Basel II: Kaum Kredit für die Kleinen
(2.9.2004) Die Banken setzen auf Risikovorsorge - zu Lasten kleinerer Unternehmen. Statt Rating und risikogerechter Zinsen hagelt es überzogene Sicherheitsforderungen und Kreditabsagen. Entsprechend fallen die Beobachtungen aus, die die Redaktion von handwerk.com wie folgt zusammenfaßt:
Banken scheuen den Rating-Aufwand
Ein Schlaglicht auf die schlechte Finanzierungssituation kleiner und mittlerer Unternehmen wirft eine Umfrage der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Demnach nutzen die Kreditinstitute das Rating-Instrumentarium nicht im vollen Umfang - zu Lasten kleinerer Unternehmen. Gerade bei kleineren Betrieben mit niedrigem Kreditvolumen werde der Rating-Aufwand gescheut. "Hier versuchen die Institute ihr Risiko vermehrt durch die Einforderung von Sicherheiten zu begrenzen und lehnen Kreditanträge häufiger ab."
Kleine Betriebe im Nachteil
Wer sich vom Rating im Rahmen von Basel II überhaupt wieder Zugang zu Krediten versprochen hatte, wenn auch zu verschlechterten Konditionen, sieht sich enttäuscht. Es gebe Anzeichen, dass Banken "von größeren Unternehmen eher eine höhere Marge verlangen, während sie kleineren Unternehmen eher den Kredit verweigern."
Rund 43 Prozent aller befragten Unternehmen gaben an, dass die Kreditaufnahme schwieriger geworden sei. Überdurchschnittlich betroffen sei das Handwerk, hier meldeten fast 54 Prozent Probleme.
Von der Hausbank "gemobbt"
Die Erfahrungen des Malermeisters Bernd Dechant bestätigen die Umfrage. Der oberfränkische Handwerker wollte KfW-Mittel über seine örtliche Kreissparkasse beantragen. Doch dazu kam es erst gar nicht. "Der Sachbearbeiter hat mich schroff abgewiesen, er hat meine Anfrage ignoriert", sagt Dechant.
Was den Handwerker besonders aufgeregt: Die Betriebsmittel der KfW, auf die er abgesehen hatte, waren mit 4,5 Prozent verzinst. Bei der Hausbank hätte er mindestens 11 Prozent bezahlen müssen.
Und es kam noch schlimmer: Nach dem Streit um Zinsen und Finanzierungsmöglichkeiten habe die Hausbank die Kontokorrentlinie zeitlich begrenzt und dann auslaufen lassen. Nur ein "außerplanmäßiger Bareingang" konnte Dechant und seine fünf Mitarbeiter in dieser Situation vor möglichen Engpässen bewahren.
"Die meisten Baustellen der Baubranche sind fremdfinanziert, da musst du immer wieder in Vorleistung gehen." Dechant war übrigens 35 Jahre Kunde der Kreissparkasse. Jetzt fühlt sich der Handwerker regelrecht "gemobbt".
Betriebe stöhnen über hohe Sicherheiten
Auch die übrigen Zahlen der KfW-Statistik verdeutlichen die Finanzierungnöte der Betriebe. Als besonders problematisch erwiesen sich die Sicherheitsforderungen (70,8 Prozent) und Informationswünsche der Banken (63,2 Prozent).
Gescheitert seien Kreditverhandlungen in 20 Prozent der Handwerksbetriebe, fast doppelt so häufig wie im Durchschnitt der befragten Unternehmen. Ursachen lägen vor allem die veränderte Geschäftspolitik der Banken, die geringe Eigenkapitalausstattung vieler Betriebe und fehlenden Sicherheiten.
Schlecht informiert über das Rating
Dort, wo das Rating zum Tragen kommt, hapert es bislang noch mit der von den Banken versprochenen Transparenz. Zwar kennen laut Umfrage mehr als 70 Prozent der Unternehmen die Ratingkriterien ihrer Banken, "aber nur gut die Hälfte kennt auch das Ratingergebnisse". Auch hier sind kleinere Unternehmen im Nachteil: Nur 51 Prozent von ihnen sind die Ratingergebnisse bekannt, weniger als ein Drittel ist über die Ratingergebnisse informiert.
Quelle:
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siehe zudem:
- Literatur / Bücher zum Thema Basel II bei Amazon
- Finanzdienstleistungen, Bausparkassen, Banken und ... auf Baulinks