Trendstudie zur Bauindustrie in Deutschland
- Talfahrt der Branche geht zu Ende: Umsatzrückgang verlangsamt
- Bauunternehmen setzen verstärkt auf Wachstumsstrategien
- Strategisches Risikomanagement und Mitarbeiterentwicklung zentrale Erfolgsfaktoren
(2.8.2004) Die Talfahrt der Bauindustrie neigt sich nach Einschätzung der größten deutschen Bauunternehmen dem Ende zu. Die meisten Firmen erwarten in den nächsten Jahren bessere Marktbedingungen, vor allem durch wachsende Investitionen privater Auftraggeber. So lauten zentrale Ergebnisse der Trendstudie von Roland Berger Strategy Consultants über Erfolgsfaktoren in der deutschen Bauindustrie 2004. Demzufolge entwickeln zahlreiche Unternehmen derzeit verstärkt strategische Ansätze, etwa Innovationen, um ihre Erträge nachhaltig zu steigern. Zudem beabsichtigen die befragten Unternehmen, das Risikomanagement sowie die Mitarbeiterentwicklung auszuweiten.
Der Branchenradar wurde von Februar bis März 2004 unter den 30 umsatzstärksten Bauunternehmen Deutschlands erhoben. An der schriftlichen Befragung beteiligten sich 14 Firmen, darunter zehn der deutschen Top-15 Bauunternehmen.
Rezession im Baugewerbe verlangsamt sich
Die deutsche Bauwirtschaft verzeichnet seit neun Jahren einen Rückgang der Auftragseingänge um durchschnittlich 6,7 Prozent p.a. Entsprechend rückläufig entwickeln sich die Umsätze: Allein von 2000 bis 2001 gab das deutsche Baugeschäft um 13,3 Prozent nach. Seither verlangsamt sich der Abschwung jedoch. So fielen die Umsätze von 2002 auf 2003 um 5,8 Prozent (Quelle: Hauptverband der deutschen Bauindustrie). Von 2004 bis 2006 wird sogar ein Wachstum des Bauvolumens in Deutschland von durchschnittlich 1,8 Prozent p.a. prognostiziert (Euroconstruct, 11/2003).
Rahmenbedingungen leicht verbessert
Die beim Branchenradar befragten Unternehmen erwarten künftig leicht verbesserte Rahmenbedingungen für die Bauindustrie. Besondere Hoffnungen setzen die Firmen auf zunehmende Investitionen privater Auftraggeber. Dagegen werden von öffentlichen Auftraggebern nur geringe Nachfrageimpulse vermutet. Auch von wirtschaftspolitischen Maßnahmen sowie neuen Gesetzesregelungen versprechen sich die Bauunternehmen keine Belebung des Markts.
Wie die Trendstudie zeigt, richten sich die großen deutschen Bauunternehmen derzeit verstärkt auf künftige Wachstumsfelder aus. Die strategische Neupositionierung gewinnt immer größere Bedeutung, nachdem in der Vergangenheit überwiegend Kostenprogramme umgesetzt wurden. "Erfolgreichen Bauunternehmen gelingt es, wettbewerbsfähige Kostenpositionen dauerhaft zu sichern und zugleich die Erträge langfristig zu steigern", so Dr. Reinhard Geissbauer, Partner im Competence Center Engineered Products & High Tech bei Roland Berger Strategy Consultants.
Erfolgsfaktoren weitgehend bekannt und teilweise umgesetzt
Elementare Erfolgsfaktoren des operativen Baugeschäfts sind nach Angaben der Unternehmen bereits ausreichend erfüllt. Dazu zählen etwa dauerhafte Kooperationen mit Materialzulieferern, schlanke Organisationsstrukturen oder die Einstellung unrentabler Regionalgeschäfte. Um nachhaltig zu wachsen, wollen die befragten Firmen vor allem strategische Ansätze verfolgen, etwa Innovationen. Handlungsbedarf erkennen sie darüber hinaus bei der Etablierung von Betreibermodellen als Geschäftsfeld, dauerhafter Kooperation mit Auftraggebern, der Erschließung neuer Ländermärkte (Osteuropa) sowie der Fähigkeit zu "Bauen im Bestand" im Sinne einer Renovierung, Modernisierung oder Umnutzung bestehender Gebäude.
Als zentrale Erfolgsfaktoren der Zukunft betrachtet die Bauwirtschaft vor allem strategisches Risikomanagement und umfassende Mitarbeiterentwicklung.
Strategisches Risikomanagement ausbauen
90 Prozent der Firmen verfügen zwar über ein operatives Risikomanagement. Bei der strategischen Absicherung von Risiken sehen viele Bauunternehmen dagegen Handlungsbedarf: 40 Prozent der befragten Unternehmen erstellen derzeit noch keinen Bericht über strategische Risiken. 30 Prozent der Firmen verzichten bislang auf die vergleichende Bewertung strategischer Risiken. 80 Prozent beabsichtigen, das Risikomanagement zu einem ganzheitlichen Steuerungsinstrument weiterzuentwickeln. Dazu sollten sie beispielsweise mögliche Risiken noch konsequenter in Zahlen fassen sowie die Risiko-Entwicklung kontinuierlich beobachten.
Mitarbeiterentwicklung systematisieren
Umfassende Mitarbeiterentwicklung nennen die deutschen Bauunternehmen derzeit als wichtigsten Erfolgsfaktor. Alle befragten Unternehmen halten die regelmäßige, systematische Beurteilung ihrer Mitarbeiter für besonders wichtig. Bereits rund 90 Prozent der operativen und etwa 80 Prozent der administrativen Mitarbeiter werden nach spezifischen Verfahren beurteilt. Auch haben alle befragten Firmen variable Entlohnungsformen eingeführt. Dabei erhalten mehr als doppelt so viele operative Mitarbeiter (71 Prozent) einen variablen Gehaltsbestandteil wie administrativ Beschäftigte (29 Prozent). Als wesentliche Kriterien zur Bestimmung des variablen Einkommens gelten Ergebnis (50 Prozent), Leistung (29 Prozent) und qualitative Vereinbarungen (17 Prozent). Verbesserungsbedarf erkennen die Bauunternehmen vor allem bei umfassender individueller Qualifikation der Beschäftigten sowie Motivation.
siehe auch:
- Kommunale Bauhaushalte unter Druck (24.8.2004)
- Baubilanz 1. Halbjahr 2004 enttäuschend (22.8.2004)
- NRW-Bauhauptgewerbe im ersten Halbjahr 2004 (18.8.2004)
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ausgewählte weitere Meldungen:
- Aufträge im Bauhauptgewerbe: Real -11,3% zum Vorjahres-Mai (21.7.2004)
- Baukonjunktur im Frühjahr 2004: Konjunkturelle Talsohle noch nicht erreicht (30.6.2004)
- ZDB: Kürzung im Investitionsetat treibt annähernd 100.000 Bauarbeiter in die Arbeitslosigkeit (.6.2004)
- Statistisches Bundesamt: Baugenehmigungen im 1. Quartal 2004 etwa auf Vorjahresniveau (25.5.2004)
- Rückgang der Baufertigstellungen im Jahr 2003 um 7,4% (8.4.2004)