Sicherheitsniveaus der drei alten Röhren an. Pro Winterhalbjahr soll jeweils eine Röhre gesperrt und saniert werden.
Mit den gerade abgeschlossenen Brandschutz- und Asbest-Sanierungsarbeiten in der Oströhre beauftragte die Stadt Hamburg eine Arge aus den Firmen Müssmann (Umweltschutz) und Lindner (Isoliertechnik). Die erforderlichen Strahl- und Beschichtungsarbeiten gingen an den industriellen Mehrgewerke-Dienstleister PeinigerRöRo. Dieser war zuständig für die Reinigung der oberhalb der Fahrbahn liegenden Lüftungskanäle, das Strahlen der zuvor vom alten Brandschutz befreiten Stahlguss-Tübbinge und deren anschließende Beschichtung mit einem zweischichtigen Korrosionsschutz. Eine erste, abgebrochene Sanierung im Jahr 2004 unter anderer Flagge zeugt von den Schwierigkeiten der Aufgabe.
Rigorose Sicherheitskontrolle
Rückblende: Es ist 6 Uhr 30 in der Früh. Die erste Schicht der PeinigerRöRo-Sanierungsmannschaft checkt an der elektronischen Sicherheitsschleuse am Tunneleingang ein. Allesamt Profis in Sachen Schadstoffsanierung. Zutritt bekommt nur, wer alle erforderlichen Unterlagen beigebracht hat: detaillierte Personaldaten, erste Seite Arbeitsvertrag, Stundenlohn der gewerblichen Mitarbeiter zur Prüfung der Mindestlohneinhaltung, Nachweis der Tariftreue, Steuer- und Sozialabgaben. Hinzu kommen Belege über die geforderten arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen (Asbest, Maskentauglichkeit, Krebs erzeugende Gefahrstoffe), Einweisungen in die Baustellenordnung, Unterweisungen für den Umgang mit asbesthaltigen Stoffen usw... Wer die wöchentliche Urinprobe fürs Bio-Monitoring vergisst, bekommt keinen Zugang zur Baustelle. Genauso wie der, dessen Analysedaten Grenzwertüberschreitungen zeigen - was dank erfolgreicher Sicherheitsmaßnahmen in keinem Fall aufgetreten ist.
Dann geht's im Bus zum Einsatzbereich. Das sind einzelne, jeweils vollkommen von der Außenwelt abgeschottete, so genannte Schwarzbereiche. Die absolut staub- und gefahrstoffdicht abgekapselten Arbeitsbereiche stehen unter Unterdruck, sind mit einer eigenständiger Atemluftversorgung, Entstaubungs- und Absaugungsanlagen ausgerüstet. Über mehrkammerige Sicherheitsschleusen, in denen die Sanierer in einem strikt vorgeschriebenen Prozedere die Schutzkleidung und sich selber reinigen, gelangen sie hinein und hinaus.
Umwelt- und Personalschutz auf höchstem Niveau
Grund für diese rigorosen Sicherheitsvorschriften waren die bei der Sanierung freiwerdenden Gefahrstoffe. Im Originalzustand waren die zu sanierenden Stahlrohrsegmente (Tübbinge) mit Steinkohleteerpech beschichtet und darüber entweder mit Spritzasbest oder mit Asbestplatten zum Brandschutz verkleidet. Beides musste herunter. Den darunterliegenden alten Korrosionsschutz und die verbliebenen Asbestreste strahlten die PeinigerRöRo-Sanierer mit Kupferschlacke herunter. Dabei wurden so genannte PAKs, "polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe" frei, vor allem Benzoapyren.
Diese Gefahrstoffe sind vor allem deshalb so sicherheitskritisch, weil sie die unangenehme Eigenschaft besitzen, selbst Kunststoffe zu durchdringen - also auch Luftschläuche und Schutzanzüge. Deshalb konnten auch nur speziell geprüfte und für diese Gefahrstoffklasse zugelassene Schutzausrüstungen benutzt werden. Um das Gefährdungspotential zu minimieren, tüftelten die Sicherheitsexperten so manches Detail aus. Die Schläuche zur Atemluftversorgung hingen beispielsweise an einem Galgensystem, damit sie nicht im kontaminierten Strahlmittel lagen. Oder die Strahlerschutzanzüge wurden mit Überdruck beaufschlagt, um ein Eindringen von schadstoffhaltigen Partikeln zu verhindern. Weil man keinerlei Gefährdungsrisiko für Mensch und Umwelt eingehen wollte, erfolgte auch die Beschichtung im Schwarzbereich: Eventuell noch vorhandene Asbestfasern wurden durch den Farbauftrag gebunden und unschädlich gemacht.
In enger Zusammenarbeit mit den Brandschutz-Kollegen von der Arge sanierten die Korrosionsschützer binnen fünf Monaten nacheinander in 70 wandernden Schwarzbereichen insgesamt 28.000 m² Fläche und 80.000 Verschraubungen der Tübbinge. Gearbeitet wurde parallel in jeweils fünf Schwarzbereichen: in dreien wurde gestrahlt und abgesaugt, in den beiden anderen beschichtet. So war stets nach fünf Arbeitstagen ein Abschnitt fertig. Verbrauch: 1.800 Tonnen Kupferschlacke und etwa 20.000 Litern Beschichtungsmaterial. Im Einsatz waren bis zu 40 PeinigerRöRo-Mitarbeiter in zwei Schichten, drei Kompressoren à 21 m³, eine Großsauganlage (40 Tonnen), drei Entstaubungsanlagen und drei Taifun-Strahlkessel (à 10 Tonnen). Das sind die nüchternen technischen Daten, die allerdings nichts über das ausgefeilte Sicherheitskonzept der Sanierung aussagen, das die Sicherheitsfachleute der beteiligten Unternehmen im Vorfeld gemeinsam entwickelten.
Strikte Vorschriften für Mensch und Maschinen
"Für uns war das eine Baustelle, auf der wir unsere eigenen hohen Ansprüche an unsere Fähigkeiten, unsere Qualität beweisen konnten", freut sich Dipl.-Ing. Gerd Rullmann von PeinigerRöRo über die gelungene Sanierung. Der für den Industrieservice am Hamburger Standort zuständige Korrosionsschützer hat das Elbtunnel-Projekt federführend betreut. Neben der rein technischen Ausführung der Arbeiten sei eine perfekte Logistik erforderlich gewesen. "Schließlich haben wir auf beengtem Raum in permanenter Abstimmung mit den anderen im Tunnel arbeitenden Gewerken ständig schweres Korrosionsschutzgerät bewegen müssen."
Die eigentliche Herausforderung seien allerdings die geforderten
Sicherheitsstandards und
siehe auch: