Edelstahl-Studie: Künftige Verfügbarkeit von Chrom und Edelstahlschrott kritischer als Rohöl
(26.9.2012) Chrom ist mit Abstand der Rohstoff für die Edelstahlproduktion, dessen künftige ökonomische Verfügbarkeit für die Edelstahlindustrie am kritischsten ist. Die Verfügbarkeit von Chrom, einem der Hauptbestandteile von Edelstahl, ist sogar geringer als die von Rohöl, das gemeinhin als knappes Gut eingeschätzt wird - zu diesem Ergebnis kommt das Team von Prof. Dr. Matthias Finkbeiner von der TU Berlin, der im Auftrag der deutsch-niederländischen Rohstoffhandelsgruppe Oryx Stainless wissenschaftlich die Einflussfaktoren auf die Verfügbarkeit der Hauptelemente von Edelstahl, nämlich Nickel, Chrom und Eisen, jenseits der geologischen Reserven untersucht hat. Als wichtige Sekundärrohstoffquelle wurde darüber hinaus Edelstahlschrott in die Studie miteinbezogen, der heute mit einem Anteil von durchschnittlich 50 Prozent zur Produktion neuen Edelstahls eingesetzt wird. Komplexere Versorgungsketten, globalisierte Märkte wie auch Handelsbarrieren in Folge nationaler Rohstoffpolitiken wirken sich immer stärker auf die tatsächliche Verfügbarkeit von Rohstoffen aus, die bei einer konventionellen Einschätzung, die ausschließlich auf die geologischen Reserven abzielt, unberücksichtigt bleiben.
Die Studienergebnisse zeigen, dass zur Beurteilung der tatsächlichen künftigen Verfügbarkeit von Rohstoffen der alleinige Fokus auf die geologischen Rohstoffreserven nicht ausreicht. "Chrom wäre unter alleiniger Berücksichtigung der geologischen Reserven für die Edelstahlindustrie unauffällig. Nickel dagegen erscheint kritisch. Unter Einbeziehung ökonomischer Aspekte wird Chrom aber eher ein knappes Gut. Der Zugang zu Nickel ist in dem erweiterten Szenario stattdessen unkritisch", so Prof. Finkbeiner. Hauptursache für die höhere Kritikalität von Chrom ist nach Angaben der TU Berlin das für diesen Rohstoff prognostizierte Nachfragewachstum. Wichtige begrenzende Faktoren seien darüber hinaus ...
- die relative geografische Konzentration der natürlichen Reserven,
- der Zufluss von Chrom durch den Sekundärrohstoff Schrott sowie
- die theoretische Reichweite des Rohstoffs, der mit einem Anteil von knapp 19 Prozent zu den wichtigsten Bestandteilen von Edelstahl zählt.
Handelsbeschränkungen wie auch die Unternehmenskonzentration würden für Chrom eine eher untergeordnete Rolle spielen, ganz im Gegensatz zum Rohstoff Eisenerz, dessen Verfügbarkeit aber insgesamt als eher unkritisch anzusehen sei.
Eine Sonderrolle nimmt der Edelstahlbestandteil Schrott ein. Wenngleich seine Verfügbarkeit nach Ansicht der TU Berlin auch eher unkritisch gesehen wird, so sei sie doch stärker begrenzt als die von Nickel, dem mit Abstand preisbestimmendsten Rohstoffbestandteil von Edelstahl aktuell. Die relative Kritikalität von Edelstahlschrott ist vor allem zurückzuführen auf ...
- das prognostizierte Nachfragewachstum,
- die theoretische Reichweite der Reserven sowie
- deren geografische Konzentration.
"Das Studienergebnis der TU Berlin unterstreicht die notwendigkeit, die Edelstahlrecyclingraten auch in Zukunft auf hohem Niveau zu halten", so Roland Mauss, Vorstandsmitglied des weltweit agierenden Edelstahlschrotthandelsunternehmens Oryx Stainless. Durch konsequentes Recycling seien die weltweiten Edelstahlschrottreserven in den letzten 30 Jahren von gut 45 Mio. Tonnen auf rund 168 Mio. Tonnen (2010) angewachsen. Bis 2020 sollen sie Schätzungen gemäß um mehr als 45 Prozent ansteigen.
Dem gegenüber steht eine Edelstahlindustrie, deren Produktion allein in den vergangenen zehn Jahren um knapp 70 Prozent gestiegen ist und nicht zuletzt durch das anhaltende Wirtschaftswachstum in China weiter dynamisch zunehmen wird. "Mit Blick auf die Wachstumsraten in der Edelstahlindustrie gilt es, möglichst effizient auch mit der Rohstoffklasse Schrott umzugehen. Hierzu gehören vor allem auch offene Weltmärkte für einen barrierefreien Welthandel, damit der richtige Edelstahlschrott am richtigen Ort sein kann. Nationale Marktabschottungen oder andere protektionistische Maßnahmen wirken sich negativ aus und werden die Verfügbarkeit von Rohstoffen wie Chrom weiter einschränken", so Roland Mauss.
Nach Ansicht von Prof. Matthias Finkbeiner zeigen die vorliegenden Ergebnisse auch, dass im Sinne eines professionellen Risikomanagements die gesamte Rohstoffversorgungskette mit all ihren Gliedern beachtet und bewertet werden muss. "Der Fokus auf die geologischen Reserven ist nicht nachhaltig. Die Tatsache, dass es bislang für die Rohstoffe Nickel, Chrom und Eisen keine umfassende Bewertung der Verfügbarkeit gab, zeigt, dass es auf diesem Feld noch einen großen Nachholbedarf an Erkenntnisgewinnung gibt." Die Studie unterstreicht auch, dass es angesichts der zunehmenden Komplexität der Beschaffungswege auch von immer größerer Bedeutung sein wird, die Versorgungssicherheit durch geeignete Maßnahmen wie den Aufbau langfristiger Lieferbeziehungen zu gewährleisten.
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siehe zudem:
- Stahlbau, Fassadenverkleidung und Bautechnik auf Baulinks
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