VDM: Wohnungsmarktprognosen nicht für Gruppeninteressen missbrauchen!
(1.3.2001) "Prognosen haben ihre Tücken und Vorzüge, denn mit ihnen lässt sich fast alles begründen," meint der Vizepräsident und Pressesprecher des Verbandes Deutscher Makler (VDM), Erich Hildenbrandt. Ein beliebtes Feld für Propheten sei schon immer der Wohnungsmarkt gewesen, denn unterschiedliche Interessengruppen stützten ihre jeweiligen Ziele und Forderungen auf eine passende Prognose. In jüngster Zeit sei dies gehäuft zu beobachten. "Ob Mieter- oder Haus- und Grundbesitzervereine, ob Vertreter der alten oder neuen Bundesländer, ob liberale Politiker oder Regulierungsverfechter, ob Bausparkassen oder Wohnungsbauunternehmen, alle finden die Prognose, die sie zur Untermauerung ihrer Interessen brauchen."
Nach dem Motto "Sag mir, welches Ergebnis deine Prognose haben soll und ich sage dir, welche Einflussfaktoren du unterstellen musst" lasse sich für die Zukunft eine Wohnungsnot, ein Überangebot oder ein perfekt ausgeglichener Wohnungsmarkt vorhersagen. Je nach Interessenlage und Zielsetzung gehe man von einer weiter sinkenden Geburtenrate aus oder lasse sie mit Blick auf andere europäische Länder auch wieder steigen. Ebenso könne man einen zu- oder abnehmenden Zuwanderungssaldo zu Grunde legen. Man könne - als Annahme - die Wohnfläche pro Person weiter von Jahr zu Jahr wachsen oder sie angesichts steigender Kosten stagnieren oder sogar zurückgehen lassen. Dasselbe Spiel gehe mit der Entwicklung der durchschnittlichen Haushaltsgröße.
Weitere Gestaltungsmöglichkeiten bieten Annahmen über den zukünftigen jährlichen Wegfall von Wohnungen durch Abriss, Umnutzung oder Zusammenlegung. Wird sich als Folge größerer Arbeitsplatzflexibilität ein steigender Bedarf an Zweitwohnungen einstellen? Werden in Urlaubsregionen mehr Ferienwohnungen nachgefragt? "Je nachdem, welche Annahmen man auswählt, lässt sich darauf fast jede Prognose stützen," ist der VDM-Sprecher überzeugt. Und wenn sich das gewünschte Ergebnis dann immer noch nicht darstellen lässt, verlängere man einfach den Prognosezeitraum. Spätestens dann könne man alles unwiderlegbar behaupten, denn "wer hätte sich in den fünfziger und sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts träumen lassen, wie wir heute wohnen."
Hildenbrandt schließt aus dieser "Manipulierbarkeit" nicht, dass man zukünftig auf Wohnungsmarktprognosen verzichten sollte. Auch der VDM stelle seit seinem über dreißigjährigen Bestehen regelmäßig Prognosen. "Nur gehen wir mit den Annahmen, die wir zu Grunde legen, sehr vorsichtig um, indem wir uns auf wenige verbürgte Daten stützen, mit dem Ohr am Markt Stimmungen aufnehmen und aus Erfahrungen der Vergangenheit vorsichtige Schlüsse für die Zukunft ziehen." Außerdem prognostiziere der VDM die Entwicklungen des Wohnungsmarkts stets für überschaubare Zeiträume und nicht etwa für Jahrzehnte. "Für dieses Verfahren spricht, dass wir bisher mit allen Prognosen Recht behalten haben - ob wir vor Wohnungsknappheit, Stagnation oder drohenden Leerständen warnten," erinnert Hildenbrandt.
Niemand solle von Prognosen abgehalten werden. Diese sollten aber nicht dazu verleiten, den Wohnungsmarkt noch stärker staatlich zu reglementieren, als es ohnehin schon geschieht. Wohnen habe sich in Deutschland längst vom Grundbedürfnis zum Konsumgut gewandelt. Prognosen über den Bedarf an Konsumgütern sollte nur der erstellen, der diese Produkte an einem bestimmten Ort anbietet und die Folgen einer Fehlprognose selbst zu tragen hat. Voraussetzung wäre allerdings, so Hildenbrandt, ein weitgehend freier Markt, wie wir ihn in anderen Konsumbereichen kennen, und zuverlässige staatliche Rahmenbedingungen, die sich nicht ständig wieder ändern. Gleichgültig, aus welcher Perspektive man dies betrachte - aus der von Wohnungseigentümern, Vermietern, Mietern, Wohnungsunternehmen oder dem Bauhandwerk: "Ein verlässlicher rechtlicher Rahmen für den Wohnungsmarkt nützt allen, denn sie können auf dieser Grundlage planen."
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