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Grundsatzentscheidung zur Rechtsschutzversicherung bei Streitigkeiten über die Baufinanzierung

(16.7.2003) Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat als erstes Oberlandesgericht am 3. Juli 2003 eine Entscheidung zu einer umstrittenen und praktisch wichtigen Frage der Reichweite einer Rechtsschutzversicherung bei Streitigkeiten über die Finanzierung von Bauvorhaben getroffen (12 U 53/03).

Der Fall: Der Kläger hatte eine Eigentumswohnung während der Errichtungsphase gekauft, die noch vollständig herzustellen war. Er finanzierte den Erwerb über ein Darlehen einer Bausparkasse. Nachdem sich seine Erwartungen hinsichtlich der mit dem Erwerb der Wohnung verbundenen Einkünfte und Steuerersparnisse nicht erfüllten, beabsichtigt er, die finanzierende Bausparkasse mit der Begründung zu verklagen, diese habe ihn über die Risiken des Geschäfts nicht genügend aufgeklärt.
Der Kläger ist rechtsschutzversichert und streitet nun mit der Rechtsschutzversicherung darüber, ob diese das Prozesskostenrisiko der beabsichtigten Klage gegen die Bausparkasse abdecken muss.

Die Urteile: Das Landgericht Mannheim hat das verneint und die Klage gegen die Rechtsschutzversicherung abgewiesen. Der für das Versicherungsrecht zuständige 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe hat diese Entscheidung bestätigt und die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Begründung: In den bislang von der Rechtsprechung entschiedenen, vergleichbaren Fällen lagen den Versicherungsverträgen jeweils die "ARB 75" zugrunde, das sind die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Rechtsschutzversicherung aus dem Jahre 1975. Die ARB 75 enthalten einen Risikoausschluss für sogenannte Baurisiken. Auf diese Ausschlussklausel kann sich die Rechtsschutzversicherung nach der Rechtsprechung nur berufen, wenn es in dem Rechtsstreit gerade um einen Baumangel geht. Für die Kosten eines Rechtsstreits über die Finanzierung muss die Rechtsschutzversicherung dagegen einstehen.
Die Versicherer haben ihre Allgemeinen Versicherungsbedingungen jedoch im Jahr 1994 in den "ARB 94" neu gefasst und dabei auch die Ausschlussklausel für Baurisiken geändert. Nach Auffassung des 12. Zivilsenats hat sich dadurch die Rechtslage entscheidend geändert. Unterliege der Versicherungsvertrag - wie im Falle des Klägers - diesen neuen Versicherungsbedingungen, könne die Versicherung eine Deckungszusage nicht nur für Prozesse wegen Baumängeln, sondern auch für Rechtsstreitigkeiten wegen der Finanzierung verweigern. Das sei den ARB 94 hinreichend deutlich zu entnehmen.

Die vom Oberlandesgericht Karlsruhe entschiedene Frage ist von erheblicher praktischer Bedeutung, weil es bundesweit zahlreiche Klagen enttäuschter Anleger gibt, die in der Hoffnung auf Wertsteigerungen, Mieteinnahmen und Steuerersparnisse ihr Geld in neu zu errichtenden Immobilien angelegt haben und - nachdem ihre Erwartungen enttäuscht wurden - die finanzierende Bank oder Bausparkasse in Anspruch nehmen wollen. Vielfach wird dabei geltend gemacht, das finanzierende Institut habe mit dem Immobilienverkäufer zusammengearbeitet und gewusst, dass dieser falsche oder unvollständige Angaben gemacht habe.

Fazit: Nach der Entscheidung des 12. Zivilsenats kann eine betroffene Person in solchen Fällen von der Rechtsschutzversicherung die Übernahme des Prozesskostenrisikos nur dann erwarten,

  • wenn sie ihre Rechtsschutzversicherung nach dem Jahr 1975 (ARB 75) und
  • vor 1994 (ARB 94) abgeschlossen hat.

Übrigens: Der 12. Zivilsenat hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.

ergänzende Hinweise:

  • § 4 Absatz 1 lit. k der ARB 75 lautet:
    "Der Versicherungsschutz bezieht sich nicht auf die Wahrnehmung rechtlicher Interessen,
    k) die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Planung, Errichtung oder genehmigungspflichtigen baulichen Veränderung eines im Eigentum oder Besitz des Versicherungsnehmers befindlichen oder von diesem zu erwerbenden Grundstückes, Gebäudes oder Gebäudeteiles stehen."
  • § 3 Abs. 1 lit. d, bb und dd) der ARB 94 lautet:
    "Rechtsschutz besteht nicht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in ursächlichem Zusammenhang mit
    aa)...
    bb) der Planung oder Errichtung eines Gebäudes oder Gebäudeteiles, das sich im Eigentum oder Besitz des Versicherungsnehmers befindet oder das dieser zu erwerben oder in Besitz zu nehmen beabsichtigt;
    cc)...
    dd) ...der Finanzierung eines unter aa) bis cc) genannten Vorhabens.

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