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Deutscher Städtetag: Hauptversammlung "Zukunft der Stadt - Stadt der Zukunft" in Leipzig

(11.5.2001) Die Zukunft der deutschen Städte hängt von ihrer eigenen Fähigkeit zum Wandel ab, aber auch von der Fähigkeit von Ländern, Bund und Europäischer Union, den Städten wieder genügend Freiraum zu verschaffen. Nur durch mehr Handlungs­freiheit können sie ihre besonderen Stärken zum Nutzen der Bürgerinnen und Bürger, zum Nutzen von Staat und Gesellschaft einsetzen. Das betonte der Präsident des Deutschen Städtetages, der Saarbrücker Oberbürgermeister Hajo Hoffmann, am 8. Mai in Leipzig zum Auftakt der Hauptversammlung des größten kommunalen Spitzenverbandes.

Als Beispiele für Stärken der Städte nannte er deren Bürgernähe, die demokratischen Mitgestaltungsmöglichkeiten vor Ort und die Garantie vieler Dienstleistungen für die Bevölkerung - nicht nur in der Versorgung mit öffentlichem Personennahverkehr, Strom, Wasser und Sparkassen oder der Entsorgung von Abfall, sondern auch in der Gesundheits- und Sozialpolitik, in Kultur und Bildung, im Umweltschutz.

Der Deutsche Städtetag vertritt über 5700 Städte mit insgesamt 51 Millionen Einwohnern, darunter alle 117 kreisfreien Städte, einschließlich der Stadtstaaten. Die Hauptversammlung, die alle zwei Jahre stattfindet, steht diesmal unter dem Motto "Zukunft der Stadt - Stadt der Zukunft".

"Die Städte stellen sich vielfältigen Veränderungen, etwa durch die Globalisierung und die Wettbewerbspolitik aus Brüssel", so Präsident Hajo Hoffmann: "Im Nahverkehr zum Beispiel werden zunehmend private Unternehmen Fuß fassen. In dem künftigen europaweiten Verkehrsmarkt werden aus Deutschland nicht mehr die Städte allein agieren, aber sie wollen entsprechend dem öffentlichen Auftrag mitwirken. Dabei wollen die Städte frei entscheiden können, ob sie mit eigenen Unternehmen antreten, private Anbieter einschalten oder gemeinsame Beteiligungsformen suchen. Die Städte werden in Zukunft bei verschiedenen Aufgaben in die Rolle des Gewährleisters rücken, der den Menschen gute Leistungen sichert, aber diese nicht unbedingt selbst erbringt."

Dabei würden die Städte über ihre Räte und damit demokratisch gesteuert Ziele vorgeben und Standards setzen damit zum Beispiel der Bus weiterhin regelmäßig und zu einem vertretbaren Preis an den Stadtrand fährt. Denn Wettbewerb dürfe nicht dazu führen, dass das Gemeinwohl und soziale Kriterien auf der Strecke bleiben.

Die Bereitschaft der Städte zur Anpassung, so Hoffmann weiter, müsse allerdings auch von anderen Ebenen erwidert werden. Angesichts immer neuer Aufgabenverlagerungen auf die Kommunen bei zunehmend dramatischer Finanzsituation vieler Städte bezeichnete der Städtetagspräsident eine Gemeindefinanzreform als "längst überfällig". Er warnte in diesem Zusammenhang vor "gefährlichen, unüberlegten Experimenten mit der Gewerbesteuer".

"Vielen Städten steht das Wasser bis zum Hals. Bund und Länder müssen deshalb noch in diesem Jahr mit den Städten die Beratungen über die Gemeindefinanzreform beginnen. Ohne eine solide, dauerhafte und verlässliche Finanzausstattung haben die Städte keine Zukunft. Denn Stadtpolitik wird erdrückt von Aufgaben, für die sie organisatorisch und finanziell nicht ausgerüstet ist und für die sie keine Entscheidungskompetenzen hat", sagte Hoffmann.

Hoffmann wies auch auf die besonderen finanziellen Schwierigkeiten vieler ostdeutscher Städte hin und verlangte, den Solidarpakt II ab dem Jahr 2005 in der von den neuen Ländern benannten Größenordnung von etwa 300 Milliarden Mark fortzusetzen. "Die Steuerkraft der ostdeutschen Kommunen liegt im Vergleich zum Westen im Durchschnitt nur bei 40 bis 60 Prozent. Die Städte hängen hier am Zuweisungstropf von Bund und Ländern. Der Nachholbedarf bei der Infrastruktur ist gewaltig. Sowohl strukturschwache Städte im Osten als auch im Westen brauchen dringend Unterstützung. Der Einbruch der Investitionen muss gestoppt, die Haushalte müssen saniert werden."

Eine stärkere Beteiligung der Städte am Zusammenwachsen Europas reklamierte einer der Stellvertreter des Städtetagspräsidenten, der Dresdener Oberbürgermeister Dr. Herbert Wagner: "Weil die EU unter einem demokratischen Defizit leidet und Europa von vielen als bürgerfern empfunden wird, ist es wichtiger denn je, dass die Städte an der europäischen Politik beteiligt werden. Dem Ausschuss der Regionen müssen echte Befugnisse zur Mitwirkung übertragen werden. Es darf nicht dabei bleiben, dass von den 24 deutschen Sitzen nur drei den kommunalen Spitzenverbänden zuerkannt sind und die Länder die anderen 21 Sitze innehaben. Außerdem sollte den kommunalen Spitzenverbänden Europas ein verbindliches Beteiligungsrecht bei europäischen Rechtsakten eingeräumt werden."

Wagner nannte als eine wesentliche Aufgabe für die Städte selbst, eine wachsende politische Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger zu fördern. Die Demokratie in den Städten müsse gestärkt werden. Die Stadt habe nur Zukunft, wenn sich die Bürgerinnen und Bürger mit ihr identifizieren, sich in ihr wohlfühlen, sich für sie engagieren. In neuen Beteiligungsformen wie Stadtteilforen, Bürgerhaushalten, bei der Diskussion städtischer Leitbilder oder in kriminalpräventiven Gremien könnten die Menschen freiwillig Politik mitgestalten. Hier hätten die Städte von sich aus - ohne gesetzliche Regelung - schon gute Erfolge erzielt. Dieser Weg, so der stellvertretende Städtetagspräsident, sei verstärkt weiter zu verfolgen.

"Uns erscheint sinnvoll, über eine Ergänzung der repräsentativen Demokratie durch plebiszitäre und vor allem kooperative Elemente nachzudenken. Die Bereitschaft von Rat und Verwaltung, durch Bürgerbeteiligung Kooperation und Konsens mit den Bürgerinnen und Bürgern zu suchen, verbessert die Entscheidungsgrundlagen des Rates. Bürgerbeteiligung kann die Information über die Stadt und das Interesse am Gemeinwesen fördern. Die Bürger müssen sich ernstgenommen wissen", sagte Oberbürgermeister Dr. Wagner.

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