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Bundesgerichtshof zur Duldungspflicht des Grundstückseigentümers bei Verlegung neuer Leitungen für telekommunikative Zwecke

(26.11.2001) Die Kläger aller neun ähnlich gelagerter Streitfälle sind Eigentümer überwiegend landwirtschaftlich genutzter Grundstücke. Die Beklagte, ein Unternehmen der Energieversorgung, besitzt aufgrund durch beschränkt persönliche Dienstbarkeiten gesicherter Vereinbarungen mit den Klägern bzw. deren Rechtsvorgängern die Befugnis, die Grundstücke zum Einlegen und Betreiben einer Erdgasleitung nebst Zubehör in einem 10 m breiten Schutzstreifen zu nutzen. Sie betreibt nunmehr den Einbau eines Schutzrohrbündels zur Aufnahme von mehreren je 120-faserigen Lichtwellenleiterkabeln in einem Abstand von 4 m zur Gasleitung. Die LWL-Kabel sollen in die Schutzrohre eingeblasen werden und telekommunikativen Zwecken dienen.

Die Kläger begehren im wesentlichen die Unterlassung des Einblasens der LWL-Kabel sowie die Entfernung bereits installierter Schutzrohrbündel. Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klagen abgewiesen, Das Oberlandesgericht hält die Kläger für verpflichtet, die Maßnahmen der Beklagten gemäß § 57 Abs. 1 Nr. 1 TKG zu dulden. Die Vorschrift begründe eine Duldungspflicht des Grundstückseigentümers nicht nur bei (Um-)Nutzung bereits vorhandener Leitungen und Einrichtungen für telekommunikative Zwecke, sondern auch, wenn das Energieversorgungsunternehmen für eine Neuverlegung von Kabelrohren den durch die Dienstbarkeit geschützten Bereich, in dem bisher schon die Versorgungsleitung verlegt sei, in Anspruch nehme.

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat diese Auffassung bestätigt. Der Gesetzgeber des Telekommunikationsgesetzes (TKG) war sowohl durch EG-rechtliche Vorschriften als auch durch Art. 87 f GG gehalten, eine flächendeckend angemessene und ausreichende Versorgung der Bevölkerung im Bereich der Telekommunikation durch die Sicherstellung eines chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbs zu gewährleisten. Zu einer raschen Herstellung eines flächendeckenden Netzes terrestrischer Telekommunikationslinien sollten sowohl aus volkswirtschaftlichen Gründen als auch zur Gewährleistung eines ausgewogenen Wettbewerbs, den der Gesetzgeber zu fördern hatte, unter Einbindung der Leitungsinfrastruktur der Energiewirtschaft auch private Grundstücke in Anspruch genommen werden. Das Ziel des Gesetzes konnte nur erreicht werden, wenn dem jeweiligen Unternehmen nicht nur die Möglichkeit eröffnet wurde, bereits verlegte Leitungen und Schutzrohre für Zwecke der Telekommunikation zu nutzen, sondern wenn ihm auch das Recht eingeräumt wurde, bestehende Dienstbarkeiten für die Neuerrichtung von Telekommunikationsrichtlinien nutzbar zu machen. Erfaßte nämlich die vom Gesetz begründete Duldungspflicht der Grundstückseigentümer nur bestehende Leitungen und Schutzrohre, wäre der Anwendungsbereich des § 57 Abs. 1 Nr. 1 TKG sehr beschränkt. Denn erst seit jüngerer Zeit werden im Zusammenhang mit der Installation von Versorgungsleitungen Schutzrohre zur Aufnahme weiterer Leitungen verlegt.

Voraussetzung für die Duldungspflicht ist freilich stets, daß der Grundstückseigentümer ohnehin eine Leitung oder Anlage infolge eines gesicherten Rechts (z. B. beschränkte persönliche Dienstbarkeit) zu dulden verpflichtet ist und daß mit der Installation von neuen Leitungen für telekommunikative Zwecke keine dauerhafte zusätzliche Einschränkung der Nutzbarkeit des Grundstücks verbunden ist. Diese Voraussetzungen hat der Bundesgerichtshof in den entschiedenen Fällen bejaht.

Nicht Gegenstand des Verfahrens war die Frage, ob die Beklagte für die erweiterte Nutzung ein Entgelt zu zahlen hat. Dies hat der Bundesgerichtshof in einem insoweit ähnlich gelagerten Fall bereits mit Urteil vom 7. Juli 2000 (V ZR 435/98, BGHZ 145, 16, 29 ff) bejaht.

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