LBS meldet: Ohne mehr Neubau droht Wohnungsknappheit
(19.12.2001) Die Landesbausparkassen haben eindringlich an die Politik appelliert, die anhaltende Diskussion um den künftigen Neubaubedarf zu versachlichen. Es sei einfach nicht wahr, dass die Bundesrepublik künftig mit dem jetzigen Wohnungsbestand auskomme und dieser nur anders verteilt werden müsse. Wer so redet, so LBS-Verbandsdirektor Dr. Hartwig Hamm vor der Presse in Berlin, werde seiner Verantwortung für das Grundbedürfnis Wohnen nicht gerecht – insbesondere gegenüber sozial Schwachen, die einen Mangel an Wohnraum als erstes zu spüren bekämen. Alle Anzeichen deuten darauf hin, dass Deutschland bereits in wenigen Jahren vor einer neuen Wohnungsknappheit stehen könnte. Dies sei das "natürliche Resultat" einer weiter wachsenden Zahl von Haushalten bei gleichzeitig rapide sinkender Neubautätigkeit.
Hamm warnte davor, die gleichen Fehler wie Mitte der 80er Jahre noch einmal zu begehen. Auch damals war die Rede vom "Vorrang der Innenentwicklung" und von "unnötiger Versiegelung von Flächen". Die Folge war eine Wohnungsnot, die zunächst in den Ballungsräumen begann und schließlich fast das ganze Land überzog. Die Ausgangslage sei heute nicht anders, auch wenn in Teilen der Republik Wohnungen leer stünden. Man dürfe nicht dem Irrtum erliegen, die Sondersituation im Osten sei ein tauglicher Maßstab für Wohnungsversorgung in den alten Bundesländern. Hier werde zumindest in den prosperierenden Wirtschaftszentren das Angebot an bezahlbarem Wohnraum bereits jetzt wieder knapp. Und auch in Ostdeutschland gebe es erheblichen Nachholbedarf für qualitativ gutes Wohnen, insbesondere im Eigenheimsektor.
An der Realität vorbei gehe auch die immer wieder zu hörende – und auf den ersten Blick eingängige – These, dass wegen schrumpfender Bevölkerung kein Neubau mehr notwendig sei. Die für die Wohnungsnachfrage entscheidende Größe sei die Zahl der Haushalte. Wegen des anhaltenden Trends zu kleineren Haushalten sei mindestens für die nächsten zwanzig Jahre mit steigender Wohnungsnachfrage zu rechnen, so Hamm. Dies gelte ganz unabhängig davon, wie sich Geburtenraten und Zuwanderung entwickeln. Das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung prognostiziert allein bis 2015 zwei Millionen zusätzliche Haushalte. Im Übrigen habe Deutschland im internationalen Vergleich eine relativ niedrige Pro-Kopf-Wohnfläche. Mit steigenden Einkommen werde auch die Nachfrage nach größeren und besseren Wohnungen wieder zunehmen. Dazu kommen weitere Effekte wie zum Beispiel der wachsende Bedarf an Zweitwohnungen – ausgelöst durch die zunehmende Mobilität der Arbeitnehmer.
Hamm räumte ein, dass es sicher illusorisch ist, der drohenden Wohnungsknappheit schon jetzt mit zusätzlichen Mitteln von Bund, Ländern oder Gemeinden entgegen steuern zu wollen. Viel wäre aber schon gewonnen, wenn die Politik jetzt den Neubau nicht zusätzlich schwächt, sondern bestehende Instrumente aktiv einsetzt. Dazu gehöre unter anderem die konsequente Mobilisierung von Baugrundstücken. Eine restriktive Baulandpolitik habe in der Vergangenheit die Preise auf Rekordhöhe getrieben und damit die Nachfrage-Potentiale für Wohneigentum an den Rand gedrängt.
"Nicht nachvollziehbar" ist vor allem, so Hamm weiter, dass trotz drohender Engpässe auf dem Wohnungsmarkt auch noch am mit Abstand wichtigsten Instrument der Neubauförderung, der Eigenheimzulage, "herumgedoktert" werden soll. Allen Experten sei klar, dass die Eigenheimzulage auch und gerade in den Ballungszentren ihre positive Wirkung entfaltet. Laut amtlicher Baugenehmigungsstatistik ist in den Wirtschaftszentren Westdeutschlands der Eigenheimbau sogar zunehmend das wichtigste Standbein des Wohnungsbaus. Weitere Einschnitte bei der Förderung würden deshalb vor allem die Brennpunkte der Wohnungsnachfrage treffen und die Zukunftsfähigkeit der Städte als Wohnstandorte gefährden.
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