Santiago Calatrava-Ausstellung vom 20.3. bis 18.5. im Wiener kunsthistorischen Museum
(15.2.2003) Santiago Calatravas Bauwerke lassen sich nicht ignorieren. Stets weckt ihr außergewöhnlicher, imposanter Anblick im Betrachter gleichzeitig Gefühle von Befremdung und Vertrautheit aus. Die vorliegende Ausstellung geht von dem Grundgedanken aus, dass die Bauten diese Wirkung hervorrufen, weil sie eine tiefreichende Sehnsucht des Menschen verkörpern: den Traum vom Fliegen.
Die Identifikation des Menschen mit Vögeln scheint paradox, zumindest auf den ersten Blick. Doch ist sie, wie viele Dinge, die der gesunde Menschenverstand zunächst als unlogisch abtut, letzten Endes ein Teil der menschlichen Natur. Warum sonst wäre der Traum vom Fliegen so universal? Von den vier Träumen, die Freud als "typisch" einstuft, ist einer das Fliegen. Das Werk Santiago Calatravas ist der architektonische Ausdruck dieses Traumes.
Santiago Calatrava überschreitet mit seinen "Gedankenexperimenten" nicht nur die herkömmlichen Grenzen, sondern verfügt auch über das technische Wissen, seine Visionen in die Realität umzusetzen. Auf eine Weise, die ebenso mutig in der Konzeption wie virtuos in der Ausführung ist, schlägt der Künstler und Bauingenieur eine Brücke zwischen Kunst und Natur. Er stellt sich nicht nur Gebäude vor, die Vögeln ähneln, er baut sie auch. Und sie sehen nicht nur wie Vögel aus, sie bewegen sich sogar wie Vögel.
Eine Ausstellung, die im Rahmen des Zusammenschlusses des Kunsthistorischen und Naturhistorischen Museums einem Universaltalent wie Calatrava gewidmet ist, bildet den idealen Hintergrund für die Verwirklichung der Leibnitzschen Vision, Kunstkammer und Wunderkammer, die in der Zeit der Renaissance untrennbar verbunden waren, wieder zu einem harmonischen Ganzen zu vereinen - einem "Theatrum Naturae et Artis".
Die Ausstellung im Kunsthistorischen Museum präsentiert etwa 30 meisterhaft ausgeführte architektonische Modelle für Brücken und Bauwerke aus der renommierten Calatrava-Sammlung, die aufgrund ihrer Verkörperung des Vogelthemas ausgewählt wurden. Einige sind statisch und andere mechanisch bewegt. Darüber hinaus werden zahlreiche Aquarelle Calatravas gezeigt, von denen er einige eigens für diese Ausstellung schuf. Auch sie beschäftigen sich mit der Vogelanalogie.
Auf Einladung der Kuratorin beteiligte sich der Direktor der Vogelsammlung des Naturhistorischen Museums, Dr. Ernst Bauernfeind, mit dem Thema des Vogels als ästhetisches und morphologisches Vorbild an der Ausstellung. Er zeigt unter anderem Exemplare aus der Sammlung des Kronprinzen Rudolph, die gleichzeitig Meisterwerke der Natur und der Taxidermie sind. Die von Dr. Bauernfeind ausgewählten Vogelgesänge, die ebenfalls aus der reichhaltigen Sammlung des Naturhistorischen Museums stammen, vervollkommnen die Aura der Wunderkammer.
Calatravas Arbeiten faszinieren den Betrachter. Sie sprechen auch Kinder an und beflügeln ihre Fantasie. Aus diesem Grund stehen einige Modelle auf niedrigen Podesten der Experimentierfreude der Kinder zur Verfügung. Sie lassen sich auf verschiedene Weise in Bewegung versetzen, indem man an einer Schnur zieht, eine Kurbel dreht oder einen Knopf drückt.
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