Auch beim gekündigten Bauvertrag Abnahme durchführen!
(29.7.2012) „Ein fertiges Werk muss abgenommen werden. Das ist allgemein bekannt. Dass aber nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung auch ein unfertiger Bau abgenommen werden muss, wenn der Bauvertrag gekündigt wurde, das ist vielen Handwerkern und Bauunternehmern nicht geläufig“, konstatiert Johannes Jochem, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht in Wiesbaden und Mitglied der ARGE Baurecht im Deutschen Anwaltverein.
Wird ein Bauvertrag gekündigt, kommt es gerne auch zum weiteren Streit zwischen den Parteien. Ursache dafür ist häufig die Frage, ob am unfertigen Bau Mängel bestehen, für die dann ein Nacherfüllungsrecht existiert - bzw. ein Recht auf zweite Andienung. Baufachleute suchen seit langem nach einer praktikablen Lösung, wie unterschieden werden kann zwischen ...
- einem Mangel am unfertigen Bauwerk einerseits und
- Restleistungen andererseits, die aufgrund der Kündigung noch nicht erbracht wurden und nun auch nicht mehr zu erbringen sind.
Eine Frage des „Weitermachenkönnens“
Fachanwalt Johannes Jochem schlägt als grobe Faustregel vor: „Das zum Zeitpunkt der Kündigung bestehende, unfertige Werk ist mangelfrei, wenn es ohne zusätzliche ungeplante Maßnahmen für die Vollendung des ursprünglich geschuldeten Werkes geeignet ist.“ Er präzisiert noch: „Lässt der unfertige Baukörper also ein ,Weitermachen‘ zu, so kann die Abnahme gefordert werden. Ist dagegen ein teilweiser Rückbau erforderlich, so besteht grundsätzlich auch bei Kündigung die Mangelbeseitigungspflicht des Bauunternehmers und sein Recht auf Nacherfüllung.“
„Die Abnahme des unfertigen Bauwerks ist zur korrekten Werklohn-Abrechnung und zur Fälligkeit des Werklohns notwendig“, resümiert der Baurechtsanwalt. „Mit der Kündigungserklärung wird ein Schnitt gezogen: Die bis dahin erbrachte Teilleistung wird in jedem Fall anteilsmäßig am Gesamtwerklohn abgerechnet. Der Wert der Arbeit lässt sich nur mit einer Begehung und einem Aufmaß verlässlich ermitteln. Je nachdem, auf welcher rechtlichen Grundlage der Vertrag gekündigt wurde, muss der Auftraggeber eventuell aber auch einen Teil der nicht erbrachten Leistung bezahlen, zum Beispiel bei der sogenannten freien Kündigung.“
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